Irre bis durchgeknallt: Aircooled Porsche 924

In nur 50 Tagen von der Schnapsidee zum luftgekühlten Heckmotorprojekt

Irre bis durchgeknallt: Aircooled Porsche 924: In nur 50 Tagen von der Schnapsidee zum luftgekühlten Heckmotorprojekt
Erstellt am 18. September 2013

Liebe Leser, herzlich Willkommen zur Freakshow. Die Hauptdarsteller dieser Sonderausgabe des abgefahrenen Tunings: Ein Porsche 924, der keiner mehr sein will, und seine Erbauer Holger Ehlers (Pseudonym „IBD“) und Kai Breyer. Auf den ersten Blick scheint dies nur ein sehr tiefer Zuffenhausener Sportwagen zu sein, gebaut 1977, mit 17 Zoll BRM Rädern doch ein Blick in den Kofferraum zeigt, dass der nun zum Motorraum wurde.

Extrem gecleant, oder: Gar nicht mehr da!

Schielt man jedoch an den Vorderrädern entlang, scheint da verdächtig viel Leerraum zu sein, wo doch eigentlich der Motor sitzen müsste. Porsche hatte den bei Fans ungeliebten 924er in Transaxle-Bauweise konzipiert. Das bedeutet, das Getriebe sitzt nicht beim Motor, sondern an der angetriebenen Hinterachse. Trotzdem erklärt es nicht die gähnende Leere im Vorderbau.

Dieser Porsche tickt luftgekühlt

Des Rätsels Lösung: Holger und Kai verfrachteten den Motor wieder dahin zurück, wo er ihrer Meinung nach bei einem Porsche auch hingehört – nach hinten! Bei der Gelegenheit tauschten sie ihn gleich gegen einen 1600 ccm Typ1-Motor. Richtig gelesen, aus dem wassergekühlten Frontmotorgefährt wurde ein luftgekühlter Heckmotorporsche.

Die Idee, nach einigen Flaschen Dortmunder Pils sorgfältig gereift und für genial befunden, hatte nach ausgiebigen Recherchen der beiden im Netz noch keiner umgesetzt. Glücklicherweise fand sich ein passendes „Opferauto“ für wenige hundert Euro Anfang Dezember 2012 ganz in der Nähe.

50 Bilder Fotostrecke | Irre bis durchgeknallt – total abgefahrenes Porsche 924 Projekt: In nur 50 Tagen von der Schnapsidee zum luftgekühlten Heckmotorprojekt #01 #02 Der Gesamtzustand des 924ers war einfach nur erbärmlich. Aber das sollte nicht weiter schlimm sein – gut erhaltene Modelle werden inzwischen zu respektablen Preisen gehandelt und hätten den Low-Budget-Charakter des Projekts stark gefährdet.

Am „Hausfrauenporsche“ wurde eifrig operiert

Neben umfangreichen Blechpartien wurde logischerweise der gesamte Antriebsstrang aus dem Wagen herausoperiert, genau wie der Tank und Teile des Bodens im Heck. Im Laufe der Zeit hatte sich an den kuriosesten Stellen Wasser in der Karosserie gesammelt. Holger murmelte währenddessen grinsend etwas von „Gewichtsersparnis“.

So wie es die Übergangsjacke gibt, bekam der 924 den „Übergangsmotor“

Das geplante Spendertriebwerk erwies sich aufgrund inneren Totalschadens als Rohrkrepierer. Schrauberkollege Paul erkannte das Potenzial des „Luftwerks“ genannten Projekts und stellte übergangsweise ein Triebwerk zur Verfügung, das im Plug´n´Play-Verfahren seiner Bestimmung zugeführt wurde. Über die technischen Daten zuckt Holger nur relativ ahnungslos mit den Schultern: „Ist halt ein Übergangsmotor.“ Käfer-Getriebe und (oh Wunder!) Käfer-Antriebswellen passten mit relativ simplen Anpassungsarbeiten in das vorher großzügig leergeräumte Heckabteil.

Getreu der Devise „was nicht passt, wird passend gemacht“ galt es natürlich, vormals luxuriös herausoperierte Blechteile wieder zu ersetzen. Mit mehreren Tafeln Karosserieblech, Spenglerwerkzeug und viel Geduld gelang auch diese Operation mit handgefertigten Puzzleteilen.

Zum 1. Mai soll er rollen

Die Deadline für das abgefahrene Projekt stand schon längst fest: Pünktlich zum 1. Mai sollte der „Luftwerks“ in Richtung Hannover rollen, und zwar bitteschön auf eigener Achse. Das knapp gesteckte Zeitfenster geriet mehrere Male etwas in Bedrängnis, unter anderem als es galt, die Fahrwerksfrage zu lösen. Vorne legen Tafel-Federn in Verbindung mit roten Konis die Fuhre tiefer. An der Hinterachse bewirkten verstellte Torsionsstäbe zunächst etwas zuviel des Guten, ein rasch zur Verfügung gestelltes Gewindefahrwerk schaffte aber höhenmäßig die Gratwanderung zwischen Genie und Fahrsinn.

Dortmund stimmte die Nankang-Hymne an

Der 5x112er Lochkreis der BRM-Felgen kollidierte zunächst mit dem Porsche-Lochkreis. Da Holger und Kai unbedingt die originale Bremse behalten wollten, entschlossen sie sich zu Adapterscheiben, anstelle einer Modifikation der Bremsanlage. Bei den Reifen war wieder einmal Nankang die erste Wahl. Mit 185/35er an der Vorderachse und 205/40er 17 Zöllern hinten war die Ehre des zurückhaltend auftragenden Gummis gerettet: Auch in Dortmund liebt man Nankang!

Der Bug-Tech Schalthebel mit seinen Schaltwegen im Mikrometerbereich erinnert ein wenig an den guten, alten Competition Pro Joystick alter Heimcomputer-Systeme a la Amiga und Atari.

Farblich auf das „RAL 9016“, umgangssprachlich auch „Verkehrsweiߓ genannt, lugt er wie ein Zepter in den ansonsten serienmäßigen Innenraum.

Safety for your ears!

Am Innenspiegel baumelt übrigens ein ganz alltägliches Utensil, will man den „Luftwerks“ auf längeren Strecken fahren: Ein blauer Gehörschutzbügel mit gelben Ohrstöpseln. „Der Wagen ist furchtbar laut. Der Motor sitzt ja gleich hinter dem Kopf, nur durch eine Makrolonscheibe und etwas Metall vom Fahrersitz getrennt!“, wirft Holger in den Raum, „ausserdem ist der Auspuff mitsamt A1 Endschalldämpfer nicht wirklich zur Geräuschreduzierung gedacht!“

Nachdem er in Hannover und beim Veteranentreffen in Hessisch-Oldendorf zahllose Köpfe verdreht hat, wurde der „Luftwerks“ von seinem neuen Besitzer abgeholt. Die Erbauer haben sich von Ihrer Schöpfung getrennt. Die Chancen, auf diesen radikal-rücksichtslosen Umbau in Deutschland jemals eine Zulassung zu bekommen, stehen relativ nahe bei Null. Und das erklärt auch das Kürzel „IBD“, das Holger so oft erwähnt: Irre bis durchgeknallt.

Fotos & Text: Igor Vucinic

Technische Daten zum luftgekühlten Porsche 924

Fahrzeugtyp: Porsche 924

Baujahr:1977

Motor: Typ1-Motor, 1600ccm Hubraum, ENGLE Typ-1 Nockenwelle, 40er Weber IDF Vergaser, CB Performance Ansaugstutzen, 123 Ignition Zündung

Leistung: ca. 80 PS

Kraftübertragung: Standard 1302 Getriebe

Auspuff: A1 Komplettauspuffanlage

Räder: 7x17 BRM-Felgen, Lochkreisadapter

Reifen: Nankang, vorne in 185/35 R17, hinten in 205/40 R17

Bremsen: Serie

Fahrwerk: Koni rot/Tafel Federn vorne, Torsionsstäbe hinten verstellt, Gewindefahrwerk, ca. 12cm Tieferlegung

Karosserie: Neulackierung in RAL 9016 „Verkehrsweiss“, Teile der Bodenpartie im Heck entfernt und zwecks Motoraufnahme modifiziert, Trennwand und Makrolonscheibe hinter den Rücksitzen, Käfer-Kraftstofftank zwischen den Vorderrädern, Hauben-Klemmspiegel aus den 50er Jahren

Innenraum: Serie, BugTech Shifter

ICE: Retro Mono-Radio aus einem 1302

2 Kommentare

  • Seat-Seb

    Seat-Seb

    Porsche + Heckmotor = PERFEKT
  • www.VW-Skoda.de

    Www.VW-Skoda.de

    Da bist du Sprachlos... es gibt Projekte da fragt man nicht nach Sinn und Verstand sondern ist froh das es Leute gibt die einfach nur verrückte Ideen haben UND UMSETZEN

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