Dieser Porsche ist schneller als die Formel 1

Porsche 919 Hybrid Evo – Ohne Reglement von der Leine gelassen

Dieser Porsche ist schneller als die Formel 1: Porsche 919 Hybrid Evo – Ohne Reglement von der Leine gelassen
Erstellt am 11. April 2018

Wie schnell das Porsche Le-Mans-Siegerauto aus dem Jahr 2017 wirklich sein kann, hat das Team jetzt auf dem Kurs von Spa-Francorchamps gezeigt. Dort unterbot der Langstreckenrenner die bisherige Bestmarke von Lewis Hamilton (GB) im Mercedes F1 W07 Hybrid um 0,783 Sekunden.
Dessen Runde datiert vom 26. August 2017. Sie dauerte 1.42,553 Minuten und sicherte ihm im vergangenen Jahr die Poleposition zum Großen Preis von Belgien. Der Porsche-Werksfahrer Neel Jani erzielte auf seiner Rekordrunde einen Topspeed von 359 km/h und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 245,61 km/h. Die Lufttemperatur betrug elf Grad Celsius, die Streckentemperatur 13 Grad Celsius.

“Wir wollten aufzeigen, was der Porsche 919 Hybrid kann, wenn wir die vom Reglement der Langstrecken-Weltmeisterschaft vorgegebenen Restriktionen lockern.“ So Teamchef Andreas Seidl.

Neel Jani: „Der 919 Evo ist brutal beeindruckend. Er ist definitiv das schnellste Auto, das ich je gefahren bin. Das Grip-Niveau ist für mich eine völlig neue Dimension, das konnte ich mir vorher so nicht vorstellen. Die Abläufe auf einer einzelnen Runde mit dem 919 Evo sind derartig schnell, dass der Anspruch an die Reaktionsschnelligkeit noch einmal ein ganz anderer ist als ich ihn aus der WEC kenne. Wir sind nicht nur schneller als die F1-Poleposition von 2017. Die Runde war zwölf Sekunden schneller als unsere WEC-Pole aus dem vergangenen Jahr.“

Porsche hatte mit dem 919 Hybrid von 2015 bis 2017 dreimal hintereinander das 24-Stunden-Rennen in Le Mans sowie die Weltmeistertitel für Hersteller und Fahrer in der FIA World Endurance Championship (WEC) gewonnen. Doch das technische Reglement der FIA für die WEC und den Klassiker in Le Mans sorgten dafür, das da volle Potenzial des 919 nicht voll genutzt werden kann. Für die Rekordrunde wurde dieses Reglement einfach abgeschüttelt.

Kleine Veränderungen für maximale Leistung

Für den ‚Porsche 919 Hybrid Evo’ blieb die komplette Hardware des Antriebsstrangs unangetastet. Der 919 wird von einem kompakten Zweiliter-V4-Turbobenziner angetrieben, in Kombination mit zwei verschiedenen Energierückgewinnungssystemen – Bremsenergie von der Vorderachse und Abgasenergie. Während der Verbrenner die Hinterachse antreibt, wirkt beim Boosten ein E-Motor an der Vorderachse und sorgt für Allradantrieb beim Beschleunigen. Gleichzeitig sammelt der 919 unter Last wieder Energie aus dem Abgastrakt ein, die sonst ungenutzt entweichen würde. Als Zwischenspeicher für den aus Brems- und Abgasenergie gewonnenen elektrischen Strom dient eine flüssigkeitsgekühlte Lithiumionen-Batterie.

Das Effizienzreglement der WEC limitierte die Energie aus Kraftstoff pro Runde mittels Begrenzung der Durchflussmenge durch einen ‚Fuel Flow Meter’. In Spa durfte der Porsche 919 Hybrid in seiner letzten Saison nur 2,464 Liter Benzin pro Runde einsetzen. Damit leistete der Vierzylinder-Verbrenner rund 500 PS. Frei von dieser Restriktion, ausgestattet mit entsprechenden Software-Updates, aber unter Verwendung des üblichen Rennkraftstoffs (E20 mit 20 Prozent Bioethanol-Anteil), bringt er es in der Evo-Variante auf 720 PS.

Die erlaubte einsetzbare Energiemenge aus den beiden Rückgewinnungssystemen betrug beim WM-Lauf in Spa 2017 exakt 6,37 Megajoule pro Runde. Damit blieben die Systeme deutlich unter ihrem Potenzial. Auf seiner Rekordrunde stand Jani jetzt der volle Boost von 8,49 Megajoule zur Verfügung – die Leistungsausbeute wuchs um zehn Prozent von 400 auf 440 PS.

Auch aerodynamisch befreiten die Ingenieure die Evo-Version des 919 von einigen Fesseln des Reglements. Der neue und größere Front-Diffusor balanciert den mächtigeren Heckflügel aus; beide sind mit aktiv gesteuerten ‚Drag Reduction Systemen’ (DRS) ausgestattet. Zur Reduzierung des Luftwiderstands trimmt das hydraulisch betätigte System am vorderen Diffusor die Hinterkante. Am Heckflügel öffnet es den Raum zwischen der Hauptplatte und dem oberen Flügelelement. Unter dem Fahrzeug wurden die Luftleitbleche (aus Kohlefaser gefertigte ‚Turning Vanes’) und die Form des Unterbodens optimiert. Außerdem steigern feste seitliche Schürzen die aerodynamische Effizienz. In Summe resultieren die Aerodynamik-Maßnahmen in 53 Prozent mehr Abtrieb und eine Effizienzsteigerung um 66 Prozent (im Vergleich zum WEC-Qualifying in Spa 2017).

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