Der neue Ford Mustang Mach E im Fahrbericht

Trägt der Elektro-Crossover den Namen einer Legende zu Recht?

Der neue Ford Mustang Mach E im Fahrbericht: Trägt der Elektro-Crossover den Namen einer Legende zu Recht?
Erstellt am 9. März 2021

Ein Elektro-Crossover, der "Mustang" heißt? Das hat bereits im Vorfeld für viele Diskussionen nicht nur unter den Fans amerikanischer Muscle Cars gesorgt. Wir konnten nun bei einem ersten Fahrtermin herausfinden, ob Fords Elektro-Hoffnungsträger diesen großen Namen zu Recht trägt.

Namens-Kontroverse unter Fans

Schon bevor der neue Ford Mustang Mach E den ersten Meter gefahren ist, hat er die Fangemeinde amerikanischer Autos bereits extrem aufgewühlt. Der Name "Mustang" sorgt natürlich für kontroverse Diskussionen. Vor allem die eingefleischten Fans amerikanischer Muscle Cars waren überhaupt nicht happy über dieses Sakrileg. Der Sinn dahinter erschließt sich allerdings schnell. Ford möchte die vor allem für den Flottenverbrauch dringend nötige Ausweitung der Elektromobilität pushen und den neuen Hoffnungsträger mit einem großen Namen emotionalisieren. Dafür holte sich der damalige Ford-CEO Jim Hackett sogar persönlich das GO von der Ford-Familie, die diesen Schritt unterstütze. Schließlich geht es um nichts Geringeres als eine der absoluten Ikonen der amerikanischen Autoindustrie, den Ford Mustang. Diesen Spirit von hemdsärmeligen und etwas großspurigen Muscle Cars auf ein eher filigranes, voll elektrisches und hoch modernes Crossover zu projizieren, ist schon eine Herkules-Aufgabe, die viel Potenzial zum Scheitern birgt.

Mustang als Modellfamilie

Dabei ist der Name Mustang doch kein so großes Drama wie anfangs befürchtet. Es ist keineswegs so, dass das Coupé und das Cabrio dem neuen Crossover geopfert werden. Beide Baureihen werden parallel verkauft, so dass jeder weiterhin die Chance hat, einen „echten“ Mustang zu kaufen. Der Mach E nutzt den großen Namen, um ein wenig Emotionalität in das doch meist sehr nüchterne Thema Elektromobilität zu bringen, und das macht er sehr gut! Denn ihn verbindet weit mehr als nur der Name mit der Ikone.

Es steckt viel Mustang im Mach E

Ford hat sich viel Mühe gegeben, es nicht nur beim nominalen Lippenbekenntnis zu belassen, sondern auch möglichst viel Mustang-Spirit ins neue Modell zu transportieren. Schon an der Front sieht man das deutlich am typischen Grill mit dem großen Logo. Auch die Seitenlinie trägt den so gut bekannten Hüftschwung, der elegant an die Proportionen des SUV-ähnlichen Fahrzeuges angepasst wurde. Am Heck schließlich zitieren jeweils dreiteilige Rückleuchten gekonnt die legendären Mustang-Stilelemente. Ein schwarz lackiertes Dach sowie ebenso schwarz gehaltene Schweller kaschieren geschickt die Fahrzeughöhe, sodass der Mach E sehr elegant und gestreckt wirkt. Die 19-Zoll-Räder passen optisch perfekt ins Konzept. Ein wenig SUV-Style verleihen dem Mustang Mach E die schwarzen Radlaufverbreiterungen.

Voll vernetzt und digital

Im Innenraum ist hingegen Schluss mit den Anleihen an den klassischen Mustang. Hier regiert die moderne, voll vernetzte und digitale Welt. Der erstaunlich kleine Screen hinter dem Sportlenkrad enthält übersichtlich gestaltet sämtliche für das Fahren wichtige Infos. Konfigurieren kann man hier allerdings – im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern – überhaupt nichts. Maximal das Farbschema kann der Pilot ändern, aber die angezeigten Informationen sind festgelegt. Das ist ein bisschen schade, aber kein Drama. Schwerer wiegt da schon das Fehlen eines Head up Displays. Dafür überzeugt der Mustang Mach E mit einem riesigen, 15,5 Zoll großen Hochkant-Touchscreen mit integriertem Drehregler, der gestochen scharf abbildet und sehr flüssig reagiert. Dieser lässt sich auch im Gegensatz zur Instrumententafel frei konfigurieren und in der Darstellung an die Fahrerwünsche anpassen. Zudem lernt das System mittels KI die Vorlieben des Fahrers. Auch das Navi überzeugt mit einer klaren Darstellung und schneller Routenberechnung. Ebenso über den Screen lässt sich die speziell für dieses Fahrzeug entwickelte B&O Musikanlage bedienen, die aber klanglich trotz des großen Namens mit etwas flachem, dumpfem Klang nicht wirklich begeisterte. Die Smartphone-Anbindung klappte dagegen problemlos. Das Mutimediasystem „Sync“ in der 4. Generation bietet alles, was man heutzutage von einem solchen System erwartet.

Platz und Ambiente stimmen

Die Platzverhältnisse im Innenraum reichen laut Ford-Pressemappe für 5 Personen. Das ist durchaus richtig, denn gerade auf den sehr bequemen, elektrisch verstellbaren Vordersitzen hat man viel Raum nach allen Seiten. Allerdings fehlte ein wenig Seitenhalt, weil die Seitenwangen nicht verstellbar und eher für etwas breitere Hüften ausgelegt sind. Die Rücksitzbank ist zwar bequem gepolstert und bietet viel Platz, aber wegen der komplett fehlenden Kontur ist auch hier Seitenhalt absolute Mangelware. Das riesige Panoramadach lässt viel Licht in den Innenraum und verstärkt das luftige Raumgefühl weiter. Am Armaturenbrett wirken die verwendeten Materialien hochwertig und relativ gut verarbeitet. Schiefe A-Säulenverkleidungen und einige ungleichmäßige Spaltmaße sind dem Vorserien-Status der Testwagen geschuldet und werden in der Serie sicher nicht mehr vorkommen. Das gilt leider nicht für das Hartplastik, das sich doch noch an einigen Stellen in das Interieur geschummelt hat. Im Kofferraum lässt sich eine Menge Gepäck unterbringen. Zudem besitzt der Mach E den Emobil-typischen „Frunk“, also einen Front-Kofferraum. Hier lassen sich nicht nur die Ladekabel griffbereit unterbringen, sondern auch dreckige Dinge transportieren. Wie auch schon bei den „Mega-Boxen“ anderer Ford-Mobile lässt sich der Frunk mittels Wasserstrahl auswaschen, wobei das Wasser durch einen Stopfen abläuft.

Das Thema Akku und Laden

Über die neue App FordPass lassen sich Fahrzeugfunktionen übers Smartphone von außen steuern und auch Routen mit minimalen Ladezeiten berechnen und ans Fahrzeug senden. Ein sehr praktisches Feature des Mustang Mach-E ist die Funktion „Intelligent Range“. Sie ist mit dem bordeigenen Navigationssystem vernetzt und ermöglicht eine präzise Berechnung der tatsächlichen Reichweite. Dabei bezieht das System sowohl das vorausgegangene Fahrerverhalten als auch externe Faktoren wie zum Beispiel die Wetterprognose mit ein. Das Navigationssystem lotst auf der schnellsten Route zum Ziel und nutzt hierzu Echtzeit-Verkehrsdaten von TomTom. Alternativ kann der Fahrer mithilfe der integrierten, Cloud-basierten Garmin-Routenführung auch die effizienteste Streckenführung auswählen. Auch Letzteres spielt gerade bei voll elektrischen Fahrzeugen eine große Rolle. Das von uns gefahrene Top-Modell mit Extended Range Akku bietet bis zu 540 km Reichweite. Während unseres Tests lag der Verbrauch bei ca. 20 kW/h pro 100 km, womit wir rechnerisch 420 Kilometer geschafft hätten. Dabei waren wir fast nur Überland und relativ sportlich unterwegs – beides keine idealen Fahrzustände für hohe Reichweiten. Die 88 kWh (netto) des Akkus lassen sich im Bedarfsfalle mit bis zu 150 kW laden, was einer Ladezeit von ca. 45 Minuten von 1 auf 80% entspricht. Wer sich bis Ende des Jahres zu einer Bestellung des Mach E entschließt, erhält kostenlosen Zugang zum IONITY Schnellladenetz. Das bedeutet: Anstelle des Normalpreises in Höhe von 79 Cent/kWh zahlen sie lediglich 31 Cent/kWh inklusive Mehrwertsteuer an allen HPC-Säulen des Netzes. An der von Ford vertriebenen, internetfähigen Wallbox zu Hause, die mit 11 kW lädt, dauert dieser Vorgang ungefähr 6 Stunden.

E-Power at ist best!

Im Fahrbetrieb überzeugt der Mustang Mach E dann sofort mit kräftigem Antritt und vor allem auf den ersten Metern exorbitanter Beschleunigung. Unser Allrad-Modell mit 351 PS schafft die 100 km/h in 5,8 Sekunden, was sich aber wegen der ansatzlosen Brutalität der 580 Nm deutlich krasser anfühlt. Zudem bietet der mach E im Sportmodus einen generierten sportiven Klang. Normalerweise sind wir überhaupt keine Freunde von solchen Sound-Imitationen, aber was Ford hier digital einspielt, hört sich echt ziemlich sexy an. Ein wütendes Fauchen gemischt mit einer Prise V8-Brummen macht jede Beschleunigung zur Freude. Klingt komisch, ist aber tatsächlich so. Und wer es nicht mag: Einfach mit zwei Klicks abstellen. Genauso leicht lassen sich die drei Fahrmodi „leise“, „aktiv“ und „ungebändigt“ einstellen, was spürbaren Einfluss auf Lenkung und Strompedal-Kennlinie hat.

Viel Spaß mit gekonnt abgestimmtem Fahrwerk

Wegen der kalten Temperaturen waren wir mit Winterreifen unterwegs, was erstaunlich spaßfördernd war. Durch den relativ geringen Grip waren zwar die möglichen Kurvengeschwindigkeiten und die Reaktionen deutlich langsamer, was vor allem auf dem Handling-Parcours zu spüren war. Aber viel wichtiger im täglichen Fahrbetrieb: Durch den geringen Grip lässt sich der Mustang trotz Allradantrieb wunderbar mit den Strompedal lenken. Das ESP lässt erfreulich viel Driftwinkel zu, sodass jede Ausfahrt aus einem Kreisverkehr zum Genuss wird. Dabei fühlt sich der Ford aber nie unsicher an. Die Kombination aus hecklastigem Allrad und relativ freizügiger Regelelektronik überzeugt! Ähnliches lässt sich über das Fahrwerk sagen. In der Grundnote eher straff ausgelegt, absorbiert es Schläge aber trotzdem ausreichend und lässt wenig Bewegung in der Karosserie zu. Die Elektro-typische Steifbeinigkeit bei kurzen Wellen macht er mit einer wegen der tief installierten Akkus extrem stabilen Kurvenlage wett. Leider verfügt kein derzeit erhältlicher Mustang über ein verstellbare Dämpfer-Charakteristik. Dies bleibt dem noch in diesem Jahr folgenden Top-Modell GT vorbehalten, der über ein MagneRide-Fahrwerk verfügen wird.

Auch auf der Autobahn kommt zunächst Freude auf. Blitzschnell beschleunigt der Mustang durch, lässt im Prinzip alles stehen und liegen – und rennt dann bei 187 km/h abrupt in den Begrenzer. Da wäre natürlich noch deutlich mehr drin, aber mit Rücksicht auf die Reichweite lässt Ford hier nicht mehr zu. So kommt es dann, dass der Polo-Fahrer, an dem man gerade beim Durchbeschleunigen noch vorbeigezischt ist, nun mit breitem Grinsen wieder davonzieht. Okay, gibt Schlimmeres.

Zum Beispiel das Auto nach der Testfahrt wieder abzugeben. Selten hat uns ein Elektromobil derart überzeugt. Der Mustang Mach E macht hier unheimlich viel richtig, zeigt nur kleine Schwächen im Detail und ist somit ein überzeugender Vorreiter hinsichtlich der Elektrifizierung der Marke. Ob er allerdings den Namen Mustang zu Recht trägt, kann, darf und muss jeder für sich selbst entscheiden. Diese Entscheidung erleichtert vielleicht das Wissen, dass Ford noch einen scharfen Pfeil im Köcher hat. Mit dem Mustang Mach E GT wartet die Top-Variante auf ihren großen Auftritt. Mit 487 PS und 860 Nm sprintet der GT in 3,7 Sekunden von 0-100 km/h und erreicht eine abgeregelte Spitze von 200 km/h.

Der Preis ist heiß

Zu den Preisen: Los geht der Spaß bei 46.900 Euro für den heckgetriebenen Mach E mit 269 PS und endet beim von uns gefahrenen Dual-Engine (Allrad) mit 351 PS und großem Akku für 62.900 Euro. Davon kann jeweils noch die Förderung der Bundesregierung abgezogen werden. Das ist nicht zu viel für ein Auto mit diesen Qualitäten.

Galerie: 49 Bilder Fotostrecke | Der neue Ford Mustang Mach E im Fahrbericht: Details vom neuen Elektro-Crossover #01 #02

Technische Daten:

 

Mach-E

Mach-E

Mach-E Allrad

Mach-E Allrad

Batterie

Standard

Range

68 kWh#

Extended

Range

88 kWh#

Standard

Range

68 kWh#

Extended Range

88 kWh#

Antrieb

Elektromotor

Elektromotor

Dual-Elektromotor

Dual-Elektromotor

kW (PS)

198 (269)

216 (294)

198 (269)

258 (351)

Drehmoment (Nm)

430

430

580

580

Antrieb

Heck (RWD)

Heck (RWD)

Allrad (AWD)

Allrad (AWD)

Getriebe

Automatik

Automatik

Automatik

Automatik

Länge / Breite / Höhe (mm)

4.713 / 1.881 /

1.624

4.713 / 1.881 /

1.624

4.713 / 1.881 /

1.624

4.713 / 1.881 /

1.624

WLTP-Reichweite (km)

440

610

400

540

Vmax (km/h)

(elektronisch begrenzt)

180

180

180

180

0 – 100 km/h (s)

6,9

7,0

6,3

5,8

Stromverbrauch (kWh/100 km)*

17,2

16,5

19,5

18,7

CO2-Emissionen (g/km)*

n.v.

n.v.

n.v.

n.v.

Preis (Euro)

inkl. 19% MwSt.

46.900

54.475

54.000

62.900

               

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