Dr. Ulrich Hackenberg im VAU-MAX.de Interview

Volkswagen auf dem Weg zum grünen Autobauer?

Dr. Ulrich Hackenberg im VAU-MAX.de Interview: Volkswagen auf dem Weg zum grünen Autobauer?
Erstellt am 11. September 2009

Die IAA steht unmittelbar vor der Tür und auch Volkswagen wird in diesem Jahr seine grünen Technologien in den Vordergrund stellen. VAU-MAX.de Redakteur Tim Westermann hatte die Chance Dr. Ulrich Hackenberg, Mitglied des Markenvorstands Volkswagen,

Geschäftsbereich “Entwicklung“ genauer nach der zukünftigen Highlights in Sachen Antriebe und der Ausrichtung der Marke zu befragen.

Ferdinand Piëch sagte in den 1980er Jahren: „Große Hubräume sterben in der Krise besonders schnell.“ Eine Prophezeiung des Downsizings und der TSI-Technologie?



VW hat das Thema Downsizing schon sehr früh spezifisch betrieben. Darum haben wir hier sicherlich einen Vorsprung. Downsizing macht aber nur Sinn in Verbindung mit Aufladetechniken. Wir sind sehr erfolgreich mit dem 1,4-Liter Twincharger. Dieser Motor wird weiterentwickelt. Auch der neue 1,2-Liter TFSI führt diesen Weg konsequent fort.

Wird Europas Nummer Eins in Frankfurt wie in Genf die Blaue Bewegung in den Mittelpunkt stellen?



Volkswagen wird die Themen „Umwelt“ und „umweltfreundliche Antriebstechnologien“ in den Mittelpunkt stellen. Wir werden den Zweitürer-Polo präsentieren, auch als BlueMotion. Außerdem werden wir ein Niedrigstverbrauch-Auto zeigen, das sehr interessant sein wird. Weiterhin wird das Thema E-Traktion eine große Rolle spielen.

VW wird den Touareg-Nachfolger präsentieren

Viele Marken sind im VW-Konzern. Wie wird die Entwicklungsarbeit aufgeteilt?



Die Konzernmarken arbeiten intensiv zusammen. So werden Porsche und VW in Detroit zwei Hybridfahrzeuge vorstellen. VW wird den Touareg-Nachfolger präsentieren.

Alternative Antriebsformen werden auf der IAA bei Volkswagen im Mittelpunkt stehen. Wie vermarkten sie Blue Motion international?



BlueMotionTechnolgies ist ein Baukasten, aus dem wir uns je nach Marktlage bedienen und den wir kontinuierlich mit neuen Technologien füllen. In manchen Ländern gibt es keinen Diesel-Kraftstoff. Dort können wir dann mit unseren TSI-Motoren punkten. Diese lassen sich wiederum mit BlueMotionTechnology-Komponenten kombinieren. Zusätzlich fahren wir mit sogenannten Leuchtturmprojekten. Das sind Fahrzeuge wie beispielsweise der erste Polo BlueMotion.

Welche Antriebsform interessiert Sie besonders, und welche Form hat für Sie das größte Entwicklungspotenzial?



Unsere TSI und TDI-Motoren in Kombination mit unserer Getriebetechnik, im besonderen DSG, sind ein ganz spezielles Paket. Wenn man das mit einer Elektrifizierung der Verbrennungsmotoren weiter kombiniert, sind wir auf dem richtigen Weg. Es gibt viele Entwicklungsmöglichkeiten, die in die kommende Fahrzeuggeneration hinein noch einmal deutliche Steigerungen in Richtung Verbrauchsreduzierung bringen werden.

Inwiefern folgt das Design den technischen Notwendigkeiten und wo ist es umgekehrt?



Weil es die Kompetenzkette ermöglicht, die Wünsche und Ideen der Designer effizient umzusetzen, ist die Kooperation zwischen Design und Technik sehr konstruktiv und zielführend: Unsere Fertigungstechniker entwickeln dann die entsprechenden Werkzeuge. Die gesamte kreative Wertschöpfungskette liegt also bei uns. Darum sind die Volkswagen-Produkte mit ihrem qualitativen Erscheinungsbild dem Wettbewerb überlegen.

Gibt es innerhalb der VW-Marken Konkurrenzdenken?



Natürlich gibt es auch ein positives Konkurrenzdenken. Die Marken messen sich gegenseitig im Konzern-Verbund. Letztendlich entwickelt die eine Marke für die andere mit. So entsteht aus vielen Einzelkompetenzen eine Gesamtkompetenz. Das ist in meinen Augen ziemlich einzigartig.

VW-Konzern trägt viele Kompetenzen auf allen Gebieten

Was macht VWs einzigartige Technische Entwicklung dann besser als die der Mitbewerber?



Der VW-Konzern trägt viele Kompetenzen auf allen Gebieten des Automobilwesens zusammen. Alle zehn stolzen Marken haben ein hohes Eigenverständnis, arbeiten aber auch sehr gut zusammen. Das Wissen aller Marken wird synergetisch zusammengefasst und ergibt die Kompetenz des gesamten VW-Konzerns. Das macht uns einzigartig.

Haben Sie ein Lieblingsauto aus der Modellpalette des Konzerns?



Mein Lieblingsmodell ist immer das, mit dem ich mich gerade am meisten beschäftige. Ich nutze privat auch Fahrzeuge, die für die Entwicklung des aktuellen Modells wichtig sind. Das können auch Konkurrenzprodukte sein.

Welches ist das augenblickliche Fahrzeug?



Im Augenblick ist der Polo noch ganz dominant im Kopf, das nächste wird der Touareg sein. Das wichtigste Fahrzeug der kommenden Generation wird der nächste Golf sein.

Der Audi A4 war für mich ein Meilenstein!

Welches Auto war der Meilenstein für Sie?



Ein Meilenstein ist immer das erste Auto, für das man Verantwortung getragen hat. In meinem Fall war das der Audi A4 (1994). Es war das erste Fahrzeug, bei dem ich eine umfassende Verantwortung hatte. Aber ich könnte eine Menge weiterer Modelle aufzählen.

1,0-Liter TSI-Motor mit 200 PS

Wie stehen Sie zur These: Ein 1,0-Liter TSI-Motor mit 200 PS kann nicht sonderlich lange halten? Schauen sie sich auch Motorrad-Aggregate an?



Man kann einiges aus Motorradmotoren lernen, aber sie haben ganz andere Anforderungen. Sie haben ganz andere Drehzahlbänder und sind in der Regel nicht aufgeladen. Höhere Drehzahlniveaus brauchen wir nicht, wenn wir aufgeladene Motoren haben. Als begeisterter Motorradfahrer schaut man sich diese Motoren dennoch besonders gerne an.

Ferdinand Piech hat es damals mit dem Einliter-Auto vorgemacht

Die Zukunft des Automobils – Stichwort „Werkstoffe“ und „cw-Werte“. Ferdinand Piëch definierte den Pinguin einst als Geschöpf mit der besten Anpassung an seine Umwelt. Werden die Autos künftig anders aussehen als bisher?



Ferdinand Piech hat es damals mit dem Einliter-Auto vorgemacht. Das war ein sehr stromlinienförmiges Fahrzeug. Wir werden dieses Thema aufgreifen und mit angepassten Konzepten auftreten. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Reduzierung des Luft- und Fahrwiderstandes bei den ganz normalen Serienfahrzeugen an vorderster Stelle steht.

Wie wollen Sie das umsetzen und die Autos weiterhin attraktiv für den Kunden halten?



Man kann das Thema so spielen, dass man den Autos ansieht, dass sie auf Verbrauchsoptimierung ausgelegt sind. Sie sehen das auf dem Markt bei manchen Hybridfahrzeugen. Ihre angepasste Fahrzeugsilhouette ist erkennbar, bringt aber Nachteile für den Kunden. So zum Beispiel große Fensterflächen, was sehr viel Sonneneinstrahlung zur Folge hat.

Wo liegt dann der Schlüssel zum Erfolg?



Eine Form muss ansprechend, sportlich, schön und nützlich für den Kunden sein. Das ist der Weg, den wir bei unseren Großserienfahrzeugen gehen. Diese Autos sind von der Aerodynamik ausgefeilt, aber nicht dominiert. So wird die Grundform der Karosserie davon nicht dominant beeinflusst.

Eine Aluminium-Karosserie allein bringt 150 Kilogramm Gewichtseinsparung

Wie viel Gewicht sparen Sie künftig ein?



Eine Aluminium-Karosserie bringt ungefähr 150 Kilogramm Gewichtseinsparung im Vergleich zu konventioneller Stahlbauweise. Audi ist auf diesem Gebiet im Konzern führend. Wir arbeiten jedoch auch fortschrittlich mit Stahlsorten die Gewichtsreduzierungen bis zu 60 Kilo zulassen.

Welches technische Detail würden Sie an künftigen Modellen am liebsten weglassen?



Das Reserverad – und das machen wir teilweise auch schon. Es ist schwer und nimmt Platz weg. Außerdem mag ich es nicht nutzen, denn jedesmal wenn ich es nutzen müsste, würde ich mich ärgern. Am liebsten ist mir eine Technologie, die ein Reserverad gar nicht erst notwendig macht.

Man muß vorausschauen und sich überlegen, wie man die Zukunft gestalten will.

Der Golf 6 ist ein absolutes Erfolgsmodell. Wo kann der Golf 7 noch besser werden?



Man braucht einen gewissen Zeitraum, in dem der Kunde sich das Auto anschaut. Wenn wir ein neues Fahrzeug wie zum Beispiel den Golf VI auf den Markt bringen, beobachten wir sehr genau, wie der Kunde das Fahrzeug annimmt und analysieren Stärken und Verbesserungspotenziale im Wettbewerbsvergleich. Dann wird der Markt und das Umfeld eines Fahrzeuges hinsichtlich der Zukunft beobachtet. Wir reden hier von Generationssprüngen von 5 bis 7 Jahren. Man muß vorausschauen und sich überlegen, wie man die Zukunft gestalten will und sich Szenarien zurechtlegen, um auf aktuelle Entwicklungen entsprechend reagieren zu können.

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