Autodesigner Teil 4 - Luc Donckerwolke

Der Weltbürger

Autodesigner Teil 4 - Luc Donckerwolke: Der Weltbürger
Erstellt am 17. Juli 2021

Der Belgier Luc Donckerwolke hat nicht nur als Designer die ganze Welt gesehen, sondern ist auch im peruanischen Lima geboren. Seine beiden wichtigsten Stationen sind jedoch Deutschland und Korea. Für Überraschungen ist Luc Donckerwolke immer gut. Knapp ein Dreivierteljahr, nachdem er bei Hyundai den Bleistift aus der Hand gelegt hatte, meldete sich der Automobildesigner am Dezember 2020 wieder zurück und leitet als Chief Creative Officer die Kommunikation für das Design aller Marken des Konzerns verantworten.

Ein Formengeber als PR-Maschine? Eher nicht. Vielmehr ein Elder Design-Statesman als Ratgeber. Könnte man meinen. Aber da ist noch der zweite Job: Als „Executive Vice President“ überwacht der Belgier das Design der beiden wichtigen Hyundai-Submarken Genesis und Ioniq. Ein bisschen kürzertreten, nachdem in den letzten Jahren Flugzeugkabinen als sein Büro herhalten mussten.

Diese Rastlosigkeit kennt der Sohn eines belgischen Diplomaten seit seiner frühesten Kindheit, während der er fast jährlich von einem Land in das nächste zog. Donckerwolke spricht Italienisch, Französisch, Spanisch, Englisch, Deutsch, Flämisch und Suaheli. Die afrikanische Sprache erlernte er während seiner Jugend, als er hauptsächlich auf diesem Kontinent lebte. Allerdings wurde Luc immer wieder krank und verschlang zu dieser Zeit die französischen Michel Vaillant-Rennfahrer Comics und wurde ein großer Fan des französisch-belgischen Zeichners Jean Graton.

Damit war bereits früh eine Prägung des begabten Jungen festgelegt. Er vernarrte sich in Autos und blieb zeitlebens ein Fan der Michel Vaillant-Hefte. Das ging sogar so weit, dass er einen Seat Ibiza in dem typischen Vaillant-Blau kreierte und diesen Rennfahrer-Dienstwagen auf dem Genfer Automobilsalon des Jahres 2006 präsentierte. Aber auch in den Comics verewigte sich Donckerwolke: Bei der Episode „Operation Mirage“ (2001) geht es um einen Supersportwagen und Verfolgungsjagden auf deutschen Autobahnen. Den futuristischen Vailant-Boliden zeichnete Donckerwolke und mit diesem Heft beendete Jean Graton nach 50 Jahren seine Karriere als Comic-Zeichner.

Bis es so weit kam, musste Donckerwolke sich aber erst noch die Meriten als Designer verdienen. Im Alter von 18 Jahren kehrte der Belgier in seine Heimat zurück und schrieb sich nach dem Schulabschluss an der Uni in Brüssel ein, um Industrial Engineering zu studieren. Danach ging es weiter mit Transportation Design in Vevey (Schweiz), wo schon einige Designer sich den letzten Schliff für die Automobil-Industrie bekommen haben. So auch der junge Belgier, der 1990 bei Peugeot anheuerte, eh er zwei Jahre später nach Ingolstadt bei Audi wechselte. Dort wirkte er an Autos wie dem Audi A2, dem Audi R8 Le Mans und dem wichtigen Audi A4 Avant mit. Während dieser Zeit traf Luc Donckerwolke auch einen Kollegen, der seinen Weg als Designer maßgeblich beeinflussen sollte – Peter Schreyer.

Die beiden kreativen Köpfe freundeten sich an und verloren sich auch später nicht aus den Augen, als es den Belgier 1994 nach Tschechien zu Skoda zog. Dort setzte der Donckerwolke seinen Weg fort und entwarf die Optik des Skoda Octavia und des Fabia. Die kosmopolitische Geisteshaltung seiner Jugend zieht sich auch durch seine Designs. Er ist kein Mann, den man auf eine Formensprache festnageln kann. Er passte sich mit seinem Design immer dem Zeitgeist und der Charakteristik der jeweiligen Marke an. Diese Fähigkeit wurde bei seiner nächsten Station auf eine harte Probe gestellt.

Als Luc Donckerwolke 1998 zu Lamborghini wechselte, fühlte er sich wie im siebten Himmel. Schließlich ist es der Traum eines jeden Designers, Nachfolger von legendären Sportwagen wie den Lamborghini Miura oder den Diablo in Form zu gießen. Die kalte Dusche, wie sich Donckerwolke später erinnern sollte, folgte auf dem Fuß. Die Italiener machten ihm schnell klar, dass die Karosserie nur das Kleidungsstück für den Motor darstellte.

Es brauchte schon eine Menge an Überzeugungsarbeit und einige geselligen Runden bei Rotwein, um diese Diktion ins Wanken zu bringen. Luc Donckerwolkes Beharrlichkeit zahlte sich aus und führte zu Automobilen wie den Lamborghini Murciélago und den Lamborghini Gallardo, für die er dann den red dot-Designpreis erhielt. Aber auch die erfolgreichste Ägide findet einmal ihr Ende. Also folgte Donckerwolke den Ruf der VW Tochter Seat nach Martorell, um der kränkelenden spanischen Marke mehr „Emoción“ einzuhauchen. Das führte dann zu Fahrzeugen wie eben den Ibiza. Manch einer würde den sich gelangweilt einen Café con leche odern, wenn man sich nach einem spanischen Stier auf vier Rädern an einem spanischen Kleinwagen versuchen müsste. Für Donckerwolke macht das keinen Unterschied. „Der Prozess ist immer derselbe“, sagt der Mann, für den übertriebenes Design und zu viele Linien ein Greuel sind. Minimalismus und klare Linien sind seine Maxime.

Damit war der Belgier bereit für die größeren Meriten im Volkwagen-Konzern: 2011 folgte der Ruf nach Wolfsburg als Leiter Advanced Design. Diese Position erwies sich letztendlich als Warteschleife, da Donckerwolke ein Jahr später zu Bentley wechselte, um seine Passion für schnörkelloses Design auf der Insel mit Karosserieblech zu füllen. Während seines Wirkens in Crewe verpasste der Belgier dem SUV Bentayga und der Luxuslimousine Bentley Flying Spur die Optik.

Aber dann rief 2015 ein alter Freund aus Korea an. Peter Schreyer wollte seinen Audi-Weggefährten zu Hyundai lotsen und hatte gewichtige Argumente. Nach Jahrzehnten im VW-Korsett lockten neue Aufgaben und neue Freiheiten, also stieg Donckerwolke in den Flieger, jettete nach Seoul und kehrte mit einem neuen Arbeitsvertrag zurück nach Europa. Zunächst schärfte der Belgier das Antlitz Hyundai Luxusmarke Genesis, ehe er dann solchen Autos wie dem Hyundai Kona die Form gab. Da ist es nur verständlich, dass auch andere Automobilkonzerne ihre Fühler nach dem Designer ausstreckten, doch die Koreaner setzen alles daran, dass Luc Donckerwolke zu ihnen zurückkehrte.

Wolfgang Gomoll; press-inform

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