Der Cayman GT4 RS donnert spektakuläre 23,6 Sekunden schneller über die Nordschleife des Nürburgrings als der alles Porsche Cayman GT4. Dabei wurde GT4 schon gefeiert, wie lange kein Porsche vor ihm und wie ohnehin kein schwäbischer Mittelmotorsportwagen der Neuzeit. Doch die einstigen Superlativen sind verpufft – der neue Cayman GT4 mit dem RS-Signet legt in Sachen Fahrdynamik noch ein paar Pfund drauf und bringt der Elfer zum Schwitzen wie nie zuvor.
Auf dem Papier hat Porsche 80 PS, einen größeren Heckspoiler und aerodynamische Feinheiten in den automobilen Zaubertrunk auf vier Rändern gemixt und dabei gleich noch 60 Kilogramm abgespeckt. Dass dabei der schnellste Cayman und der schärfte Mittelmotorsportler der vergangenen Jahrzehnte herauskam, überrascht niemanden und begeistert jeden. Für normale Autofahrer ein Kopfschütteln – für Rundstreckenfans eine Ohrenweide.
Porsche ist nach wie vor mehr als eine reine Elektromarke – noch. Bevor abgesehen vom 911 alle kommenden Fahrzeuge ins Elektrolager wechseln, gibt es mit dem Porsche Cayman GT4 RS noch einmal das große Finale. Der heiße Doppelsitzer baut auf der Kompetenz des GT4 auf und dehnt dessen wichtigste Parameter spektakulärer denn je aus: mehr Leistung, weniger Gewicht und eine bessere Aerodynamik. Sofort fällt der feststehende CFK-Flügel mit schwarzen Seitenflügeln und Schwanenhalsaufsatz ins Auge, der vom Le-Mans-Sieger Porsche 911 RSR abgeleitet ist und den der 911 GT3 erstmals auf die öffentlichen Straßen brachte.
Er soll die Luftströmung unterhalb des Flügels möglichst wenig stören, „weil eine kräftige und konstante Luftströmung an dieser Stelle für den Abtrieb relevanter ist als die Strömung über der Spitze", erklärt Markus Atz, Leiter des GT4 RS-Projekts. Bei diesem Heckflügel ist der Effekt genau das Gegenteil von dem eines Flugzeugflügels, bei dem die Luft schneller über die Spitze strömt, um Auftrieb zu erzeugen. „Der Anstellwinkel des Heckflügels des GT4 RS kann manuell in drei Stufen verstellt werden, während der Frontdiffusor in vier Stufen über mechanische Schiebeelemente verstellt werden kann", erklärt Atz weiter.
Weitere relevante Elemente, die den Luftwiderstand und die Kühlleistung des Fahrzeugs verbessern, sind die Lufteinlässe hinter den Seitenfenstern, die Radhausentlüftungen mit Lamellen, die Lufteinlässe auf der Motorhaube und der neu gestaltete Frontsplitter. Mit dem Frontdiffusor und dem Heckflügel in der Performance-Position, einer Einstellung für den Einsatz auf Rennstrecken, erzeugt der 718 Cayman GT4 RS nochmals 25 Prozent mehr Abtrieb als der 718 Cayman GT4. Und dann ist da noch das Gewicht. 1.415 Kilogramm bedeuten, dass jedes der 500 PS, die der Sechszylinder-Boxer erzeugt, nur 2,83 kg auf dem Rücken tragen muss.
Die vorderen Kotflügel und die Motorhaube sind aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff gefertigt, ein Teil des Dämmmaterials wurde ebenso eliminiert, wie die Sichtschutzverkleidung des Kofferraums. Dazu leichte Teppiche und Türverkleidungen wurden ebenfalls entschlackt, Radio und Navigationssystem gestrichen. Trotz der größeren Gusseisen/Aluminium-Verbundbremsscheiben (Keramikscheiben sind optional) kann das Abspeckgewicht im Vergleich zum GT4 sogar auf 60 Kilogramm verbessert werden, wenn man sich für den Titankäfig nebst Weissach-Paket entscheidet. Dann gibt es Kohlefasergewebe auf der Motorhaube, seitlichen Lufteinlässen, Außenspiegelkappen und Heckflügel, 20-Zoll-Schmiederäder aus Magnesium und einem charismatisch klingenden Titan-Auspuff. Wer noch mehr nachschärfen möchte, gönnt sich noch das Clubsport-Paket.
Spannender ist der Vierliter-Saugmotor, der gedreht im Grunde derselbe ist wie im 911 GT3. Starre Kipphebel gewährleisten ein optimales Ansprechverhalten bei hohen Drehzahlen, die präzise Nockenwellensteuerung sowie eine individuelle Drosselklappe für jeden Zylinder sorgen für ein perfektes Ansprechverhalten des Motors. Beim Spurt düsen die Digitalziffern nur so über das zentrale Display. 3,4 Sekunden bis 100, 10,9 Sekunden bis 200 und 315 km/h Spitze – schlicht Wahnsinn. Kein Wunder das die heiße RS-Kanonenkugel selbst im Vergleich zum Cayman GT4 auf einer heißen Runde um die grüne Hölle des Nürburgrings 23,6 Sekunden schneller ist.
Laut dem Chefingenieur bringen allen die richtigen Reifen vom Typ Michelin Pilot Sport Cup 2 R – fünf bis sechs Sekunden Vorsprung.
Dazu gibt es eine um drei Zentimeter abgesenkte Karosserie, eine um sechs Millimeter breitere Spur vorn und acht Millimeter mehr hinten, was die Seitenstabilität des Autos verbessert. Den Rest erledigen Torque Vectoring, Siebengang-Doppelkupplung, das mechanische Sperrdifferenzial und ein aktives Fahrwerksmanagement. Die erste lange Gerade bestätigt, dass die Gasannahme geradezu telepathisch anmutet und die kürzere Übersetzung dazu beiträgt, das Fehlen einer Turboaufladung zu kompensieren, bevor der Boxermotor oberhalb von 4.500 U/min mit einem maximalen Drehmoment von 450 Nm zu atmen beginnt. Von da an bis zur Grenze von 8.400 U/min bietet der Spaßmacher eine Achterbahn der Gefühle, die zur Natur der 4,36 km langen Rennstrecke von Estoril mit ihren 13 unterhaltsamen Kurven passt.
Das Sperrdifferenzial hilft dabei, so nah wie möglich an den unsichtbaren Scheitellinien zu bleiben. Und unabhängig davon, wie spät oder übermäßig man bremst, zeigen die Bremsen keinerlei Ermüdungserscheinungen, vor allem nicht die von uns verwendeten, die mit größeren Keramikscheiben aufgerüstet wurden. Keine Überraschung: Hier und da kann es passieren, dass der 718 RS nebst Pilot übermütig wird, so dass Lenkkorrekturen notwendig sind.
Das ist der Moment, in dem viele Fahrer das Gefühl haben dürften, dass einzig der Mangel an Chancen ihn davon abgehalten hat, eine Karriere als Profi-Rennfahrer zu verfolgen, so leicht lässt sich der GT4 RS auf die vorgesehene und geeignete Rennlinie zurückbringen. Hier erinnert einen die innere Stimme immer wieder daran, dass es nicht erlaubt ist, das elektronische Stabilitätsprogramm auf den Pausenhof zu schicken.
In der Ayrton-Senna-Parabolika-Kurve kann man die Vorteile der verbesserten Aerodynamik ertasten, vom umgekehrten Heckflügel bis zum Bodeneffekt des Unterbodens und dem Heckdiffusor. So gilt es nur die Ängste zu überwinden und daran zu denken, dass das Auto umso mehr auf der Straße klebt, je schneller man fährt.
Das ist ein bisschen wie Fahrradfahren. Nur teurer: der Über-Cayman kostet 141.338 Euro.
Joaquim Oliveira; press-inform
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