Mit 9 mm und wenig Kilometern

1952er VW „Captain“ Käfer wieder auferstanden

Mit 9 mm und wenig Kilometern: 1952er VW „Captain“ Käfer wieder auferstanden
Erstellt am 15. Februar 2018

Normalerweise zeigen wir Euch an dieser Stelle ein „Auto der Woche“ mit mehr oder weniger heftigem Karosserie- oder Motortuning. Fahrwerke, die das Fahrzeug auf den Boden legen, Auspuffanlagen aus der Hölle und so weiter. Dieses Mal machen wir eine Ausnahme. Der 1952er VW Käfer von Håkon Andrè Solberg aus Norwegen hat eine Vorgeschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.

Munition im Restaurationsobjekt

Als der VW-Fan aus dem Ort Lier, der rund eine halbe Autostunde von Oslo entfernt liegt, den Wagen kaufte, startete er sofort mit einer dezenten Restauration: „Aber nur, um den Originalzustand zu und so viel wie möglich von der Patina zu erhalten!“ Angesichts des interessant guten Zustands weckte der Wagen die Neugier seines Besitzers, der daraufhin mit der Recherche begann. „Wir fanden scharfe 9mm-Pistolenmunition im Käfer“, erinnert sich Håkon. Wenn der Erstbesitzer ein Mitglied der schwedischen Armee ist, kann so etwas schon mal vorkommen.

Vorgeschichte unter die Lupe genommen

Der Wagen verließ das Volkswagen-Werk in Wolfsburg am 13. September 1952 und wurde vom Unternehmen Scania Vabis aus Södertalje nach Schweden importiert. Nur zehn Tage stand er beim Stockholmer Händler Henriksons bil AB und ersetzte als Neuanschaffung den 1949er VW Käfer von Captain Frans Boog vom Westernorrlands Regiment in Härnösand und Sollefteå.

Dank Korrosionsvorsorge steht der Käfer auch mit 65 noch topfit da

41 Bilder Fotostrecke | Mit 9 mm und wenig Kilometern: 1952er VW „Captain“ Käfer wieder auferstanden #01 #02 „Der Militärdienst lehrte den Captain, pfleglich und sorgsam mit seinem Besitz umzugehen“, fährt Håkon fort, „das Auto wurde zweimal im Jahr poliert, Sitzbezüge eingebaut und der Unterboden zur Korrosionsvorsorge einmal jährlich mit Öl eingeschmiert.“ Nach etlichen Jahren treuer Dienste gab der Captain den Käfer bei Bil Nordlund AB in Härnösand gegen einen VW 1500 in Zahlung. Der Händler verkaufte das Auto nicht etwa weiter, sondern behielt ihn als Ausstellungsfahrzeug mit geringem Kilometerstand und aufgrund seines tollen Zustands im Showroom.

Im Jahr 1964 in den Vorruhestand verabschiedet - 2007 reaktiviert 

„Die Steuerplakette von 1964 zeigt, dass der Wagen nach diesem Jahr nicht mehr bewegt wurde“, erklärt der Besitzer und Sammler historischer Automobile, „ich bin der zweite Besitzer, der ihn auch wirklich fährt.“ Nach ein paar Jahren im Schaufenster lagerte man den Käfer in einer Halle des Unternehmens in Älandsbro ein. 1969 wurden die Nummernschilder entfernt, die Firma wechselte mehrmals den Besitzer und vielleicht stünde der „Captain Beetle“ noch heute dort, wäre 1985 nicht das Hallendach eingestürzt und hätte das Dach des Wagens beschädigt. Nachdem er durch mehrere Hände gegangen war, ohne ihn jemals ernsthaft gefahren zu haben, landete der Wagen schließlich in Norwegen und 2007 schließlich bei seinem heutigen Besitzer Håkon. Der bereitete den 1952er Käfer auf und achtete penibel darauf, Schrauben und Befestigungsmaterial, wo möglich, nach einer Reinigung wieder zu verwenden.

Respekt: Über 1.000 Kilometer von Norwegen nach Hessisch Oldendorf zurückgelegt

„Wir wissen nicht, ob der Erstbesitzer aus Sicherheitsgründen bewaffnet im Auto fuhr, oder ob es sich dabei nur um Überbleibsel eines der zahlreichen Besuche am Schießstand handelt“, fährt Håkon fort, „jedenfalls war der Wagen mit den Patronen an Bord für so manche Überraschung gut.“ Die Recherche in Foren und im Internet brachte Håkon schließlich zur Tochter des damaligen Besitzers, Captain Frans Boog. Sie überreichte ihm Teile der damaligen Militäruniform und seinen alten Führerschein: „So fährt der Captain im Geiste immer mit.“ Und dass der Brezelfenster-Käfer trotz seines gehobenen Alters von 65 Jahren (ein Mensch wäre somit im Rentenalter oder zumindest nahe dran) noch lange nicht an den Ruhestand denkt, beweisen Trips wie die über 1.000 Kilometer lange Reise aus Norwegen zum Uralt-Käfertreffen nach Hessisch-Oldendorf im Sommer vergangenen Jahres. Auf eigener Achse, versteht sich. Wenn der „Captain“ das sehen könnte, er wäre wohl sehr stolz auf seinen unzerstörbaren Krabbler.

Der originale Führerschein des Captains fährt jetzt immer im Käfer mit

Håkon Andrè Solberg

Technische Daten

Fahrzeugtyp: VW 1200, Type 1

Baujahr: 09/1952

Motor: 1200 ccm, 30 PS, guter Zustand, original VW Auspuff

Getriebe: Serie

Bremsen: original

Räder: originale Stahlfelgen in 3.00 x 16 Zoll

Reifen: 16 Zoll Diagonalreifen in 5.00 Zoll Breite

Fahrwerk: original

Karosserie: teilrestauriert, Dach in 1987 erneuert, sandbeige

Innenraum: weitgehend im Originalzustand

 

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