Frauen im Motorsport

Wieviel Macho steckt in der Königsklasse des Rennsports?

Frauen im Motorsport: Wieviel Macho steckt in der Königsklasse des Rennsports?
Erstellt am 5. März 2021

Die Formel 1 gilt unangefochten als Königsklasse des Motorsports. Auf der Beliebtheitsskala rangieren die schnellen Reifen in Deutschland nur knapp hinter König Fußball. Personell ist die Formel 1 schon immer eine echte Männerdomäne. Während der Damenfußball bereits seit Jahren große Erfolge feiert, scheint der Motorsport nur langsam in einer gleichberechtigteren Gegenwart anzukommen. Doch nach und nach zeigen konkrete Projekte und Initiativen wichtiger Akteure, dass auch die Formel 1 offen für eine stärkere Frauenquote werden kann. Wie viel Macho steckt noch immer in der Königsklasse des Rennsports und wo ist die Gleichberechtigung bereits auf einem guten Weg?

Frauen haben stereotype Interessen längst hinter sich gelassen

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Stereotype nur noch als unerwünschte Relikte aus vergangenen Generationen betrachtet werden. Viele Klischees und Rollenmodelle werden inzwischen kritisch hinterfragt. Der Trend geht zu einem systematischen und aktiven Abbau von diskriminierenden Weltanschauungen und daraus resultierenden Stereotypen.

Vor allem im Hobbybereich lässt sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel erkennen. Frauen haben ihre Interessen aus beschränkendem Rollendenken herausentwickelt und breit gestreut. So zeigen zum Beispiel Erhebungen, dass Fußball als Sportart immer mehr weibliche Fans vorzuweisen hat. Der Profisport zeigt eine erfreulich stark wachsende Frauenquote auf dem Platz und auch auf den Rängen findet sich zunehmend ein weiblicheres Publikum ein.

Ein weiterer Bereich, an dem sich der Wandel weiblicher Interessen deutlich erkennen lässt, ist die Unterhaltungsbranche. Insbesondere im Gamingbereich ziehen die Damen in den letzten Jahren nach. Saßen vor zehn Jahren noch vornehmlich männliche Spieler vor dem Computer oder der Konsole, wird das Verhältnis inzwischen immer ausgeglichener. Interessant ist hierbei auch das starke Interesse weiblicher Spieler an mobilen Games und Browsergames. Beim Spiel am Handy ist die Kluft zwischen männlichen und weiblichen Nutzern weitaus kleiner als bei vielen anderen digitalen Hobbys.  Branchenkenner machen die große Auswahl und den einfachen und flexiblen Zugang zu Online-Angeboten für den starken Zustrom weiblicher Nutzer für diesen Trend verantwortlich. Doch auch klassische Computerspiele erfreuen sich einer beachtlichen weiblichen Fangemeinde. Dabei konzentrieren sich die Damen keineswegs nur auf friedfertige und fantasievolle Aufbau- und Strategiespiele. Action-Adventures und Shooter stehen ebenso häufig auf den Streamingwunschlisten der Zockerinnen.

Im Motorsport sind es bisher vor allem die zweirädrigen Klassen, die einen großen Zustrom weiblicher Fans bemerken. Motorradhändler und Fahrschulen berichten von einem großen Anstieg an Probefahrten, Fahrstunden und Vertragsabschlüssen mit weiblichen Kunden und auf den Rängen der großen Wettbewerbe im Motorsport findet sich ein bunt gemischtes Publikum ein. Auch in der Formel 1 scheinen sich die ersten Weichen in Richtung einer weiblicheren Zukunft zu stellen. Das Potenzial ist groß und die Königsklasse kann von einem modernen und geschlechtsneutralen Anstrich nur profitieren. Wie groß das Interesse des weiblichen Publikums am Motorsport ist, zeigt sich auch in den Wettbüros. Onlineanbieter von Sportwetten bemerken ebenfalls einen Anstieg bei der weiblichen Klientel. Wichtig für die zunehmende Verbreitung ist hier, dass bei Anbietern wie Bet-at-home seriös Tipps platziert werden können und die Angebote per App mobil zugänglich sind. Neben den großen Rennen der MotoGP und der Formel 1 platzieren die Damen gerne Wetten auf Fußball und natürlich auf Pferderennen, die auch heute noch als eine Art Wiege der Sportwettentradition gelten. 

Von den Grid-Girls zur W-Series

Betrachtet man die Formel 1 aus einer weiblichen Perspektive, stellt das Jahr 2018 die wohl bedeutendste Zäsur dar. In diesem Jahr verabschiedete sich der Motorsport von seinen berühmten Grid Girls. Stattdessen wurde im Oktober die so genannte W-Series ins Leben gerufen. Damit wurde der Startschuss für einen großen Wandel abgegeben.

Grundsätzlich ist die Formel 1 eine der wenigen Sportarten, in denen nach den Grundregeln Männer und Frauen gleichberechtigt gegeneinander antreten dürfen. Trotzdem scheint es so, als sei ein Wettbewerb der Geschlechter gerade in dieser Sportart nahezu undenkbar. Vor fast 45 Jahren saß mit Lella Lombardi zum letzten Mal eine Frau bei einem Grand Prix im Cockpit. Damit es nicht bei dieser Ausnahme bleibt, hat Catherine Bond Muir als Gründerin und CEO die W-Series ins Leben gerufen. „Anders als man erwarten würde, hat sich die Ausgangslage für Frauen im Motorsport in den letzten Jahren verschlechtert“, so die Visionärin im Gespräch mit der Zeit Online. „Die Anzahl von Fahrerinnen im Formelsport geht fast jedes Jahr zurück", sagt sie. "Deshalb ist es uns sehr wichtig, Frauen mehr Rennpraxis zu geben, und zwar nicht als Test- oder Reservefahrerin."

Um die Hürden für interessierte Teilnehmerinnen so niedrig wie möglich zu halten, ist die W-Series für sie kostenlos. Die Kosten für das Rennauto, die Anreise und das Team übernehmen die Organisatoren. Sie möchten so dazu beitragen, dass sich die W-Series als wichtiges Signal für eine weiblicher geprägte Formel 1 möglichst schnell etablieren kann. Im Mai 2019 starteten erstmals 18 Fahrerinnen, die sich in einem mehrtägigen Auswahlverfahren gegen mehr als 40 Konkurrentinnen durchsetzen konnten, zur ersten offiziellen Saison der W-Series. Die Rennstrecke für dieses historisch bedeutende Ereignis war ausgerechnet die Heimstätte der Formel 1 am Hockenheimring. Alle Fahrerinnen starteten in baugleichen Formel 3-Rennwagen und kämpften um ein Preisgeld von 1,3 Millionen Euro. Die große Vision der W-Series besteht darin, das Projekt zum Sprungbrett für weibliche Pilotinnen in die Formel 1 zu machen. Die W-Series steht damit nicht allein da. In der Rennsaison 2019 startete ebenfalls ein reines Damenteam beim härtesten 24-Stunden-Rennen am Nürburgring. Im Golf GTI TCR zeigte das Team WS Racing, dass Rennsport keinesfalls eine Männerdomäne bleiben muss.

Obwohl die W-Series von vielen Branchenkennern als wichtiges Signal für eine gleichberechtigte Zukunft des Rennsportes gewertet wird, gibt es auch kritische Stimmen. Im Fokus der Kritik steht vor allem die Frage, ob eine Rennserie mit ausschließlich weiblicher Besetzung tatsächlich dazu geeignet ist, die Sportlerinnen als im direkten Wettbewerb mit männlichen Fahrern gleichberechtigt darzustellen. Die Initiatoren und Unterstützer der W-Series sehen in diesem neuen Ansatz trotzdem großes Potenzial für einen Neustart im Rennsport, der männlichen und weiblichen Athleten langfristig mehr Chancengleichheit bringen soll.

FIA und Ferrari fördern Frauenpower

Die W-Series ist nicht die einzige Initiative, die die Frauenquote in der Formel 1 aktiv fördern soll. Auch die FIA und Ferrari haben es sich zum Ziel gesetzt, Frauen stärker in die Königsklasse des Motorsports einzubinden. Zusammen mit der Kommission Frauen im Motorsport wurde das Projekt „FIA Girls on Track - Rising Stars" gestartet. Ziel der Initiative ist es, junge Frauen zwischen zwölf und sechzehn Jahren als potenzielle Talente für den Motorsport zu identifizieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, durch gezieltes Training und Förderung eine professionelle Karriere in der Formel 1 aufzubauen.

Seit 2020 waren 145 nationale Motorsportbehörden auf der globalen Suche nach vielversprechenden Talenten. 20 potenzielle Formel 1-Pilotinnen wurden bereits nominiert. Aus den Nominierten wurden die 12 talentiertesten Fahrerinnen ausgewählt und anschließend in zwei verschiedenen Trainingscamps mit dem Fokus auf Kartsport und Formel 4 auf die Königsklasse vorbereitet. Für die vier besten Absolventinnen der Trainingscamps ging es zu einem Schnupperkurs in der Ferrari-Driver-Academy. Der besten Fahrerin winkte ein Vertrag über ein Jahr in der Ferrari-Akademie und der Formel-4-Saison 2021. Nun konnte sich erstmals die 16-jährige Maya Weug bei der zweitägigen Sichtung gegen ihre drei verbliebenen Konkurrentinnen durchsetzen und die begehrte Ferrari-Förderung für eine komplette Rennsaison in der Formel 4 erhalten. Miteingeschlossen ist eine Option für Ferrari, den Vertrag um ein Jahr zu verlängern.

Das Projekt FIA Girls on Track – Rising Stars ist zunächst auf vier Jahre begrenzt. Bei entsprechendem Erfolg haben die FIA und Ferrari allerdings eine Erweiterung in den Bereich des Möglichen gerückt.

Bedeutende Frauen in der Formel 1

Die Liste bedeutender Frauen in der Formel 1 ist überschaubar. Trotzdem gibt es ein paar weibliche Namen, die Renngeschichte geschrieben haben. An erster Stelle wird den meisten Formel 1 Fans wahrscheinlich die legendäre „Lella“ Lombardi in den Sinn kommen, die am 27. April 1975 beim Großen Preis von Spanien einen historischen sechsten Platz belegte. Von 1974 bis 1976 konnte Lombardi bei insgesamt 12 Rennen einen Platz in der Königsklasse erhalten.

Die erste Frau im Rennsport war sie allerdings nicht. Bereits 1958 startete die Italienerin Maria Teresa de Filippis beim Großen Preis von Belgien und damit als erste Frau bei einem Formel-1-Weltmeisterschaftslauf. Die britische Athletin Divina Galica startete nach einer erfolgreichen Olympia-Karriere ebenfalls im Motorsport durch. 1976 trat sie als vierte Fahrerin des britischen Surtees-Ford-Teams beim Großen Preis von Großbritannien an. Sie scheiterte allerdings beim Qualifying. Die letzte Frau im Cockpit eines Formel 1 Wagen war Giovanna Amati. Sie war 1992 für den Grand Prix gemeldet, scheiterte aber dreimal im Qualifying.

Die jüngste Hoffnung einer weiblicheren Formel 1 ist die kolumbianische Rennfahrerin Tatiana Calderón. Von 2013 bis 2015 partizipierte sie an der europäischen Formel-3-Meisterschaft. 2016 bis 2018 stieg sie in die GP3-Serie auf. 2019 gelang ihr der Durchbruch in der Formel 2, wo sie für Aden International ins Cockpit stieg. Damit war Calderón die erste Frau, die erfolgreich an der Formel 2 teilnahm. Aktuell ist die Pilotin Formel 1-Testfahrerin für Alfa Romeo und wurde 2017 im Vorbereitungsprogramm von Sauber als neue Entwicklungsfahrerin verpflichtet.

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