Muss es wirklich immer der Lieblingsitaliener um die Ecke, jedes Mal eine Pizza und zum Abschluss Tiramisu sein? Nein, manchmal muss einfach Abwechslung rein. Eine Abwechslung, die uns unser letzter Testwagen zur Genüge gebracht hat. Wir saßen für zwei Wochen hinter dem Lenkrad des Anfang des Jahres aufgefrischten Ford Focus in seiner sportlichen ST-Version.

ST steht im Hause Ford für “Sports Technology“ und ist in etwa mit Opels Hausmarke OPC oder Volkswagens GTI gleichzusetzen. Besonders aber die Wolfsburger sollten sich vor dem ST in Acht nehmen. Als direkter GTI-Konkurrent kann der ST mit dem Wolfsburger Klassen-Primus ganz locker mithalten und diesen teilweise sogar hinter sich lassen.

Unter der Haube des Focus ST arbeitet die aktuelle Generation des Ford EcoBoost-Motors. Aus zwei Liter Hubraum schöpft der Vierzylinder stattliche 250 PS und 360 Nm Drehmoment, was immerhin 20 PS mehr sind als der stärkste GTI im Moment bereithält.

Ein Leistungsplus, das den Charakter des ST unterstreicht, gibt sich dieser doch nach dem Druck auf den Startknopf gleich als echter Sportsmann zu erkennen. Auf technische Spielereien wie ein Doppelkupplungsgetriebe oder eine adaptive Dämpferregelung verzichtet man bei Ford. Besonders letztere hätten wir uns teilweise jedoch gewünscht. Wer sich für den ST entscheidet, entscheidet sich für einen echten Sportsmann ohne Wenn und Aber.

Dafür bekommt man einen Viertürer, dessen Fahrwerk seinen Feinschliff der Nordschleife zu verdanken hat. Die relativ harte Abstimmung von Federn und Dämpfern lässt bereits auf den ersten Metern keinen Zweifel an den Absichten des Focus ST aufkommen, lauert dieser doch nur auf die nächste Kurve.

Der unbändige Vorwärtsdrang lässt nur einen Wunsch offen

Gleiches gilt für die Lenkung, die in ihrer Präzision und Direktheit jeden GTI alt aussehen lässt. Absolut direkt wird jede noch so geringe Richtungsänderung am Lenkrad unverzüglich umgesetzt. Lediglich die Vorderräder haben mit dem ungestümem Vorwärtsdrang des Focus ST teilweise Probleme.

89 Bilder Fotostrecke | Heißes Eisen aus Köln! So gut geht der sportliche Focus : Fahrbericht: Unterwegs im Ford Focus ST (2015) #01 #02 Wer allzu beherzt aufs Edelstahl verzierte Gaspedal steigt, registriert schnell einen massiven Traktionsverlust an der Vorderachse. Ein Umstand, den auch die serienmäßige Torque Vectoring Control, die gleichsam einer elektronischen Differentialsperre arbeitet, nur bedingt eliminieren kann.

Hier sitzt man bombenfest im Sattel

Aber genau das ist es, was den Focus ST so ganz anders macht. Hier ist nichts weichgespült wie beim GTI & Co. Ein Umstand der sich ebenfalls im Innenraum bemerkbar macht. Verspricht einem Ford Sportsitze, sind es auch solche. Die serienmäßigen Recaro-Sitze haben mit Fahrer und Beifahrer keinerlei Mitleid und halten diese so fest wie ein Schraubstock.

Schonungslos fällt im Übrigen auch die Bremsanlage aus. Die im optionalen Sportpaket enthaltene Anlage mit ihren knallrot lackierten Sätteln und 335er Scheiben an der Vorderachse packt jederzeit kräftig und aggressiv zu und bietet selbst sportlichen Fahrern ausreichende Sicherheitsreserven.

Keine Sorge, der will nur spielen

Beim Design blieb sich Ford auch nach dem Facelifting des Focus treu. So legt die aggressive Front mit dem mächtigen, in Schwarz-glänzend gehaltenen Kühlergrill und den schlankeren Scheinwerfern noch einmal an Dynamik und Überholprestige zu. Ähnlich präsentiert sich die leicht geänderte Heckansicht, die weiterhin mit dem gigantischen Heckspoiler und dem mittig platzierten Endrohr glänzen darf.

Wo sind all die Schalter hin? Egal, Hauptsache sie sind weg!

Ein deutlicher Generationswechsel ist bei beim Radio- und Navigationssystem zu verzeichnen. Hier musste das alte System mit seinen gefühlten 150 Tasten und dem viel zu kleinen Bildschirm Platz für ein Navi mit 8-Zoll-Multifunktionsdisplay und Touchscreen machen. Überhaupt kann die aktuelle Focus-Generation mit vielen weiteren technischen Features wie Spurhalteassistent, City-Notbremsassistent „Active City-Stop“, Verkehrszeichenerkennung, Toter-Winkel Assistent, schlüssellosen Schießsystem oder einem beheizbaren Lenkrad beim Fahrer punkten.

Assistenten müssen nicht viel kosten

Dass coole Helferlein nicht immer nur teuer sein müssen, zeigt der optional bestellbare Türkantenschutz. Diese clevere Lösung erspart einem für vergleichsweise bescheidene 150 Euro Aufpreis unschöne Lackschäden am eigenen und Dellen an Nachbars Auto.

Für uns ein Grund mehr einmal die Augen nach tollen automobilen Alternativen wie den Ford Focus ST offen zu halten. Doch die Steigerung des Focus ST hat Ford bereits im Petto, schließlich steht der RS mit Allradantrieb in den Startlöchern, und spätestens dann sind auch die Traktionsproblemchen des ST vergessen.

Technische Daten

Typ: Ford Focus ST (2015)

Motor: 2,0 Liter EcoBoost, Reihen-Vierzylinder mit Turboaufladung, quer eingebaut, Euro 6 Abgasnorm, ohne Start-Stopp-System, Co2 Emission 158g/km

Leistung: 250 PS bei 5.500 U/min, 360 Nm Drehmoment von 2.000 bis 4.500 U/min

Getriebe: 6-Gang-Schaltgetriebe

Fahrwerk: Einzelradaufhängung an McPherson-Federbeinen, untere Dreieckslenker mit optimierten Gummibuchsen vorn und Hydrobuchsen hinten verschraubt an separatem und verstärktem Querträger-Hilfsrahmen; spezielle ST-Abstimmung für Federn, Dämpfer und Stabilisator, hinten Multilink-Einzelradaufhängung; Schwertlenker-Hinterachse mit Achsschenkeln des Ford Focus RS; große Dämpfer;

Bremsanlage: Scheibenbremsen rundum, vorn mit 335x25er Bremsscheiben, hinten 271 x 11er Scheiben, Sättel rot lackiert

Felgen: Leichtmetallfelgen 8,5 x 18 ST Design mit Reifen in 235/40 R18 rundum, 19 Zoll optional bestellbar

Länge: 4.360mm Breite: 1.823mm Höhe: 1.469mm

Fahrleistungen: 0-100km/h in 6,5 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit: 248 km/h Werksangabe, VAU-MAX-Vmax laut Tacho 254 km/h

Verbrauch: laut Hersteller kombiniert 6,8 Liter auf 100 km, im VAU-MAX.de-Test über 1.348 km im Durchschnitt 8,9 Liter

Leergewicht: 1.439 kg

HiFi: Ford-Navigationssystem inkl. Ford SYNC 2 mit Touchscreen, DAB+ und Sony Premium-Sound-System

Fahrzeugpreis Testwagen inkl. Sonderausstattung 39.260 €

Basispreis ab: 29.100 €

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