Wer glaubt, ein VW Golf 1 sei längst ein Klassiker für die Vitrine oder das Museum, hat Andreas Steins kantigen Racer noch nicht kennengelernt. Sein 1983er Zweitürer ist kein gewöhnlicher Einser – er ist eine kompromisslose Rennmaschine im Bergrenner-Style, gebaut mit einer Detailversessenheit, die ihresgleichen sucht. Das Ergebnis: 200 PS, 720 Kilogramm Fahrzeuggewicht, radikale Leichtbau-Technik und ein extremes Umbau, bei dem keine Schraube unberührt blieb.
2,2-Liter Oettinger-Power im Leichtbau-Breitbau
Herzstück des Fahrzeugs ist der 2,2-Liter-Oettinger-Vierzylinder (AGG) mit Schmiedekolben, Schrick-300°-Nockenwelle, größeren Ventilen, H-Schaft-Pleueln und Einzeldrossel-Einspritzung. Die Gemischaufbereitung übernimmt eine Motronic 45 in Kombination mit einem Alpha-Steuergerät. Der Motor wurde komplett auf Hochdrehzahl ausgelegt – der rote Bereich beginnt dort, wo bei vielen anderen Motoren längst Schluss ist.
Ein Zusatz-Ölkühler, verstärkte Ölpumpe und eine elektrische Wasserpumpe sorgen für thermische Stabilität, während der VW Motorsport-Fächerkrümmer oberhalb der Lenkung entlanggeführt ist – ein aufwändiger Umbau, der sogar eine Modifikation des Tunnels erforderte.
Kraftübertragung kompromisslos auf Rennbetrieb ausgelegt
Die 200 PS treffen auf ein Quaife-6-Gang-Getriebe mit geraden Zahnrädern und integrierter Sperre. Gekürzte und gehärtete Antriebswellen sowie eine 4-Pad-Rennkupplung mit erleichtertem Schwung machen klar: Dieser Golf ist auf Spurt, Punch und maximale Traktion optimiert. Der CAE-Shifter sorgt für ultrakurze, präzise Gangwechsel – selbst jenseits von 7.000 U/min ohne Kuppeln.
Rennsportfeeling dank H&R-Gewindefahrwerk und Stabis
Für optimale Performance setzt Andreas auf ein voll einstellbares H&R-Gewindefahrwerk, kombiniert mit Uniball-Domlagern, verstärkten Querlenkern und einer „Stabi-Vollausstattung“. Bremsseitig verzögert vorne eine große V-Maxx-Anlage, hinten werkelt eine Audi-Scheibenbremse. Die Bremsbalance lässt sich für Rennsport-Feeling dank Waagebalken-System und manuell einstellbarem Bremsdruck aus dem Cockpit heraus während der Fahrt anpassen.
Wheels & Grip: breite Spur, breite Schlappen
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Fotostrecke | Noch Fragen?: Steinharter VW Golf 1 Bergrenner mit Straßenzulassung und Oettinger-Punch
Vorne rollt der Golf auf 8,5x17 ET15 Alus plus 10-mm-Spurplatten mit 205/40-Semislicks. Hinten treiben 10x17 ET20 samt 10-mm-Platten und 245/35-Semislicks den Grip auf die Spitze.
Die Rad-Reifen-Kombi sitzt sauber unter den Gruppe-2-Verbreiterungen.
Karosserie: Gruppe-2-Optik trifft Leichtbau
Die komplette Karosserie wurde in einen vollwertigen Bergrenner verwandelt. Der Gruppe-2-Umbau bildet die Grundlage, inklusive Frontspoiler und massiven Verbreiterungen, die die üppige Reifenbreite aufnehmen. Ein Voll-Carbon-Heckspoiler sorgt für Abtrieb, während Motorhaube, Türen und Heckklappe in GFK gefertigt wurden. Die Makrolon-Scheiben reduzieren zusätzlich Gewicht und unterstreichen den kompromisslosen Leichtbau-Ansatz. Die Front lässt sich für Motorarbeiten oder einen kompletten Aggregatetausch mit wenigen Handgriffen abnehmen, die Spritzwand wurde modifiziert, der Krümmer verläuft oberhalb der Lenkung. Abgerundet wird der Außenauftritt durch Echtcarbon-Zierleisten und -Spiegel sowie Fadenkreuzscheinwerfer in Smoke-Optik und markanten, großen roten Rückleuchten. Die Lackierung ist ein Kunstwerk für sich – ein tiefes Schwarz, das in der Sonne rot aufglitzert, realisiert durch sieben (!) Schichten Candy-Lasur und drei Schichten Klarlack.
Im Inneren wartet ein Rennsportzentrum auf den Piloten
Der Innenraum folgt einer klaren Linie: weg mit allem, was nicht der Performance dient. Ein OMP-Schalensitz sitzt auf einer Wiechers-Konsole und wird von Hosenträgergurten ergänzt, während ein EMS-Sportlenkrad mit Snap-On-Nabe für optimale Bedienbarkeit sorgt. In der Mitte thront der kurze CAE-Shifter, der die Schaltwege mit mechanischer Präzision verkürzt.
Das Cockpit selbst ist reduziert auf das Wesentliche: Ein Stack Race Display liefert alle relevanten Renninformationen, unterstützt von einer digitalen Temperaturüberwachung sämtlicher Betriebsflüssigkeiten und einer Schaltpunktanzeige. Der gesamte Teppich wurde entfernt und durch leichte Carbon-Verkleidungen ersetzt. Die Cardiff-Einschweißzelle erhöht die Steifigkeit und Sicherheit erheblich, während Batterie, Sicherungsbox und alle Kippschalter für Zündung und Nebenfunktionen bewusst gut erreichbar neben dem Fahrersitz untergebracht sind.
Können Zahlen lügen?
Andreas Steins Golf 1 schafft den Spagat zwischen legaler Straßenzulassung und reinrassigem Bergrenner. Als Fazit lassen wir die Fakten vom Anfang sprechen: 200 PS bei 720 kg, kompromissloser Leichtbau, feinste Fahrwerkstechnik und eine Optik, die im Sonnenlicht ebenso aggressiv wie edel wirkt. Noch Fragen?
Technische Daten
Fahrzeugtyp: VW Golf 1
Baujahr: 1983
Motor: 2,2 Liter Oettinger Vierzylinder-Motor, Kennbuchstabe AGG, Schmiedekolben, Schrick 300-Grad-Nockenwelle, größere Ventile, Einzeldrossel-Einspritzung, Zusatz-Ölkühler, verstärkte Ölpumpe, Leistung 200 PS
Auspuff: VW Motorsport ab Block, Krümmer verläuft über der Lenkung
Kraftübertragung: 4-Pad Rennkupplung, erleichterter Schwung, Quaife 6-Gang-Getriebe, gerade verzahnt, mit Sperre, Antriebswellen gekürzt und gehärtet
Räder: an der Vorderachse in 8,5x17 ET15 mit 10mm Spurplatte, an der Hinterachse 10x19 ET20 mit 10mm Spurplatte
Reifen: an der Vorderachse 205/40 R17 Semislicks, an der Hinterachse 245/35 R17 Semislicks
Bremsen: große V/Maxx-Bremsanlage an der Vorderachse, Audi Scheibenbremse an der Hinterachse, Waagebalken-Bremsanlage (während der Fahrt einstellbar)
Fahrwerk: H&R Gewindefahrwerk, härteverstellbar, Stabis an beiden Achsen, vorne mit Kreuzversteifung, hinten direkt am Federbein
Karosserie: Reserveradmulde entfernt, SK Gruppe 2 Umbau mit Frontspoiler, Radläufe Spike, Voll Carbon Heckspoiler, GFK-Motorhaube RSS, GFK-Türen und Heckklappe, Zierleisten und Spiegel in Echtcarbon, Makrolon Scheiben, Front für Motorarbeiten/-wechsel demontierbar, Spritzwand umgebaut, Fadenkreuzscheinwerfer in Smoke-Optik, große rote Rückleuchten, Neulackierung (Andy Reinhardt) in Candy Rot mit Lasurtechnik, 7 Schichten Lasur, 3 Schichten Klarlack
Innenraum: EMS Sportlenkrad mit Snap-On, OMP Schalensitz auf Wichers Konsole, kurzer CAE-Shifter, Teppich entfernt, Carbon-Verkleidungen, Cardiff Einschweißzelle, Hosenträgergurte, Batterie auf Beifahrerseite, Sicherungskasten mit Zündung neben dem Fahrersitz mit Steuerungen als Kippschalter
Dank an: Andy für die Ausdauer und Geduld beim Lack


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