Auf eigener Achse zur Touareg Weltpremiere nach Peking

16.500 km im neuen VW Touareg 3 - Geschafft: Der neue Touareg ist angekommen

Auf eigener Achse zur Touareg Weltpremiere nach Peking: 16.500 km im neuen VW Touareg 3 - Geschafft: Der neue Touareg ist angekommen
Erstellt am 12. März 2018

Weltrekordfahrer Rainer Zietlow ist Anfang März vom Werk Bratislava in der Slowakei mit einem neuen, noch getarnten Touareg nach China aufgebrochen. Die Strecke ist rund 16.500 Kilometer lang und führt durch elf Länder. In Bratislava wird das SUV seit 2002 gebaut, in Peking feiert es am 23. März Weltpremiere. Hier gibt es den Reisebericht Tag für Tag neu!

Donnerstag, 21. März:  Geschafft! Der Touareg ist angekommen

„Der Tag zieht sich. Wir warten auf unser Auto. Ohne die nötigen Zollstempel können wir nicht weiter. Am frühen Abend dann ist klar: Heute wird das nix mehr. Die Zollbeamten schalten humorlos das Licht aus und gehen. Na super. Mit langen Gesichtern machen wir uns auf den Rückweg nach Eren Hot. Also noch eine Nacht an der Grenze abhängen. Statt der Vorfreude auf Beijing macht sich leichter Frust breit.

Am frühen Morgen darf unser Volkswagen Touareg die Zollzone verlassen. Na endlich. Weiter geht die Reise, muss sie auch: die Weltpremiere in Peking am Freitag, 23. März, ruft. Wir müssen noch schnell Transitkennzeichen besorgen, was nur geht, wenn wir das Fahrzeug dabei haben. Nach hiesigem Recht dürfen nur Autos durch das Territorium Chinas fahren, die ein chinesisches Nummernschild haben. Der gesamte Vorgang dauert nur ein paar Minuten: Zwei junge Polizisten checken die Dokumente, machen ein paar Fotos vom Wagen und geben uns alles, was wir brauchen. Jetzt können wir uns offiziell durch China bewegen.

Die Gegend um die Stadt Eren Hot in der Wüste Gobi ist bekannt für zahlreiche Dinosaurierfunde. Die Giganten lassen sogar den Touareg klein aussehen.

Dinosaurier in der Wüste Gobi 

Außerhalb der Stadt kommt uns alles merkwürdig vertraut vor. Die sogenannte Innere Mongolei in China erinnert stark an ihre russische Schwester und ist bereits Teil der Wüste Gobi. Mehr als ein Dutzend Kilometer weit begleiten uns Verkehrszeichen in zwei Sprachen: chinesisch und mongolisch. Am Straßenrand tauchen die ersten Dinosaurier-Figuren auf. In Zentralasien, speziell in der Gobi, werden immer wieder Überreste der prähistorischen Giga-Echsen gefunden. Die Chinesen haben darum beschlossen, hier einen Dinosaurier-Park zu eröffnen – und dafür ein riesiges Erholungsgebiet plattzumachen. Der Bau ist bereits in vollem Gange.

Im Vergleich zum Touareg ist diese Art der Fortbewegung nicht allzu sicher oder komfortabel.

Kurz vor der nächsten Stadtgrenze informiert uns der Bordcomputer, dass bei einem der Hinterräder der Luftdruck nicht stimmt. Am Ortseingang finden wir eine Werkstatt und lassen das vorsichtshalber kurz checken. Langeweile dürften die Mechaniker nicht haben: Der Hof ist voll mit Lastwagen, die in einer langen Schlange darauf warten, dass sie an die Reihe kommen. Ein Stück weiter die Straße runter stehen die uns mittlerweile vertrauten, sitzlosen Mongolen-Shuttles. Säckeweise stapeln die Fahrer Düngemittel hinein. Einer verstaut sogar noch was im Motorraum. Eins der Autos ist so schwer beladen, dass die Federn abgesackt sind. Kein Problem für die Helden des kleinen Grenzverkehrs, das wird natürlich sofort korrigiert. Das Auto wird mit einem kleinen Kran angehoben und – zack – werden die entlasteten Federn mit hölzernen Abstandhaltern verstärkt.

Diese Schrift können wir nicht entziffern. Zum Glück gibt es Bilder. Aber auch da sind wir uns nicht sicher. Ist es eine Warnung davor am Steuer einzuschlafen? Oder eine Aufforderung lauthals zu singen?

Endlich eine  Autobahn für schnelleres Fahren

Endlos könnten wir das kuriose Treiben beobachten, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Und der ist nach all den Strapazen endlich mal von höchster Qualität. Die schnieke zweispurige Autobahn ermöglicht angenehm hohe Geschwindigkeiten. Außer uns sind kaum Pkw unterwegs, wir überholen fast nur schwere Lastwagen. Wie angenehme entspannend ist diese Fahrt im neuen komfortablen Touareg. Mehr Verkehr gibt es erst wieder, als wir uns der Hauptstadt nähern.

Nach kasachischen Schafen und mongolischen Kühen begegnen wir auf unserer letzten Etappe diesen exotischen Vierbeinern.

Spät in der Nacht kommen wir in Peking an. Der letzte Punkt unserer Reise ist das Flagship Dealer Center Volkswagen, mitten in der Innenstadt. Etwas wehmütig rollen wir auf den Parkplatz. Wir sind da. Angekommen. 16.500 Kilometer Fahrt höchst unterschiedlicher Güte liegen hinter uns. Das sind am Ende 500 Kilometer mehr als wir ursprünglich dachten. Es gab ein paar Umwege, und wir machten Sonderfahrten zu schönen Foto-Punkten. Das hat sich jedes Mal gelohnt! Wir haben den größten Kontinent von West nach Ost praktisch vollständig durchquert. Wir sind ein wenig müde. Aber sehr sehr glücklich. Das ist Ende unserer Reise von Bratislava nach Peking. Jetzt wird gefeiert. Prost, Touareg! Auf Deine Weltpremiere!" 

Geschafft! Endlich in Peking. 16.500 Kilometer haben wir zurückgelegt. Riesenfreude … und Melancholie. Wir könnten doch noch ein bisschen weiterfahren, jetzt, da wir gerade in Schwung sind …

Mittwoch, 21. März:  Ein Land der Gegensätze

„Die Mongolei hört nicht auf, uns zu überraschen. Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart sind hier eng miteinander verknüpft. Die Mongolen verwenden kein Bargeld. Bezahlt wird mit Bankkarten oder per Überweisung. Und wenn Sie einem der buddhistischen Mönche ein wenig Geld geben wollen, teilt er Ihnen gern die Kontonummer seines Klosters und den Namen der Bank mit, damit Sie das Geld direkt anweisen können. Er wird bei diesem Plausch in traditioneller Tracht gekleidet sein, und über seiner Schulter baumelt eine Hängetasche mit einem Laptop.

Ein buddhistischer Mönch, gekleidet in traditioneller Tracht, posiert begeistert mit unserem Touareg.

Es ist ein Land voller Gegensätze. Im Zentrum von Ulaanbaatar, der auf 1350 Meter Höhe gelegenen Mongolen-Metropole mit 1,4 Millionen Einwohnern, glänzen tagsüber futuristische Hochhäuser im Sonnenlicht. Nachts strahlen Leuchtreklamen um die Wette, und teure Läden und schicke Hotels säumen die Hauptstraßen. In den Außenbezirken leben die Menschen noch immer in einfachen Jurten, den traditionellen Zelten der Nomaden. Ein Umsiedlungsprogram führte dazu, dass große Teile der nomadischen Bevölkerung in die Städte kamen. Mangels Geld konnten sie sich auf den zugewiesenen Grundstücken aber keine Häuser bauen. So leben sie wie ihre Vorfahren in traditionellen Zeltbauten. Wer sie besucht, staunt über die moderne Einrichtung: Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher – alles da. Ein großer Ofen sorgt für Wärme.

In den Außenbezirken von Ulaanbaatar leben die Menschen noch in Jurten, den traditionellen Nomadenzelten. Trotzdem sind diese modern eingerichtet.

Das größte Denkmal Dschingis Khans

Im Geiste der Menschen wacht über die Mongolei noch immer Dschingis Khan. Rund 55 Kilometer ostsüdöstlich von Ulaanbaatar entfernt, bei Tsonjin Boldog, steht seit 2008 das größte der vielen Denkmäler, die an den wilden Eroberer erinnern. 40 Meter ist es hoch. Neben dem Stahlkoloss fühlt man sich wie ein Wurm. Das soll natürlich so sein. Nicht nur die Touristen werden scharenweise hierher gekarrt, auch die Einwohner des Landes pilgern in Scharen an diesen Ort.

Wir machen Halt bei Dschingis Khan, genauer gesagt bei der größten Statue des Eroberers, die 40 Meter hoch ist.

Nach dem Besuch beim Khan steht die Fahrt zur chinesischen Grenze an. Vor der langen Reise wollen wir uns noch mal die mongolische Küche schmecken lassen, wobei es gar nicht so einfach ist, ein geeignetes Restaurants zu finden. Von den Lokalen, die sich an der Ausfallstraße befinden, raten unsere Reiseführer allesamt ab. Zu groß sei das Risiko, dass uns dort verdorbenes Fleisch serviert wird. Also kehren wir zurück ins Zentrum und ordern „Trockenfutter" für die Fahrt. Auf dem 600 Kilometer langen Abschnitt von der Hauptstadt bis zur Grenze gibt es nur zwei kleine Städte. Hoffentlich läuft alles glatt. Die Aussichten, dort zur Not eine geeignete Werkstatt zu finden, sind eher gering.

Ab Sonnenuntergang sind hier alle mit Fernlicht unterwegs. Das macht das Fahren mühsam. Permanent geblendet, ermüden die Augen schnell. Da hilft nur, regelmäßig kurz anzuhalten und den Augen in dieser straßenlaternenfreien Zone etwas Ruhe zu gönnen. Unser Gegenverkehr hat es da besser: Das adaptive Licht unseres Volkswagen Touareg leuchtet nur die Straße optimal aus, nicht die Cockpits der entgegenkommenden Autos. Deren Fahrer bleiben unbehelligt.

Der Sonnenuntergang naht, als wir zur nächsten Etappe aufbrechen – das adaptive Licht des Touareg leuchtet die Straßen optimal aus.

Zwangsstopp an der chinesischen Grenze

Dann sind wir in China und damit fast am Ziel der Reise, aber leider können wir nicht „einfach so" nach Peking fahren. Der temporäre Import unseres Volkswagen Touareg in die Volksrepublik erfordert aufwändigen Papierkram – und der kostet behördliche Bearbeitungszeit. Während die Zollformalitäten ihren Lauf nehmen, versuchen wir, in die nahegelegene Stadt zu kommen. Problem: Ohne das Auto dürfen wir die Zollstation nicht verlassen. Dieser Übergang ist nur für Autos und darf nicht zu Fuß überquert werden. Also müssen wir improvisieren: Unser Führer stoppt einen knorrigen Geländewagen der bekannten russischen Marke UAZ und bittet den Fahrer, uns in die nächste Stadt mitzunehmen. Der Mann stimmt zu und bedeutet uns mit dem Daumen, wir mögen hinten Platz nehmen. Äh, bloß wo? Die Fahrerkabine ist komplett entrümpelt, es gibt nur einen einzigen Sitz – und auf dem hockt der Fahrer. So kommen wir also zu unserer ersten Mitfahrt auf dem nackten Bodenblech eines russischen Geländewagens. Muss man alles mal erlebt haben.

Wir nehmen Platz in einem russischen UAZ, dessen Fahrerkabine komplett entrümpelt ist… Wo sind hier bloß die restlichen Sitze geblieben?

Für chinesische Verhältnisse ist die Stadt, in der wir auf unsere Zollpapiere warten, nahezu ein Dorf. Es gibt nur einen mittelgroßen Wolkenkratzer, 50.000 Einwohner, keinen Flughafen und kein Ortsschild in unserer Schrift. Wir kriegen echt nicht raus, wie die Stadt heißt! Aber da der Grenzverkehr zunimmt, wird das Wachstum nicht lange auf sich warten lassen. Heute wimmelt es hier von mongolischen Einkäufern. Sie erstehen in großen Mengen lokale Waren und schaffen sie rüber in der Mongolei zum Weiterverkauf. Die Autos werden bis zum Dachhimmel vollgestopft. Jetzt begreifen wir auch, warum unser UAZ keine Sitze hat…

Vollgepackt mit Waren bis unter das Dach. So sieht der Großteil der Fahrzeuge in der Gegend aus.

Kaum Autos auf der Straße

Abseits der Warenumschlagplätze ist es ruhig, geradezu friedlich. Auf der Straße gibt es praktisch keine Autos, auf dem Marktplatz langweilen sich die Verkäufer vor ihren versprengten Ständen, die Restaurants öffnen nur abends. Die Hauptfreizeitbeschäftigung der Einheimischen scheint das Kartenspielen zu sein. Die Menschen versammeln sich in kleinen Gruppen und verausgaben sich leidenschaftlich bei dem lautstarken und gestenreichen „Kartengekloppe", dessen Sinn sich uns beim besten Willen nicht erschließen will, so sehr wir uns auch bemühen.

Von anderen Autos weit und breit keine Spur …. alleine sind wir dennoch nicht.

Am Abend gehen wir in eines der vielen Restaurants. Wir wollen die lokale Küche ausprobieren. Es gibt eine bebilderte Menükarte, das weckt Hoffnung. Doch ohne Mr. Wong, unseren geduldigen Reiseleiter, hätten wir vermutlich trotzdem nicht gewusst, was wir da bestellen. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für den Support, lieber Herr Wong…  Aus Gewohnheit nehmen wir mehrere Gerichte pro Person. Das soll sich rächen: Die Portionen sind riesig. Die Kellner kriegen gar nicht alles unter auf unserer aneinandergereihten Tafel. Wir lernen: Chinesische Portionen eignen sich sehr gut für eine kleine europäische Firmenfeier.

Auf der Suche nach einem Restaurant begegnen uns die Leute in der Stadt stets mit einem Lächeln.

Aufs Dessert mögen wir trotz der Mengen nicht verzichten. Aber Süßes nach dem Essen? Das ist hier nicht üblich. Gäste unglücklich gehen zu lassen allerdings auch nicht. Ein paar Minuten später haben wir Eis, Wassermelone und andere Früchte auf dem Tisch, alles aus dem Tante-Emma-Laden um die Ecke. Wo ein Wille, ist auch ein Weg. Eine gute Maxime für die letzten 600 Kilometer bis zur Touareg Weltpremiere am Freitag, 23. März 2018, in Beijing. Das sollten wir schaffen!"                                            

Dienstag, 20. März: In Ulaanbaatar ticken die Uhren anders.

„Die russisch-mongolische Grenze ist schnell passiert, aber kaum sind wir auf der mongolischen Seite, ticken die Uhren anders. Jeder will immer Erster sein. Bei der Passkontrolle, bei der Zollanmeldung – immer gibt es Hektik und lautstarkes Lamentieren. Hauptsache, zuerst drankommen und ja nicht warten müssen in der Schlange. Ein einziges Drängeln und Schieben. Als gäbe es kein Morgen. Auch im Verkehr. Kuhherden laufen gemütlich die Straßen entlang – und die „Locals" rasen mit unfassbarer Geschwindigkeit an Ihnen vorbei. Auch zum Aufräumen scheint hier keiner Zeit zu haben: Im Umfeld jeder menschlichen Behausung türmt sich der Müll, teils meterhoch.

Die Straße von der Grenze in die Hauptstadt Ulaanbaatar ist eine Qual. Nicht nur, dass sie sich zwischen den Hügeln windet wie eine Schlange. Sie steigt dazu auch noch steil an und fällt im nächsten Moment wieder ab. Der Asphalt ist eine Katastrophe, vor allem in den Städten. Schuld sind offenbar die vielen Abflussrohre, die im Laufe der Jahre absacken und fiese Risse und Sprünge in den Straßen verursachen. Wir umfahren sie so vorsichtig wie möglich und machen uns damit vermutlich zum Gespött der Einheimischen. Die rattern mit unverminderter Geschwindigkeit mitten durch, frei nach dem Motto: das muss das Auto aushalten.

Die Zeremonie eines Schamanen

Abseits der Straße entdecken wir ein großes Feuer. Umgeben von einer Menschentraube. Vielleicht eine Feier? Als wir näher kommen, realisieren wir, dass es keine Reisenden oder Touristen sind. Einer aus der Gruppe kommt auf uns zu und erklärt uns, dass alle wegen eines Schamanen zusammengekommen sind. Er plant jetzt eine Zeremonie. Wir fragen, ob wir dabei sein dürfen. Er wendet sich an die Umstehenden, sie stimmen zu. Auch der Schamane gibt seine Erlaubnis. Um das Feuer herum stehen Flaschen mit Alkohol, Messer, Amulette und Tamburine. Vor unseren Augen versucht der Mann, Kontakt zu Geistern herzustellen. Er stimmt einen tiefen Kehlkopfgesang an, dazu spielt eine Art Harfe. Die Dunkelheit, das prasselnde Feuer, die tanzenden Schatten – wow, das ist magisch. Wir fragen uns unwillkürlich, ob dass wirklich passiert oder ob wir in einem Film sind. Was für ein bizarrer Gegensatz: Vor unseren Augen läuft ein mongolisches Ritual, das hunderte von Jahren alt ist, und ein paar Minuten zuvor haben wir über eine Satellitenleitung Material auf die Server in Deutschland hochgeladen.

Montag, 19. März:  Der Touareg stösst auf riesiges Interesse

„Vor der Abfahrt nach Irkutsk huschen wir noch kurz beim örtlichen Volkswagen Händler vorbei. Unser getarnter Touareg ist nicht nur für Besucher des Showrooms, sondern auch für Mitarbeiter von unglaublichem Interesse. Sofort bildet sich eine Menschentraube um das Auto. Jeder hat Fragen – zur Technik, zu unserer Reise, zur Route, zu unseren Eindrücken.

Leider können wir im gastfreundlichen Krasnojarsk nicht lange bleiben, vor uns liegen die Ausläufer des Baikalgebirges und der große Baikalsee. Wir müssen uns also schweren Herzens von unseren Gastgebern verabschieden und auf eine weitere Reise gehen.
Unterwegs entdecken wir einen kleinen Flugplatz mit einer Antonov AN-2, der größte und dienstälteste einmotorige Doppeldecker, der noch aktiv im Einsatz ist. Seit 1947 wird das Mehrzweckflugzeug nahezu unverändert gebaut. Das Flughafengelände ist verwinkelt, ein offizieller Eingang ist beim besten Willen nicht auszumachen. Aber wir finden einen Wächter, der bereit ist, uns durch eine Art Pforte in den kleinen – wie sich herausstellt – auch militärisch genutzten Flughafen zu lassen.

Im Winter bleiben die Flugzeuge hier am Boden und werden gewartet. In kleinen Hangars schrauben die Mechaniker an den Motoren. Begegnete uns Serega, so der Name des Wachmanns, noch freundlich und wohlwollend, kann man das von den Werkstattmeistern leider nicht behaupten. Die Herrschaften sind überhaupt nicht glücklich über unser Erscheinen. Sie murren, dass wir hier nichts zu suchen hätten. Serega fängt sich folglich mächtige und lautstark vorgetragene Kritik ein. Es folgt lautes Schimpfen und Geschrei. Oh, das haben wir natürlich nicht gewollt. Wir danken herzlich und verabschieden uns freundlich. Die Bilder haben wir ohnehin schon im Kasten.

Das adaptive Fernlicht hilft im dunklen Winter

Unterwegs entdecken wir immer neue Seiten der lokalen Gastronomie. Russische Gerichte wie Borschtsch und Knödel kennt ja jeder. Hier in Sibirien haben sie zusätzlich jede Menge Fleischgerichte im Angebot. Die traditionellen kaukasischen Schaschliks zum Beispiel sind so groß, dass sie bei uns locker als T-Bone Steak durchgehen würden. Kochen ist bei den niedrigen Temperaturen verständlicherweise eine Kunst für sich: Was draußen lagert, ist permafrostig. Hier was Leckeres auf den Tisch zu zaubern, ist offensichtlich harte Arbeit.

Wirklich erstaunlich ist, wie die Menschen mit den niedrigen Temperaturen umgehen. Wenn wir auf die Straße gehen, hüllen wir uns ganz tief in warme Daunenjacken. Die Einheimischen marschieren locker im T-Shirt raus, wollen sie sich mal schnell unseren Touareg anschauen. Und das bei minus 20 Grad, verrückt.

Die Tage werden langsam länger, dennoch sind wir die meiste Zeit im Dunkeln unterwegs. Bei den Nachtfahrten hilft uns das adaptive Fernlicht des neuen Touareg sehr. Der Lichtstrahl deckt nicht nur die Straße weit voraus ab, sondern leuchtet auch den Straßenrand breitwinklig aus, ohne dabei die entgegenkommenden Autos zu blenden. Das ist äußerst praktisch, gerade wenn der Großteil der Straßen keinerlei Beleuchtung hat.

Der Baikalsee – ein Naturwunder

Nach einer kalten Nacht erwartet uns als Höhepunkt des neuen Tages der zugefrorene Baikalsee - ein echtes Naturwunder. Obwohl in Sibirien heute Minusgrade herrschen, heizt uns die Frühlingssonne tagsüber ein wie ein Crème-brûlée-Brenner. Alle behördlichen Überwachungsorgane sind bereits alarmiert: Hält das Eis? Wir sind ständig in Kontakt mit Irkutsk, um zu klären, ob wir noch aufs Eis dürfen, wenn wir erst in ein paar Stunden eintreffen. 

Unsere erste Anlaufstation – Listwjanka, eine kleine Siedlung am Baikalsee – wird schon mal ein Schlag ins Wasser. Zufahrt zum See gesperrt. Aber wir geben nicht auf. Zugegeben, für unsere Ausweichlösung müssen wir mehr als 120 Kilometer auf einer unbefestigten Straße fahren. Aber was tut man nicht alles für ein paar schöne Aufnahmen. Vor dem Start heute Morgen haben wir extra das Auto gewaschen, weil wir beim Frühstück messerscharf geschlussfolgert hatten, dass es in einem kleinen Dorf am Ufer des Baikalsees eng werden könnte für Waschstraßenbetreiber.

Also müssen wir selber ran. Bevor wir aufs Eis fahren, kaufen wir ein paar Flaschen Wasser und Putzutensilien. Direkt am Rande des Dorfes eröffnen wir eine improvisierte Mini-Waschanlage. Etwas mehr als 10 Minuten dauert es – dann haben wir wieder ein (halbwegs) sauberes Auto. Für die Fotos sollte es reichen. Viel länger hätten unsere klammen Finger auch nicht mitgemacht.

Am Baikalsee herrscht reger Verkehr. Touristen kommen aus allen Himmelsrichtungen, um scharenweise das Wintermärchen zu bewundern. Die ganz Wagemutigen parken ihr Auto direkt neben der Eislauffläche. Ein Stück weiter brettert eine Gruppe von Touristen jauchzend in einem Luftkissenboot übers Eis. Und direkt neben uns veranstalteten junge Familie lustige Fotosessions. Die Kinder liegen auf dem Eis, die Erwachsenen ziehen sie hinter sich her, und alle haben gute Laune.

Auf dem Weg in die Mongolei

Der Baikalsee fasziniert mit seiner schier unfassbaren Größe und Transparenz. Das Eis ist scheinbar metertief auf verschiedenen Ebenen von kunstvoll mäandernden Rissen durchzogen. Setzt man sich ein bisschen von den Menschentrauben ab, herrscht eine himmlische Ruhe auf dem Eis. Stundenlang könnte man die Landschaft um sich herum beobachten. Still. Genießend. Und während Du das machst, spürst Du in Dir eine kolossale Energie, von den Schuhsohlen bis zur Mütze. Wir würden gerne noch ein wenig hierbleiben, aber der Grenzübergang zur Mongolei wartet auf uns. Lieber nicht zu spät dort ankommen!

Wie groß und vielfältig doch Russland ist. In Sibirien bewunderten wir die christlichen Monumental-Bauten, dazu die Wiesen und riesigen Felder. Jetzt in Burjatien ändert sich das Bild dramatisch. Spärlich mit Bäumen bedeckte Hügel, kleine Pinienwälder, und in den Dörfern  beeindrucken uns die buddhistischen Klöster, sogenannte  „Datsanen". Bis Peking sind es von hier aus nur noch wenige Tage. Wenn alles glatt läuft." 

Freitag, 16. März: Eisfischer auf dem Ob

„In der Nähe von Nowosibirsk fällt uns auf dem Eis des Ob eine große Anzahl von Zelten auf samt Menschen, die daneben hocken. Das schauen wir uns genauer an. Aha, alles Eisfischer. Männer im besten Alter, die mehrheitlich keine Arbeit haben, und darum hier ihr Glück versuchen. Heute gehen sie allerdings leer aus: Kein einziger Fisch beißt an, beklagen sie. Gleichzeitig sagen sie mit verschmitztem Lächeln, dass sie den Tag lieber mit leeren Händen auf dem Eis verbringen, als zu Hause vor dem Fernseher zu verschimmeln.

 

In Nowosibirsk steuern wir einen lokalen Händler an. Zeit für den ersten Ölwechsel bei unserem Touareg und einen kleinen Generalcheck nach all den Strapazen. Die Mechaniker machen sich ehrfürchtig, aber professionell ans Werk. Den neuen Touareg hat logischerweise noch keiner von ihnen in den Fingern gehabt. Wir nutzen die Zeit, um unsere Backup-Office auf Vordermann zu bringen und uns ein bisschen auszuruhen. Keine zwei Stunden später sind wir wieder unterwegs, „on the road".

 

Immer genug Leistung unter der Haube

Die Straße schlängelt sich durch Wälder und Felder, und wir genießen die Aussicht auf die endlosen russischen Weiten. Der Dreiliter-Dieselmotor säuselt leise vor sich hin. Dank seiner 270 PS und mächtig Drehmoment überzeugt er in allen Fahrprogrammen mit hervorragender Dynamik. Beim Überholen, in den Bergen, auf den Serpentinen, immer steht Leistung satt zur Verfügung. So muss das sein. Wir kommen entspannt vorwärts.

Die Strassen sind in gutem Zustand.

Den Straßenrand säumen jetzt in regelmäßigen Abständen kleine Basare. Hier gibt es scheinbar alles – von sibirischen Naturbetten bis zu Dachsfett und Souvenirs aus Holz. Das Skurrilste sind die selbstgemachten Stofftiere. Bären, Biber, Füchse – alles, was einem hier so vor die Flinte komnen kann, haben sie mehr oder weniger professionell aus Stoffresten zu Spieltieren zusammengenäht. Das ist mal besser gelungen, und mal, nun, sagen wir, sehr originell…

Immer wieder faszinierend: die Schönheiten des Landes.

Es heißt ja, in Russland gäbe es zwei generelle Probleme – die Narren und die Straßen. Zu Ersteren können wir nichts sagen, aber die Straßen nach Kasachstan können DEFINITIV nicht gemeint sein. Die sind nämlich perfekt. Breit, eben, intakter Asphalt. Wir fühlen uns seit langem mal wieder wie zu Hause."   

Donnerstag, 15. März 2018: Schönes Wetter in der Schlucht

„Tschöö Almaty, es geht weiter zur kasachischen Grenze. Auf dem Weg nach Osten liegt der Scharyn-Nationalpark, einer der schönsten Orte in Kasachstan, heißt es. Den wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Gut 250 Kilometer sind es bis dahin. Kurzer Wettercheck, nicht, dass es da genau wie in Almaty regnet. Aha, das Internet meldet Sonne. Schon mal ganz gut. Aber wir gehen lieber auf Nummer sicher: Über die Repräsentanz von Volkswagen in Kasachstan kontaktieren wir einen Anwohner vor Ort. Auch der sagt: schönes Wetter in der Schlucht! Dann nix wie los!

Der grandiose Canyon macht wirklich Eindruck. Die bizarren Erdeinschnitte erinnern stark an den Grand Canyon in den USA, auch wenn das kasachische Pendant etwas kleiner ist. Die Sonne spielt mit den Rot-Tönen der gigantischen Steilwände. Helle und dunkle Lichtflecken tanzen im Takt der Wolken über die Wände.

Grandiose Aussicht: Der neue Touareg im Scharyn-Nationalpark.

Leider sehen wir den Canyon nur von oben. Zu dieser Jahreszeit ist es nicht möglich, hinabzusteigen oder gar zu fahren. Die Straßen rechts und links wurden vom Schmelzwasser weggespült. Riesige Gräben tun sich auf den Wegen auf. Einheimische erzählen uns hinterher, dass sie ohne Probleme runtergefahren sind in die Schlucht, aber wir haben dort kein einziges Auto bemerkt. Muss ja nicht immer alles wahr sein, was die Leute so behaupten …

Alle Strassen in deaströsem Zustand

Auf dem Weg zur Grenzregion werden die Strassen nicht besser. Sie sind alle in desaströsem Zustand. Genau richtig für den neuen Touareg …. Naja, was heißt Straßen: Das westliche Verständnis von Straßen endet hier. Willkommen auf den naturgegebenen Hardcore-Rüttel-Teststrecken des östlichsten Ostens.

Die Krater auf den Pisten haben die Größe von Kometeneinschlägen. Der Übergang von Schlaglochfolterstrecke zu freiem Gelände ist fließend. Das Fahrwerk des Touareg reagiert Gott sei Dank gelassen. Tapfer trägt uns das neue SUV über den Marter-Parcours. Einzig die scharf gezackten Abrisskanten allzu heftiger Schlaglochspalten lassen uns ein bisschen schwitzen. Reifenwechsel im Niemandsland, ach nö, da legt jetzt keiner von uns gesteigerten Wert drauf…

Dienstag, 13. März 2018 - Plötzlich ist es Frühling

„Von Baikonur geht es weiter nach Schymkent. Echt irre, wie schnell sich das Wetter hier ändern kann: Gestern noch kämpften wir uns durch einen grimmigen Eiswind. Der wolkenverhangene Himmel schwebte gefühlt zwei Meter über dem tiefgefrorenen Boden. Das Thermometer zeigte ungerührt minus 19 Grad. Und heute? Je näher wir Schymkent kommen, desto wärmer, ach was, heißer wird es. Die Wolken hängen wie eine versprengte Herde Schäfchen am blauen Himmel, das letzte bisschen Schnee auf den Feldern haucht im Zeitraffer sein Dasein aus, und die Frühlingssonne brennt durch die Scheiben des Touareg. Gegen Mittag kraxelt die Säule des Thermometers auf 20 Grad plus.

Die Thermokleidung, die wir heute morgen in bewährter Zwiebelmanier übergestülpt haben, fliegt Schicht für Schicht ins Gepäckabteil. Eine leichte Jacke reicht beim Aussteigen allemal. Eigentlich können wir auch im T-Shirt gehen. Wir besichtigen die Ausgrabungsstätte der antiken Stadt Sauran. Sie gilt als das am besten erhaltene mittelalterliche Festungserbe Kasachstans. Gewaltige Lehmwände umgeben das riesige Areal. 

Was für ein großartiger Ort für ein weiteres Fotoshooting. Vor dem Hintergrund der Ruinen sieht unser Touareg einfach grandios aus. Auch die unbefestigten Straßen hier sind eine wahre Freude, wenn man in einem Geländewagen sitzt. Wir machen uns auf den Weg nach Almaty. Die Autos, die wir passieren, werden immer bizarrer. Gefühlt haben sie alle doppelte bis dreifache Ausmaße.

Dach, Kofferraum, Seitenwände – überall ist irgendwas verzurrt. Gepäck, Teppiche, Kartons, Kanister. Fehlt nur noch, dass obendrauf ein Dutzend Mitreisender hockt. Schwer zu sagen, wo die alle hinwollen. Einfach nur von Stadt zu Stadt? Wegbeschreibungen sind hier oft Glückssache. Wo Gras ist, sind auch Schafe in Kasachstan. In regelmäßigen Abständen begegnen wir riesigen Herden. Die begleitenden Schäfer haben die Ruhe weg.

Und freuen sich über ein bisschen Abwechslung. Äh, sorry, Lust auf ein Erinnerungsfoto – Sie, wir, Schafe, Auto? Klar, nur zu. Schafe sind ja auch nur Poser. Den ganzen Tag verbringen wir in Almaty, auch bekannt als Alma-Ata. Kasachstans größte Stadt hat 1,7 Millionen Einwohner. Dementsprechend voll ist es auf den Straßen. Wir beschließen, einen Abstecher in die umliegenden Berge zu machen. Auf dem Kök Töbe zum Beispiel steht der 371,5 Meter hohe Fernsehturm von Almaty, eines der höchsten Gebäude der Welt. Was für ein Lulatsch. Spektakulärster Anlaufpunkt heute ist für uns die Hochgebirgs-Eisbahn Medeu, Kosename "die Fabrik der Rekorde". Seit den Fünfziger Jahren werden hier Eislauf-Weltrekorde am Fließband produziert, gut 200 waren es wohl bislang.

Das Kunsteis besteht aus weichem, salzarmen Wasser und hat hervorragende Gleiteigenschaften, heißt es. Vielleicht spielt auch die Höhe eine Rolle: Die Eisschnelllaufbahn liegt auf 1711 Metern. Die umliegenden Gipfel des Transili-Alatau-Gebirges sind noch mal 500 Meter höher. Majestätisch schirmt ein Damm das Stadion gegen Murenabgänge und Schuttströme ab. Er wurde gebaut, nachdem die Eisstätte anno 1970 kapital verschüttet wurde von eben diesen Muren.
Sehr imposant, das alles. Von der gigantischen Aussichtsplattform hat man das gesamte Panorama der Stadt im Blick.

Man kann nicht behaupten, wir hätten heute einen sehr anstrengenden Tag verlebt. Aber morgen schon wird sich das ändern. Dann müssen wir eine beträchtliche Strecke und etliche Höhenmeter überwinden, um nach China zu kommen."

Montag, 12. März 2018 - Über den Winter in Kasachstan

„Kurz mal was fürs Kopfkino: Sie leben in einem Haus, in dem alles weiß ist, von den Wänden und Decken bis hin zu den Möbeln und sämtlichen Utensilien. Kein einziger farbiger Fleck weit und breit. Auch nicht draußen.Tja, so und nicht anders ist Winter in Kasachstan. Als stülpe Dir der Wettergott einen Milchglashelm über den Kopf. Die grenzenlosen Steppen sind mit Schnee bedeckt, der Himmel ist mit Wolken verhangen, so dass man manchmal den Horizont nicht sieht, und unentwegt fällt Schnee. Wenn es nicht die schwarze Ader der Straße gäbe und ab und zu einen einsamen, tiefgefrorenen Strauch, verlöre man sich hoffnungslos im eintönigen Gebinde aus Raum und Zeit.

In diesem Kontinuum bewegen wir uns in Richtung der Stadt Aral (russisch: Aralsk). Wir müssen an dieser Stelle mal den einheimischen Fahrern, die diese Wetterbedingungen nüchtern einschätzen und sehr präzise navigieren, Anerkennung zollen. Wir haben heute noch keinen einzigen Unfall gesehen. Davon war nach den Beobachtungen der vergangenen Tage nicht auszugehen. Aral selbst hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen. Die Stadt siecht vor sich hin, sie leidet unter einer der höchsten Arbeitslosenraten Kasachstans. 

Auf der Suche nach den alten Schiffen

Die rostigen Skelette zahlreicher Schiffe erinnern daran, dass die Hafenstadt eigentlich am Wasser liegt – wäre der riesige Aralsee nicht weitgehend ausgetrocknet. Diverse Dammprojekte haben zwar das kleine Wunder vollbracht, dass der Wasserspiegel des einstigen Binnenmeeres wieder ansteigt. Bis die Fluten hier ankommen, wird es aber noch etliche weiße Winter dauern. Die Touristen, die immer noch nach Aral kommen, lockt die Möglichkeit, auf dem Grund des ehemaligen Meeres zu spazieren, und Selfies vor gestrandeten Schiffen zu machen. Die Szenerie ist atemberaubend. Es scheint, als sei man auf einem anderen Planeten.

Bildmotive in Aral, das schreit natürlich danach, ein Auto auf den „Grund" des Aralsees zu fahren und ein paar schöne Aufnahmen mit verlassenen Schiffen im Hintergrund zu machen. Dafür hatten wir extra einen Führer engagiert. Aber: Das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. Auch wenn die Temperatur nachts auf minus 20 Grad sinken kann, beginnt das Eis unter den warmen Frühlingsstrahlen am Tage sofort zu schmelzen. Verlassen wir die befestigten Hauptpfade, ist es sehr wahrscheinlich, dass wir in einen geschmolzenen Salzsumpf rauschen und dort einfach nicht mehr rauskommen.

Am Horizont sehen wir große Lastkräne. Ha, das alte Hafengebiet. Genau da müssen wir hin. Und möglichst nah ran, also aufs ehemalige Werftgelände. Leider weiß niemand, den wir fragen, wie man von hier aus dorthin und dann vor allem auf das Gelände gelangt. Wir suchen in der Stadt nach der zuständigen Kontrollstelle, es dauert ewig, aber am Ende finden wir, was wir brauchen. Nach kurzem Palaver mit dem Sicherheitsdienst dürfen wir zu den Kränen. Ihre Größe ist beeindruckend. Und zeigt, wie schmal der Grat ist, zwischen Wohlstand gestern und Verfall heute. Rostende Monumente des Wandels.

Nach Abschluss der Foto- und Filmarbeiten in Aral brechen wir nach Baikonur auf. Kurs Kosmodrom. Seit 1957 starten die Russen hier ihre Weltraum-Missionen. 1994 haben sie die Stadt kurzerhand gepachtet. Damit steht sie – obwohl in Kasachstan gelegen – unter russischer Verwaltung. Was Stippvisiten ziemlich kompliziert macht. Leider gelingt es uns dieses Mal nicht, aufs russische Territorium zu kommen: Für die Einreise benötigt man spezielle Erlaubnisse und Beglaubigungen, sagt man uns. Davon war vorher nicht die Rede. Schade. Aber, Baikonur, wir kommen wieder! Erkunden wir die russische Enklave halt ein andern Mal. Weiter geht es nach Schymkent!"

Rainer Zietlow

Was bisher geschah: Von Bratislava nach Peking

„Lasst das Abenteuer beginnen! Heute Vormittag wurde vor dem Haupteingang des Volkswagen Werks in Bratislava das Startsignal für die Rekordfahrt mit dem neuen Touareg gegeben. In den nächsten Wochen werden wir mehr als 16.000 Kilometer zurücklegen – mit einem teils noch getarnten Auto.

Die Route des Projekts Bratislava2Beijing verläuft durch diese elf Länder: Slowakei, Österreich, Tschechische Republik, Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland, Kasachstan, Mongolei und China. Etwas mehr als tausend Kilometer liegen gleich am ersten Tag an. „Strecke machen!", lautet die Devise. Begleitet von einer Kolonne aus zehn Touareg früherer Generationen, fahren wir zu einem der Schlösser in der Nähe von Bratislava. Hier, umgeben von Fans des Touareg Club Slovakia, sind wir vor den historischen Mauern für einen kurzen Fototermin verabredet.

Dann geht es mit dem ganzen Tross weiter an die nahegelegene Grenze zu Österreich. Wehmütig verabschieden sich die slowakischen Fans. Keine Stunde später sind wir im Herzen der Alpenrepublik. Gerade einmal 55 Kilometer trennen Wien von Bratislava – das ist der geringste Abstand aller europäischen Hauptstädte. Wer zum ersten Mal hier ist, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: Wien ist voller zauberhafter Sehenswürdigkeiten.

Die Residenzen der Könige und Kaiser, die majestätischen Kirchen – all das ist von atemberaubender Schönheit. Posen, den nächsten Halt unserer Reise, erreichen wir erst bei Dunkelheit. Vor wenigen Jahren noch war das Fahren durch Polen eine recht rumpelige Angelegenheit, um nicht zu sagen eine Quälerei. Seit der Fußball-Europameisterschaft 2012 hat sich die Situation aber stark verbessert. Heute verfügt das Land über ein ausgedehntes Autobahnnetz. Wir kommen gut voran. Morgen werden wir nach Lettland fahren. Nächster Halt: Riga.

Teil 1 der Reise - Am Winter-Strand von Tallin

Heute macht uns das gute Wetter einen Strich durch den Tagesplan. Bevor es in Riga ans Fotografieren geht, wollen wir unseren Touareg noch schnell waschen. Aber die überraschende Ankunft des Frühlings lässt das nicht zu: Ganz Riga scheint bei den ersten Sonnenstrahlen beschlossen zu haben, sein Auto zu waschen. Wo auch immer wir hinkommen: Lange Schlangen vor den Waschanlagen. Auf unsere wirklich vorsichtig und höflich gestellte Frage, ob uns bitte, bitte jemand vorlassen könnte, weil die Zeit doch sehr drängt, erhalten wir jedes Mal eine freundliche, aber bestimmte Absage. In Riga ist offenbar jeder in Eile. Für die spontane Idee, unseren Touareg am Meer zu fotografieren, werden wir mit einem herrlichen Panorama belohnt. Auch im Winter sind die Ostseestrände voller Leben. Wo sich im Sommer schneeweiße Sandstrände ausbreiten, lockt im Winter eine sehr solide Eisdecke.

Manche versuchen sich im Langlauf, andere spielen Eishockey. Die meisten aber genießen einfach nur die Ruhe und gönnen sich eine kleine Auszeit in der Vor-Frühlingssonne.
Der erstaunlichste Moment dieses Tages aber ist der Sonnenuntergang über dem Meer. Hunderte von Menschen säumen die Küste, um diesen Alltagszauber zu bewundern. Helle Farben füllten das Wasser, der Himmel verfärbt sich so pfirsichfarben, saftig und appetitlich, dass man ihn berühren und festhalten möchte. Um dann kräftig hineinzubeißen. So schmeckt das Leben!

Aber genug der Schwärmerei: Wir müssen wieder auf die Straße. Asphalt und Kilometer „fressen", der Weg ist schließlich noch sehr, sehr lang, und das Ziel weit entfernt. Vor der estnisch-russischen Grenze beschleicht uns das mulmige Gefühl, dass wir hier eine Menge Zeit verlieren könnten. Tatsächlich sind die Formalitäten aber schnell erledigt. Das Personal hilft uns geduldig bei der Registrierung der Dokumente, inspiziert unser Hab und Gut, und neugierig auch den Touareg – und wünscht uns dann eine glückliche Reise.

Tag 3 - Von St. Petersburg nach Moskau

St. Petersburg begrüßt uns mit märchenhaftem Wetter. Auf den Straßen leichter Frost, die Sonne scheint strahlend hell, und komplette Windstille. Das Leben in der Winter-Wonderland-Stadt spielt entlang der Newa und auf den zugefrorenen Kanälen, auf der größten Wasserstraße der Stadt herrscht viel Verkehr. Warm eingepackte Menschen wuseln von Ufer zu Ufer, Touristen fotografieren die Kulisse, Einheimische fahren Ski und Schlittschuh, und sogar Fahrrad-Fahrer sind unterwegs auf dem Eis!

Unser Auto zieht die Leute an wie ein Magnet. Jeder Vorbeifahrende starrt auf dieses unbekannte, getarnte Auto. Die Passanten machen ganz aufgeregt Fotos. Ein Erlkönig, wann sieht man so etwas schon mal in echt?
Auf dem Schlossplatz kommen Verkehrspolizisten auf uns zu. Sie fragen staatstragend, was das für ein Auto ist. Wann es in Russland erscheinen wird, wie viel es kosten wird. "Das ist der neue Touareg", verraten wir. Wir sind auf dem Weg zur Weltpremiere. Sie nicken fachkundig, wünschen uns eine gute Fahrt und gehen weiter. Ein paar Minuten später treffen wir sie wieder, just in dem Moment, als wir vor der Auffahrt zu einem der historischen Gebäude stehen und trotz "Durchfahrt verboten"-Schild einen kurzen Foto-Abstecher wagen wollen.

Ähem. Sie riechen den Braten, beraten sich kurz – und geben uns dann lächelnd grünes Licht für die Aufnahmen. Das nennt man Bürgernähe!

Nächstes Ziel: Moskau. Das Herz von Russland. Politisch, wirtschaftlich und kulturell. Rund 12,4 Millionen Menschen leben hier. Weit über 700 Kilometer trennen St. Petersburg vom Kreml, weiß das Navigationssystem. Und übles Wetter, zeigt der Blick auf die Wetter-App. Das vollfarbige TFT-Display unseres Touareg bleibt für lange Zeit der einzige Lichtblick. Die russische Hauptstadt begrüßt uns mit heftigem Schneefall, endlosen Staus und vielen Unfällen. Wir hoffen inständig, dass sich die Lage am nächsten Morgen bessert und wir Tambow, den nächsten Etappenpunkt, schnell erreichen können. Die Stadt liegt 420 km südöstlich von Moskau und war mal Teil des Festungsgürtels gegen die Tartaren. Wir sind gespannt, was uns da erwartet.

Russische Bürokratie ist großartig

Der erste kurze Blick aus dem Fenster verheißt nichts Gutes: Dicke Schneeflocken purzeln vom Himmel, leise, dicht an dicht und unaufhörlich. Schemenhaft verschwinden die umliegenden Fassaden im Schneegestöber. Frau Holle vergräbt Moskau unter einem lupenreinen, weißen Riesenlaken.

So schön das auch aussieht: Für unsere Mission bedeutet es Ungemach. Nach unserer Erfahrung ist der Verkehr in der Stadt an solchen Tagen sehr, sehr langsam. Wir könnten also richtig viel Zeit verlieren, um von einem Punkt zum anderen zu gelangen. Aber wir haben Glück. Die Sonne bereitet dem Schneetreiben ein Ende. Unsere Verkehrs-App weckt die Hoffnung, Moskau könnte einigermaßen staufrei sein. Und so kommt es dann auch. Alles scheint sich zu unseren Gunsten zu entwickeln.

Unser erster Abstecher führt uns zu den „Sperlingsbergen", einer riesigen Parkanlage mit Blick auf Moskau. Auf dem bewaldeten Hügel thront das Hauptgebäude der staatlichen Lomonossow-Universität – ein Prachtbau im berühmten Zuckerbäcker-Stil und eines der Symbole der russischen Hauptstadt. Das schreit nach Fotos.

Kaum machen wir uns an die Arbeit, kommen schon wieder mal aufmerksame Polizisten auf uns zu. Staatstragend weisen sie uns darauf hin, dass wir Straßenmarkierungen missachten, aber der wahre Grund für ihr Interesse ist unser getarnter Touareg. Wir erzählen ihnen von unserer Fahrt nach Peking, klären sie auf, wie wichtig aussagekräftige Fotos für das Gelingen der Tour sind – und zack, schon erhalten wir, wie bereits am Vortag in Sankt Petersburg, die mündliche Genehmigung fürs Foto-Shooting. Russische Bürokratie hat etwas Großartiges!
Von den Sperlingsbergen fahren wir direkt zum Postkartenmotiv Nummer eins – Kreml und Roter Platz. Dort wartet die nächste Herausforderung.

Fahraufnahmen vor der Basilius-Kathedrale haben wir uns in den Kopf gesetzt. Da ist normalerweise nichts zu machen. Hier gibt es ständig Staus, Masen von Touristen – und oft noch mehr Polizisten. Aber wieder haben wir Glück. Die Touristen verstecken sich vor der Kälte in den Cafés, die Zahl der Autofahrer hält sich in Grenzen, und das Moskauer Heiligtum glüht in den Strahlen der untergehenden Sonne.

Famos! Fehlt also wieder einmal nur die Erlaubnis der Polizei, auch um in der Nähe des Kremls parken zu können. Nur ein paar Sätze, dann geht das klar. 10 Minuten Drehzeit bewilligen sie uns, das genügt. Danke, meine Herren.

Bei Sonnenuntergang verlassen wir die zweitgrößte Stadt Europas. Auf geht es nach Tambow.

Unterwegs auf spiegelglatten Straßen

Um Tambow herum erstrecken sich riesige Felder, die von endlosen Wäldern umgeben sind. Typisch russische Landschaft? Unsere Meinungen gehen auseinander. Wir suchen etwas, das die Seele anzieht und uns in Russland verlieben lässt. Auf dem Weg liegen aber nur winzige Dörfer, weiße Felder und schwarze Baumskelette. Tja. Ob es in Kasachstan besser wird? Die Grenze ist nicht mehr weit.

Kurzer Stopp im Nirgendwo. Ein Traktorfahrer tuckert vorbei, sieht uns, wird langsamer, setzt zurück. Müde von der Arbeit hat er beschlossen, sich noch einen Plausch zu gönnen. Der Gesprächsverlauf ist eigentlich immer gleich, egal wo wir sind. Zuerst fragen sie uns, was für ein Auto das ist. Dann wollen sie wissen, wo wir essen. Haben wir keine Antwort parat, sagen sie: Kommt mit mir! In der Abenddämmerung fahren wir weiter Richtung Kasachstan. Je näher wir der Grenze kommen, desto beschwerlicher wird der Weg. Die Straße ist mit einer Eiskruste bedeckt, rechts und links Massen von Schnee.

Wenn wir hier das Spiel mit Gas- und Bremspedal übertreiben, könnten wir in der Einöde auf der spiegelglatten, von tiefen Kratern durchsiebten Straße von einer Sekunde auf die nächste ein ernstes Problem kriegen. Also gehen wir es vorsichtig und seeehr langsam an.

Irgendwann zeigen die Scheinwerfer unseres Touareg in der Dunkelheit zwei männliche Silhouetten. Ein Stück weiter ragt das Heck eines Autos aus dem Graben. Wir stoppen sofort. Das Erste, was einem einfällt, ist, dass die Leute mit dem Auto nicht zurechtkamen und von der Strasse geschleudert sind. Braucht jemand Hilfe? Wo sollen wir hier einen Arzt finden ...? Bang schauen wir die Havarierten an, es geht ihnen gut. Die beiden sind Angler. Etwas sehr kühn wollten sie direkt über ein Feld zum See fahren. Eigentlich eine gute Abkürzung. Als sie von der Fahrbahn abbogen, blieben sie in einer hohen Schneewehe stecken. Und kamen nicht mehr vor und nicht zurück. Ein weiteres Auto hält an. "Alles gut?" "Wenn Du helfen kannst, los!" Mit vereinten Kräften gelingt es uns, den unfreiwillig geparkten Pickup wieder auf die Straße zu ziehen. Große Erleichterung auf allen Seiten. Weiter geht es – für die einen an den See, für uns nach Kasachstan.

Tricksen beim Tanken in Kasachstan

Frühmorgens erreichen wir die russisch-kasachische Grenze.Die Straße windet sich als festgefahrene Schneedecke zwischen Feldern mit verkümmerter Vegetation. Der Tag fängt gerade erst an, aber wir sehen schon die ersten Autos im Graben liegen. Noch mehr Angler? Klirrender Frost liegt in der Luft. Die unglücklichen Passagiere sind gezwungen, sich durch Springen und Laufen zu wärmen. So gut es halt geht.

Die Abfertigung an der Grenze erfolgt schnell und ohne Komplikationen. Passkontrolle, Zollkontrolle – und zack sind wir auf dem Territorium Kasachstans. Eine endlose Steppenlandschaft breitet sich vor uns aus. Die Masten der Stromleitungen ersetzen die spärliche Vegetation auf russischer Seite. Nicht gerade das interessanteste Bild. Schaut man sich das durch die Scheiben länger an, döst man unwillkürlich ein.

Nach dem Mittagessen nähern wir uns dem Ural. Zeit für einen Reifenwechsel. Um weiterzukommen, müssen wir unsere Winterreifen auf eine Nietenversion umstellen. Wir finden einen Händler, planen optimistisch eineinhalb Stunden für die Werkstatt, aber Pustekuchen: Die Arbeit zieht sich bis in den Abend.

Und dient uns als Lehre, dass mögliche Reifenpannen hier nicht mal eben so über die Bühne gehen. Immerhin haben die Mechaniker wirklich gründlich gearbeitet, wofür wir uns aufrichtig bedanken. Fürs Tanken haben wir uns einen kleinen Trichter mit einem speziellen Adapter gekauft. Damit können wir die Zapfsäulen austricksen.

Das Tanken ist nämlich eine regelmäßige Geduldsprobe, weil unser Diesel-Touareg mit einem Schutz vor Fehl-Betankung mit Benzin ausgestattet ist – die hiesigen Dieselzapfpistolen aber nicht immer hineinpassen, weil das Thema Normierung und DIN-Größe offenbar sehr großzügig ausgelegt wird. Auch nicht ganz ohne ist die Tatsache, dass Kraftstoff in Kasachstan nicht immer von höchster Qualität ist. Selbst wenn man Winterdiesel tankt, ist es immer möglich, dass der Kraftstoff einfriert. Deshalb kippen wir an jeder Tankstelle einen Zusatz gegen Einfrieren hinzu. Bislang hat es geholfen."                                                 

Fortsetzung folgt....

 

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