Das Klima wird für die einheimische Automobilindustrie zunehmend rauer und ungemütlicher. Mit dem Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zu zum E-Antrieb haben chinesische Hersteller bereits heute gewaltige Entwicklungssprünge hingelegt. Wie groß das Knowhow aus Fernost ist, haben wir anhand des Aiways U5 erfahren. Dabei dürfte vor allem der Kaufpreis für viele interessant sein und einen Großteil der Attraktivität ausmachen.
Der Preis ist heiß
So liegt der von uns gefahrene Testwagen mit Vollausstattung bei einem Endpreis von 43.470 € (Stand 09/2023) ohne Berücksichtigung der Umweltprämie. Zieht man davon dann noch den Umweltbonus ab, sinkt der Preis auf unter die 40.000 Euro-Marke, eine Summe, mit der einheimische Hersteller nicht ansatzweise mithalten können.
Ein vergleichbar großer Basis-ID.4 steht aktuell mit 40,335 € im VW-Konfigurator, allerdings als nacktes Basismodell mit Stahlfelgen und Stoffsitzen. Dagegen findet man im Aiways U5 alles, was man von einem modernen Auto im Jahr 2023 erwartet, allem voran eine Innenraum-Qualität, die im VW-Konzern erst im Audi-Regal zu finden ist. Egal ob Armaturenbrett, Türtafeln oder Sitze, der komplette Innenraum ist im Aiways in weiches Leder gehüllt. Dabei sind die Nähte sauber und akkurat ausgeführt, die Spaltmaße klein und gleichmäßig, sodass einem schon bei der Sitzprobe kurz die Sprache weg bleibt, und man den ersten Eindruck auf sich wirken lassen muss.
Sicher nur Zufall
Beim Antrieb gehen die Aiways-Ingenieure keine Experimente ein. Schaut man sich die nackten technischen Daten an, kommt unweigerlich der Eindruck einer Kooperation zwischen Aiways und Volkswagen auf, die es aber offiziell nicht gibt. Beide Hersteller liefern einen Heckmotor an der Hinterachse und beide Antriebe bringen es auf eine Motorleistung von 150 kW (204 PS) und 310 Nm Drehmoment. Sicher nicht mehr als ein Zufall.
Freund der sanften Gangart
In 7,5 Sekunden geht’s im Aiways U5 auf 100 km/h. Dank des linearen Drehmoments fühlt sich die Beschleunigung recht spritzig, aber nicht all zu schnell an. Die Fahrzeugmasse von mindestens 1.720 kg – davon entfallen 370 kg auf die Batterie – muss schließlich irgendwie bewegt werden. Fahrdynamisch profitiert der U5 enorm vom tiefen Schwerpunkt, der durch die im Unterboden verbauten Batterie erreicht wird, die eine Aiways-Eigenentwicklung und mit 24 Batteriemodulen von CATL bestückt ist. Erst wenn man es in schnellen Kurven übertreibt, kommt das neutral ausgelegte Fahrwerk mit seiner MacPherson-Einzelaufhängung vorn und der Mehrlenker-Hinterachse mit quietschenden Reifen hörbar an seine Grenzen, was im Falle des Testwagens aber auch auf die montierten Winterreifen zurückzuführen war.
47 Bilder Fotostrecke | Vor diesem China-SUV müssen deutsche Hersteller zittern: Die Bilder zum 2023er Aiways U5 Ohnehin ist der U5 eher ein Vertreter der gediegenen Fortbewegung. Mit seinem auf Komfort ausgelegten Fahrwerk zeigt er sich auf schlechten Straßen von seiner sanften und sehr komfortablen Seite. Die wiederum passt zum üppig ausgestatten Innenraum ohnehin viel besser. Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Tacho. Digitale Anzeigen sind schon länger Stand der Technik, der U5 besitzt jedoch kein großes Display, sondern es sind drei einzelne Anzeigen integriert. Die wichtigsten Informationen lassen sich gut auf dem zentralen Monitor ablesen, Zusatzinfos gibt´s auf den beiden kleineren Anzeigen rechts und links davon. Als Headunit kommt ein 12,3 Zoll großes Display zum Einsatz, dessen Menütiefe recht überschaubar ist. Wer eine Navigationsfunktion haben will, muss auf Apple-Carplay oder Android-Auto zurückgreifen. Im Betriebssystem des U5 ist keine Routenberechnung vorgesehen.
Ladeleistung und Reichweite
Gut 400 Kilometer Reichweite verspricht Aiways mit der 63-kWh-Batterie, ein Wert, den wir während unserer Testphase leider nicht geschafft haben. Trotz deaktivierter Heizung und eine auf maximale Reichweite angepasste Fahrweise war der Akku meist nach 280 Kilometern leer.
Weitere Details dazu verraten wir dir im Video
Geladen wird der U5 via CCS und Typ 2-Stecker. Den Ladeanschluss dafür haben die Techniker gekonnt im vorderen linken Lüftungsgitter des Frontstoßfängers versteckt. Mit maximal 90 kW fließt die Energie beim Schnellladen in den Akku, ein Wert, der während unserer Testfahrt zwar erreicht wurde, aber leider nur unter ganz individuellen Umständen. Im Durchschnitt lag die Ladeleistung meist bei rund 50 kW. Fahrzeuge ab dem Modelljahr 2023 laden via Typ 2 mit 11 kW, ältere U5 nur mit 6,6 kW.
Insgesamt ist mit Aiways ein ernst zunehmender Konkurrent auf den Markt gekommen, vor dem die vermeintlichen Platzhirsche durchaus Respekt haben sollten. Besonders was in Sachen Ausstattung, Materialqualität und Verarbeitung zu dem Preis abgeliefert wird, ist mehr als beeindruckend und setzt die Mitbewerber gewaltig unter Druck.
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