Wer beim Thema „Rallye“ an die Dakar denkt, macht nichts falsch, wer aber selbst eine Rallye fahren will, muss nicht zwangsläuftig an Stoppuhr, Zeitstrafen und Luxus-Oldtimer denken. Dass es auch anders geht, zeigt seit über 20 Jahren die „Creme21 Youngtimer Rallye“, bei der man es nicht ganz so stockernst nimmt und gerade damit dieser Rallye den besonderen Flair verleiht.
Wo trifft man schon im Teilnehmerfeld auf Exoten wie den Fiat Multipla, einen Robin Reliant oder DMC Delorean, das gibt’s nur bei der Creme 21. Und so verwundert es nicht, dass viele der Teilnehmer Wiederholungstäter sind. Auch wir haben uns in diesem Jahr mit auf die Tour begeben und sind die rund 1.000 Kilometer lange Strecke über wunderschöne Landstraßen von Oberschleißheim (München) nach Gießen bestritten.
Dabei nahmen wir hinter dem Lenkrad eines Golf 2 GTI aus dem Fundus von Volkswagen Classic Platz, der anlässlich des 50sten Geburtstages des Golf in diesem Jahr genau das richtige Modell für die 2024er Creme war. Ebenfalls im Team Volkswagen Classic, der allseits bekannte Rallye Golf 16V G60, von dem nachweislich lediglich 12 Exemplare gebaut wurden und der damit seltener als ein Limited ist. Aber auch ein echter Klassiker der 80er Jahre war im Team VWC, ein schneeweißes Erdbeerkörbchen, wie es einst Dr. Udo Brinkmann in der Kultserie „Die Schwarzwaldklink“ pilotiert hat und mit coolen Moves möglichst akrobatisch bestiegen hat.
Vor dem Start stand jedoch erst einmal die technische Kontrolle und Abnahme an. Für unseren Zweier mit seinen 11.800 Kilometern auf dem Tacho kein Problem. Wer hingegen Schwierigkeiten hatte, konnte sich vom Service-Team helfen, abschleppen und wieder fitmachen lassen. Gleich mehrere Techniker waren mit ihren Werkstatt- und Abschleppwagen während der gesamten C21 unterwegs, um Erste-Hilfe leisten zu können.
Ganz anders als bei anderen Rallyes steht bei der Creme nicht das Fahren auf Zeit im Focus. Viel mehr geht es um die Freude am Fahren. Der Weg ist da das Ziel. Wie lange man dafür braucht, spielt eine Nebenrolle.
Stattdessen sorgen zahlreiche kleine Spielchen und Quizfragen während der Kontrollpunkte dafür, am Ende einen Sieger küren zu können. Bis dahin aber sollte es ein langer Weg sein.
Im 16V machte gerade der Weg einen Megaspaß. Trotz eines verregneten Starts gab sich der Golf keine Schwäche. Alle Scheiben dicht, Heizung und Lüftung auf mittlere Stufe gestellt und es ging beschlagfrei auf Tour. Ein einfaches, gut erklärendes Roadbook leitet uns von Checkpoint zum Checkpoint. Hauptstraßen wurden wo immer möglich gemieden. Stattdessen lagen zahlreiche idylisch abseitsgelegene Kurven vor uns. Ideales Terrain also für einen GTI. Und der machte sich über 30 Jahre nach Produktionsende hervorragend.
Das straffere GTI-Sportfahrwerk lässt den roten Viertürer etwas tiefer liegen. Die für die damalige Verhältnisse breiten 195/50er Niederquerschnittsreifen in 15 Zoll Durchmesser sorgen für Grip und lassen die Verbindung zwischen Fahrer, Asphalt und Fahrzeug von Kilometer um Kilometer vertrauter und enger werden. Und so geht es nach einem ersten kurzen Kennenlernen am ersten Tag auf der zweiten Etappe schon richtig flott zu.
Vor allem der 16V-Motor macht, wenn man ihn denn lässt Laune ohne Ende. Selbst wenn auf den ersten Blick seine 129 PS sowie 168 Nm für heutige Verhältnisse nicht besonders üppig erscheinen, ist das Gegenteil der Fall. Ab 4.500 Kurbelwellenumdrehungen marschiert der 16-Ventiler erst mal so richtig los, bevor bei rund 7.200 Umdrehungen der Drehzahlbegrenzer hart rein knallt.
Die Drehfreude wiederum kommt dem Fahrspaß in Kombination mit dem 5-Gang Schaltgetriebe zugute. Besonders im 3. Gang lässt sich der Zweier von 30 bis 130 Stundenkilometer problemlos bewegen. Überholvorgänge sind so überhaupt kein Problem. Als Extra verfügt unser GTI zudem über das damals optional bestellbare 3-Kanal ABS, was ihm heute noch eine gewisse Portion Sicherheit verleiht.
Spätestens jedoch bei Fahrgeschicklichkeitsspiel der Creme21 zeigt sich, dass die 795 DM (deutsche Mark - für alle jüngeren Leser) eine gute Investition gewesen wären. Denn für eben diese 795 DM wäre eine Servolenkung an Bord gewesen. Das klassische Golf 4-Speichenlenkrad der damaligen Generation muss man ohne beim Einparken schon ordentlich im Griff behalten und mit einigen Kraftaufwand gedreht werden.
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Entspannt lässt es sich in den Sportsitzen aushalten. Straffe Polster und gut ausgeformte Sitzwangen sorgen auch heute noch für Seitenhalt und ausreichend Langestreckenkomfort. Und so fliegen die Kilometer nur so an uns vorbei, während es auf der Creme 21 Jahrgang 2024 von Unterschleißheim zum Audi-Forum nach Ingolstadt und zum Depot von Audi Tration nach Neckarlum entlang geht. Höchste Zeit, einmal den Durst zu stillen und etwas Super Plus in den 55-Liter-Tank zu kippen. Mit einem Verbrauch von durchschnittlich 8,3 Liter über unsere rund 1.000 Kilometer gibt sich der 16V doch überaus genügsam, trotz teilweise sportlicher Fahrweise.
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Fotostrecke | Die Bilder zur 2024er Auflage: Creme 21 – Die etwas andere Youngtimer Rallye
Während mehr Teilnehmer als üblich in diesem Jahr wegen technischer Defekte auf der Strecke blieben, die selbst das Service-Team nicht beheben konnte, gab sich der GTI bis zum Ziel in Gießen keinerlei Schwächen und zeigte sich von seiner besten Seite, bereit für den nächsten Einsatz, bereit für die nächsten 30 Jahre.
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