Es macht vieles einfacher, wenn man ein Projekt nicht straßentauglich bauen muss. Frei von TÜV und Straßenverkehrsordnung lässt es sich hemmungslos schrauben, was der Markt so an Teilen hergibt. Und wenn am Ende dann so eine graue Rakete dabei herauskommt wie im Fall von Arne Graus Audi 80, dann kann einem auch egal sein, was der Prüfingenieur zu so einem Umbau sagen würde.
"TÜV sagt nein" - Der Spruch lässt Arne völlig kalt
Als dieser Audi 80 Quattro mit GTE-Ausstattungslinie eines Tages in einer Scheune verschwand, ahnte wohl niemand, dass es zwei Jahrzehnte dauern würde, bis er wieder das Licht erblicken dürfte. Mit „schlecht“ wäre der ranzige und rostige Zustand des 1986er Modells wohl noch schmeichelhaft umschrieben. Überall nagte der Rost, an ein Fahren war nicht mehr zu denken und das lag nicht nur am „zerrupften“ technischen Zustand des Wagens.
Kaum jemand hätte geglaubt, dass die einstige Rostlaube heute zu Bestzeiten fähig ist
Vom Wachküssen aus dem Dornröschenschlaf bis zur ersten Teilnahme an einem Rennen dauerte es laut Arne 360 Tage, also knapp ein Jahr. Doch so ein Projekt ist nie fertig, die Arbeit daran ist ein fortschreitender Prozess und so ist auch der aktuell dokumentierte Zustand bestenfalls eine Momentaufnahme auf einer Zeitleiste, die ihren Ursprung im Jahr 1986 hat.
Bi-Turbo extrem: Dem V8-Block wird mächtig eingeheizt
Unter der Haube thront das Kraftpaket, das diesen Audi bei Bedarf und entsprechender Gaspedalstellung mit 1200 PS und 1400 Newtonmetern Drehmoment nach vorne katapultiert. Die Basis bildet ein 3,6-Liter V8 Aggregat (Kennbuchstabe „PT“), das mit Mahle-Kolben und H-Schaft-Pleueln von Jemo Motorsport „gefüllt“ wurde. Dank der beiden verbauten X3C-Turbolader von Xona wird der „Big Block“ gehörig unter Druck gesetzt. Genauer gesagt, mit bis zu 3,1 Bar Ladedruck. Drei Pierburg E3L Benzinpumpen bemühen sich, den reaktionsfreudigen Sprit aus dem Spezialtank in Richtung der Brennräume zu befördern, wo das Gemisch mit Hilfe von TFSI-Spulen und entsprechenden Zündkerzen zur Explosion gebracht wird. Was bei dem Vorgang übrig bleibt, verlässt die Brennräume über zwei kurze Sidepipes, die kotflügelseitig verbaut sind.
Die Kraft muss auf die Straße
29 Bilder Fotostrecke | Der wilde 80er: Dieser Turbo-Audi ist wirklich ein „Big Toy for the Big Boy“ Ein 8HP65A Automatikgetriebe (bekannt unter anderem aus dem RS6, S8 und weiteren potenten Audi-Modellen) ist für die Kraftübertragung verantwortlich. An den Allrad-Achsen drehen sich 8x15 Zoll große Ronal „Urquattro“-Felgen, die für maximalen Grip mit Hoosier Drag Slicks bestückt worden sind.
An diesem Audi 80 blieb kein Teil mehr im Originalzustand
Das Fahrwerk ist eine Spezialanfertigung vom Klassiker-Experten Tobias Herrmann, während die Bremsanlage von einem Audi S2 entnommen wurde. Die gewichtsoptimierte Markolon-Verglasung gibt den Blick auf den von Rohren (klar, da Sicherheitszelle) und karger Leere dominiertem Innenraum. Ein Recaro-Fahrersitz blieb übrig. Wesentlich schicker steht dem Audi-(B)Renner das Sportquattro-Bodykit. Der Wagen wurde im Zuge des Umbaus aus einem Viertürer zum Zweitürer und GFK-Teile tragen ihren weiteren Teil zur Gewichtsreduktion bei. Standesgemäß trägt der Audi ein „nardograues“ Lackkleid, das er von „Mr. Paintbox“ aus Berlin aufgetragen bekam.
Die unendliche Geschichte ist erst 360 Tage alt - und hat noch viele unbeschriebene Seiten
Audi-mäßig ist Arne kein unbeschriebenes Blatt. Sein wunderschöner Audi V8 mit nachgerüstetem Turbo und über 500 PS bildet den optischen Gegenpol zu der grauen Rennsemmel, die wir hier zeigen. Die Erfahrungen, die er mit dem Projekt gesammelt hat, dürften sich auch beim Audi 80 ausgezahlt haben. Und wenn 1200 PS ein Benchmark auf der langen To-Do-Liste sind, wo mag die Reise dann noch hingehen?
Technische Daten
Fahrzeugtyp: Audi 80 Quattro GTE
Baujahr: 1986
Motor: Audi 3,6-Liter V8 32V („PT“) aus dem Audi V8 D11, Mahle Motorsport Kolben, H-Schaft-Pleuel von Jemo Motorsport, Kopfbearbeitung, Verdichtung 8,0:1, zwei Xona-Turbolader 7164s, Eigenbau Ansaugbrücke, TFSI-Spulen, Treadstone Ladeluftkühler, drei Pierburg E3L Benzinpumpen, ECU von MaxxEcu, TCU HTG
Leistung: 1200 PS bei 3 Bar Ladedruck
Auspuff: Eigenbau Rohrkrümmer, beidseitige Sidepipes
Kraftübertragung: 8HP65A Audi 8-Gang-Automatik aus RS4 B9
Räder: Ronal R8 Urquattro Felgen in 8x15 ET25
Reifen: Hoosier DragSlicks in 26/10/15
Bremsen: Audi S2
Fahrwerk: Sonderanfertigung von Tobias Herrmann (Classic Herrmann), Antriebswellen speziell angefertigt, Rohr-Achsen und Rohr-Querlenker baugleich mit S1 E2 Rallye Quattro
Karosserie: restauriert, von 4- auf 2-Türer umgebaut, Haube, Kotflügel, Seitenteile, Türen, Heckklappe aus GFK, Sportquattro Bodykit, Vollzelle, LED-Scheinwerfer, Makrolon Verglasung, Neulackierung in Audi Nardograu durch Mr. Paintbox
Innenraum: 1x Recaro SPG XL Sitz, Tablet als Instrumentenanzeige, CAN Keypad
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