Eine Frage des Charakters – das VW Beetle Cabriolet (2013)

Erste Ausfahrt im neuen VW Beetle Cabrio

Eine Frage des Charakters – das VW Beetle Cabriolet (2013): Erste Ausfahrt im neuen VW Beetle Cabrio
Erstellt am 27. Februar 2013

Man darf sich nicht von Surfbrettern, Strandszenerien und all den anderen Marketingwinkelzügen blenden lassen. Denn auch wenn VW das neue Beetle Cabrio damit bewirbt, ist eins nicht zu übersehen: Es ist ein echter Volkswagen. Da kann man noch so viele Bikinis in die Werbung packen, echte und künstliche Sonnen in die Bilder einfügen – die technische Makellosigkeit, die sachliche Nüchternheit und der über allem stehende Vernunftgedanke lässt sich nicht wegdiskutieren.

Das Verdeck zum Beispiel. Aus Stoff zwar, aber mehrlagig und damit praktisch genauso gut gegen die Außenwelt abgeschirmt wie eine Blechdach-Konstruktion. Dazu faltet es sich in unter zehn Sekunden hinter die Sitze und das bei bis zu 50km/h. Allein die Tatsache, dass man diese Zeit bei VW auf die Hundertstelsekunde kennt, macht deutlich, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde.

Willkommen Zuhause!

Alles fühlt sich direkt vertraut an. Die Sitzposition, das Lenkrad, die Instrumentierung und alle sonstigen Bedienelemente. Klar, der Tachometer wurde bewusst überdimensioniert um die Brücke zum Käfer zu schlagen, es gibt ein zweites Handschuhfach das sich im in Außenfarbe lackierten Armaturenbrett versteckt und ebenfalls an den Vorgänger erinnern soll – aber sonst war es das auch schon mit den Freiheiten, die man bei der Konstruktion gehabt zu haben schien.

“1400er“ Beetle Cabrio

Vor allem aber fühlt sich der Vortrieb nie wirklich nach Maximalausschlag der Zusatzinstrumente auf dem Armaturenbrett an. Die 160 PS des 1400er- TSI galoppieren im Beetle-Cabrio mit angezogener Handbremse. Was vor allem an seinen geregelten Umgangsformen liegt. Da jault kein Kompressor, da schnaubt kein Turbolader und aus dem Auspuff weht auch nur ein laues Lüftchen.

Selbst bei hoher Drehzahl hört man kaum etwas vom konstruktiv hochinteressanten Motor. Das ist zwar schade, aber eigentlich war es klar. Und so sind es dann auch die Details wie die Klimaautomatik, die bei geringen Außentemperaturen sofort eine warme Temperatur und entsprechende Luftverteilung einregelt, sobald man das Dach öffnet und zudem gleich noch die Sitzheizung anwirft.

Der Beetle ist auch als Cabrio ein echter VW

Natürlich, das ist nett und zuvorkommend – vielleicht aber auch ein wenig übereifrig. Wenn das Thermometer einstellige Werte zählt und ich das Verdeck öffne, dann sollte mir klar sein, dass es kalt wird. Genau wie mir klar ist, dass ich früh in den nächsthöheren Gang schalten muss, wenn ich Kraftstoff sparen will. Oder nicht bei 100km/h das Dach betätigen kann. Aber der Beetle zeigt Dir all das an. Er kann nicht anders, er muss es. Es sind die gleichen Steuergeräte, die gleichen Displays und die gleichen Lastenhefte, wie in den anderen Modelle des VW-Baukastens. Der Beetle kann da keine Ausnahme machen.

Im Käfer bist Du der Chef

Und das ist der Grund, warum der Käfer das feinere Auto ist. Weil er schlecht anspringt wenn er heiß ist, weil es auch mit geschlossenem Dach im Auto zieht, weil man beim Bremsen beide Füße und ein bisschen Glück braucht und weil er hemmungslos viel Kraftstoff verbraucht. Aber das alles ist egal. Weil es Spaß macht. Weil es Dich zum Lachen bringt. Wie es knattert, spratzt, pfeift und schaukelt. Du kurbelst wie ein Weltmeister am nicht-servounterstützten Lenkrad, drehst den kleinen 1600er-Boxer hart in den Drehzahlgipfel und bist trotzdem ganz normal der Letzte.

Doch das interessiert Dich nicht. Es geht um Gefühl. Ums Erlebnis. Ums Machen. Der Beetle hat alles für Dich im Griff. Nichts passiert ohne dass er es vorher schon geplant oder vorbereitet hätte. Im Käfer bist Du der Chef. Wenn es beim Einparken knirscht, dann bist Du eben zu weit gefahren. Wenn Du bei offenem Dach frierst, dann bist Du eben ein Weichei und wenn Du keine Ahnung hast wo sich Deine Zieladresse befindet, dann fragst Du eben den nächstbesten Passanten.

Und er wird Dir freudig Auskunft geben. Denn der Käfer ist ein Charmeur. Ein Auto mit Charakter. Gerade weil er eben nicht perfekt ist. Weil er Ecken und Kanten hat und es genau diese Details sind, die wir gern haben. Er ist kein glattgeföhntes, bis zum Exzess durchkonstruiertes Produkt. Er ist unzulänglich und das ist gut so. Natürlich gilt das nicht nur für den Käfer, sondern praktisch für alle alten Autos. Ihr Reiz ist ihre Unvollkommenheit. Denn dafür ist heute kein Platz mehr in der automobilen Welt. Ein Auto muss perfekt sein. Man kann sich keine Schwächen erlauben, darf nicht nur der Zielgruppe entsprechen, sondern am besten gleich allen. Muss in allen Details selbst dem penibelsten Kritiker standhalten.

Dach runter und treiben lassen…

Weshalb das Beetle Cabriolet eigentlich ein gutes Auto ist. Ein makelloses zwar, ganz im Sinne des Konzerns, aber doch irgendwie ein fröhliches – wenn man die richtige Version nimmt. Das fängt bei der Farbe an: knallig muss es sein, tornadorot, saturn-yellow oder denim-blue. Auf keinen Fall silber oder schwarz.

Dazu die unfassbar coolen 18-Zoll „Disc“-Felgen. Sicher schwer sauber zu halten, aber wenn sich der Sonnenuntergang im Chrom spiegelt, dann ist alle Mühe vergessen. Das Fender-Soundsystem muss auch sein. Und der 1.2er TSI. Seine 105PS reichen vollkommen aus, ein Beetle ist kein Rennwagen, das Cabriolet schon gar nicht. Dach runter und treiben lassen, das kann er am besten. Und der leicht raue Ton des Zweiventilers bringt dann sogar noch ein wenig Stimmung ins Spiel. Charakter eben. Denn das ist es, was wir bei Autos mögen. Oder?

Weitere Bilder findet Ihr in der Galerie.

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