Autofarben im Wandel der Zeit

Farbenlehre: Vom Lamborghini Miura bis zum Polo Harlekin

Autofarben im Wandel der Zeit: Farbenlehre: Vom Lamborghini Miura bis zum Polo Harlekin
Erstellt am 4. August 2020

Automobile sind ein Ausdruck des Zeitgeistes – das trifft vor allem auf die Farben zu. Von reinen Erkennungsmerkmalen im Rennsport über die kunterbunten 1970 bis hin zu den farblich klassischen 2020ern oder den goldenen Boliden der Sportler – erlaubt ist, was gefällt.

Die Farbe ist ein entscheidender Kaufgrund

Dienstwagen sind Silber, Sportwagen, vor allem, wenn Sie aus Italien kommen und ein springendes Pferd auf der Motorhaube tragen, rot und schwarz ist ohnehin ein Klassiker. Die Farbe ist beim Erwerb eines Autos ein wichtiger Kaufgrund und das wissen die Autobauer nur zu gut. Aus diesem Grund sind für Mitarbeiter mancher Automobilhersteller bei der Zusammenstellung ihrer Dienstwagen nicht alle erhältlichen Lackierungen freigeschaltet.

Die Farbenlehre bei den Autos nahm zu Beginn des letzten Jahrhunderts ihren Anfang. Zunächst waren die Wagen im Grunde Pferdekutschen, die von einem Motor angetrieben wurden, da kam es auf die Farbe nicht so an. Wichtig wurde der Lack mit dem Aufkommen der Autorennen. Der polnisch-amerikanische Graf Eliot Morris Zborowski kam auf die Idee, die Autos nach einem Farbcode zu lackieren, der dem Herkunftsland des Piloten zugeteilt war. So konnten die Zuschauer leichter unterscheiden, wer an welcher Stelle platziert war. Beim Gordon Bennett Cup des Jahres 1900 wurde diese Farbregel auf der Strecke von Paris nach Lyon zum ersten Mal angewendet. Die Aufschlüsselung lautete wie folgt: Blau war Frankreich, Weiß Deutschland, Rot die USA und Gelb ging an Belgien. Italienische Fahrer waren übrigens keine am Start.

Ist Lamborghini der Vorreiter?

Doch diese Einteilung war noch nicht in Stein gemeißelt. Bis die Farben, mit denen heute noch Länder beziehungsweise Marken assoziiert werden, ihre Zuordnung finden sollten, gingen noch einige Jahre ins Land. Ein gutes Beispiel sind die Autos, die von englischen Piloten gesteuert wurden. Zunächst – 1902 - waren die Boliden in einem hellen Grün lackiert, erst im Laufe der Jahre entwickelte sich daraus das klassische satte „British Racing“ Green. Das Diktat des eintönigen Lacks endete aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1960er-Jahren wollten junge erfolgreiche Unternehmer den Muff der Nachkriegszeit ablegen und auch optisch ein Ausrufungszeichen setzen. Ferruccio Lamborghini erkannte die Zeichen der Zeit und öffnete alle Farbdosen. Dabei hilft dem energischen Autobauer, dass die Stiermarke keine „Hausfarbe“ hatte, wie das etwa beim großen Konkurrenten aus Maranello der Fall ist.

Ein Lambo Miura in Azzurro Mexico?

Als die Lamborghini GT-Reihe Anfang der 1960er-Jahre auf den Markt kommt, sind noch zarte Farben en vogue. Von Gold glänzenden Boliden mit denen Jahrzehnte später Fußballstars vom Trainingsplatz brausen sollten, war man noch weit entfernt. Die Lacke hießen Azzurro (Hellblau), Blu Notte (Nachtblau), Verde Scuro (Dunkelgrün), Argento (Silber) und Biancospino (Weißdorn). Das höchste der Gefühle waren schon spezielle Farben, wie zum Beispiel Grigio Argento Metallizzato (Silbergrau Metallic). Mit dem 1966 vorgestellten Miura änderte sich diese farbliche Zurückhaltung schlagartig. Stars und Milliardäre rissen sich um den schnittigen Sportwagen. Eine neue Zeit brach an, Woodstock, Flower Power und Slogans „macht Liebe und nicht Krieg“ spiegelten den zunehmend liberalen Zeitgeist wider. Dementsprechend offensiv, war auch die Wahl der Lackierungen. Das englische Model Twiggy, suchte sich 1969 für ihren Miura die Farbe Verde Giallo (Gelbgrün) aus und garnierte das Auto zusätzlich mit einem doppelten Längsstreifen in Rot. Der schottische Rock-Barde Rod Stewart wählte klassisches Weiß (Bianco), während der Italo-Sänger Little Tony seinen Renner in Azzurro Mexico (Mexiko-Blau) lackieren ließ.

Porsche und VW ziehen nach

Die Produktionsdatenblätter der 763 produzierten Miuras spiegeln den Regenbogen wider: Insgesamt 86 verschiedene Farbtöne wurden verwendet. Das führte auch zu kuriosen Begebenheiten: Der Schah von Persien bestellte seinen Miura von 1968 in Rot. Damit man sich von Ferrari unterschied, war der Lack praktisch Orange, aber wieder anders als der in der Farbpalette enthaltene Ton Arancione (Orange). In den 1970er Jahren kamen die bunten Lacke zunehmend in Mode: Porsche Targas rollten in Giftgrün durch die Städte, den Ford Capri gab es in orange oder verschiedenen Blautönen und der Deutschen bester Auto-Freund VW Golf schloss sich diesem Farbspiel an.

Heutzutage ist erlaubt, was gefällt

In den 1980er und 1990er-Jahren wünschte man sich wieder ruhigere Farben: Blau, Weiß oder Rot standen auf den Auftragszettel der Autolacke in den 1980er ganz oben. In den 1990er waren es dann Silber und Grau. Allerdings gab es auch Ausreißer gegen diesen Trend, wie zum Beispiel den VW Polo Harlekin, bei dem der Name Programm war. Das bunt lackierte Sondermodell bekam aber keinen Nachfolger. In den 2000- und 2010er-Jahren waren Silber und Grau-Töne immer noch beliebt. Allerdings feierte Weiß ein beachtliches Comeback. Heutzutage ist erlaubt, was gefällt: Ob Metallic- oder Mattlack in Schwarz oder offensives Gold, die Farbpalette steht jedem offen. Nur große Unternehmen, wie UPS (Braun) oder die Deutsche Post / DHL (gelb) müssen ihrem Farbton treu bleiben.

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