Zwei VW-Designerinnen erklären die Macht der Farbe

Das sind die aktuellen Trend-Farben im Fahrzeugbau

Zwei VW-Designerinnen erklären die Macht der Farbe: Das sind die aktuellen Trend-Farben im Fahrzeugbau
Erstellt am 27. März 2017

„Auf dieses Gelb haben wir lange gewartet!“ Vorsichtig schiebt Astrid Göring ein Schälchen mit dem Gewürz Kurkuma beiseite, um Platz zu machen für das sogenannte „Moodboard“. Diese Schautafel zeigt unterschiedliche Gelbtöne. „Diese Beispiele nutzen wir als Grundlage für das erste Gespräch mit dem Lacklieferanten. Dabei müssen wir ihm unsere Vorstellung vom finalen Farbton vermitteln, z. B. mit feinem Charakter oder mit lebhaftem Funkeln, sobald die Sonne darauf scheint.“, erklärt Astrid Göring.

Sie ist bei Volkswagen für das Farbdesign der Kompaktklasse zuständig. Dazu gehört unter anderem der Golf. „Kurkumagelb Metallic“ heißt eine der neuen Trendfarben, die die gebürtige Hamburgerin für den neuen Golf entwickelt hat. „So ein lebendiges Gelb wie Kurkuma wäre vor zwölf Jahren technisch noch nicht möglich gewesen. Aber bei der Zusammensetzung der Farbpigmente hat sich einiges getan. Jetzt können wir es endlich anbieten.“, freut sich Görings Kollegin, Susanne Gerken. Gemeinsam arbeiten die Designerinnen in der sogenannten „Color und Trim“-Abteilung. Hier entwickeln die Kreativen ihre Konzepte: Farben, Stoffe und Materialien für die verschiedenen Modellgruppen.

Die Qual der Wahl im Innenraum

Die Mitarbeiter entscheiden über Farbe und Material von allen Flächen, die von den Interieur- und Exterieur-Designern gestaltet wurden. Für den Innenraum bedeutet das die Qual der Wahl: Lederqualitäten, Stoffsorten und auch Holz, Aluminium oder Lack für Dekorleisten müssen ausgewählt werden. Außerdem gehört natürlich die Farbauswahl für die Außenhülle dazu, inklusive der Felgen. Und das für alle Modelle und 150 Märkte von Volkswagen. Für diese komplexe Aufgabe können sie aus einem Spektrum von rund 80 unterschiedlichen Außenfarben wählen. Und Lack ist nicht gleich Lack. Es gibt ihn als Uni-Variante, mit Metallic- oder Perlmutteffekt. Darunter sind Klassiker wie Tornadorot, Pure White oder das coole Oryxweiß.

Mit dieser großen Auswahl an Farben und Materialien trägt man dem Individualisierungswunsch der Kunden Rechnung. Dabei ist die Auswahl nicht mehr auf die Farbe der Karosserie beschränkt. Beispielsweise kann der Kunde am VW up! aus mehreren Kombinationen wählen und zusätzlich die Farbe der Außenspiegel, der Räder und des Daches entscheiden.

Rosige Zukunft für alle Grüntöne

Jährlich entwickeln die Designer neue Trendfarben. Neben „Kurkumagelb Metallic“ heißen die aktuellen Trendsetter „Atlantic Blue Metallic“ oder „Bottle Green Metallic“. Grüntöne insgesamt - von Moosgrün über Flaschengrün bis Viperngrün - sehen Gerken und Göring als neue Trendfarben. „Grün war für Volkswagen nie eine wichtige Farbe. Das hat sich geändert. „Farben stigmatisieren nicht mehr.“, prognostiziert Gerken der ehemals als Jägergrün verspotteten Farbe eine rosige Zukunft.

Bevor aber eine neue Farbe angeboten wird, vergehen mindestens zwei Jahre vom ersten Entwurf bis zum fertigen Lack. Daher müssen die Designer mental quasi in der Zukunft leben. Inspiration findet Astrid Göring überall: „Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt: Wie weit geht das Spektrum eines dramatischen Herbsthimmels? Welches Licht- und Schattenspiel bietet eine neue Glasfassade? Oder ich sortiere Knöpfe in einer Schachtel und denke: Die drei lassen sich toll kombinieren!“

Wir wollen unsere Autos nicht verkleiden

Manche Farben können die Formgebung eines Fahrzeugs verstärken. Andere können die Formgebung aber auch schwächen oder komplett ruinieren. Allerdings zeigt erst die Kombination von Farben mit den passenden Materialien im Innenraum, ob das Gesamtpaket seine Wirkung entfaltet. „Wir wollen unsere Autos nicht verkleiden, sondern perfektionieren.“, erklärt Textildesignerin Gerken. Farbe ist ein hochkomplexes Industrieprodukt und daher eine Diva. „Am Schluss des Entwicklungsprozesse können wir an der Farbe nichts mehr ändern. Beim Sitzbezug kann man das Nähgarn nochmal wechseln.“, erklärt Astrid Göring die Herausforderung für alle Beteiligten.

Nicht jede Farbe passt zu jedem Modell

Zur Ausstrahlung von up! und Beetle passen Unifarben ohne aufwendige Metallic-Effekte. Der Farbton „Denim Blue“ unterstützt die Formgebung des Beetle. Für die größeren Fahrzeuge würde dieser Farbton nicht in Frage kommen: Das Hellblau würde die großen Flächen des Touareg komplett neutralisieren. „Das würde dann wie ein fahrender Legostein wirken.“, schmunzelt Göring.

Maximale Strapazen für einen zehntel Millimeter

Doch nicht nur die optische Anmutung muss passen, auch die chemische und technische Zusammensetzung des Lacks muss passen. Niederschlag, UV-Strahlung sowie Hitze und Kälte sind nur die wichtigsten klimatische Belastungen für das Fabkleid eines Wagens. Außerdem müssen die Lacke auf unterschiedlichem Blech und Kunststoff identisch wirken. Deshalb folgt die komplette Lackierung der Karosse, mit allen Türen und Klappen als wichtiger, zweiter Schritt, direkt nach dem Karosseriebau.

Roboter bringen den Lack schichtweise auf das frische Blech. Während der Veredlung und Lackierung legen die Karosserien auf Förderbändern rund sechs Kilometer zurück. Erst wenn alle Schichten aufgetragen wurden, bekommt der Lack seine Qualität. Die fünf Schichten messen insgesamt gerade mal einen zehntel Milimeter – das entspricht der Dicke eines menschlichen Haares. Nur der Lack, der sich selbst repariert und reinigt, der müsste noch erfunden werden.", lachen Astrid Göring und Susanne Gerken. 41 Bilder Fotostrecke | Das sind die aktuellen Trend-Farben im Fahrzeugbau: Zwei VW-Designerinnen erklären die Macht der Farbe #01 #02

1 Kommentar

  • Peter

    Peter

    Das grün sieht aus wie "Dragon Green Perleffekt" vom Dreier und das Gold sieht aus wie das "Futuragelb Metallic" vom Golf 4.

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