Qualitätskontrolle bis zum autonomen Fahren: KI-Anwendungen in Entwicklung und Produktion

Wo Künstliche Intelligenz der Autoindustrie wirklich hilft

Qualitätskontrolle bis zum autonomen Fahren: KI-Anwendungen in Entwicklung und Produktion: Wo Künstliche Intelligenz der Autoindustrie wirklich hilft
Erstellt am 8. Mai 2025

Die Zahl der Apps und Programme, die mit künstlicher Intelligenz (KI) unseren Alltag erleichtern sollen, ist inzwischen kaum noch zu überblicken. Besonders die Autoindustrie setzt große Hoffnungen in die hochintelligenten Computerhirne – und nutzt die Technik in Entwicklung und Fertigung heute deutlich intensiver, als viele denken.

Künstliche Intelligenz und das Auto – das scheint ein sogenanntes „Perfect Match“ zu sein. Denn viele der aktuellen Herausforderungen in der Fahrzeugentwicklung und -produktion bewegen sich längst auf komplexen Software- und Datenebenen, die ohne KI kaum noch beherrschbar wären. Dass moderne Fahrzeuge inzwischen auf ihren großen Displays ChatGPT oder andere KI-Tools integrieren, ist dabei eher ein Nebeneffekt. Solche Funktionen dienen meist dem Infotainment und bieten eher Unterhaltung als echten Nutzwert. Einer der ersten Hersteller, der einen Sprachassistenten wie ChatGPT in seine Fahrzeuge brachte, war der Stellantis-Konzern in seinen DS-Modellen.

Relevante Anwendungen hinter den Kulissen

Die wirklich relevanten Einsatzgebiete der KI liegen jedoch jenseits des Entertainments: in der Entwicklung, Produktion und Fahrerassistenz. Audi nutzt laut Beschaffungsvorständin Renate Vachenauer künstliche Intelligenz unter anderem dazu, Risiken in niederrangigen Zulieferketten frühzeitig zu erkennen – bevor sie sich negativ auf die Produktion auswirken können. Regionale Ereignisse, Wetterextreme oder geopolitische Krisen – all diese Faktoren beeinflussen heutige Lieferketten, die deutlich anfälliger geworden sind. Zudem überwacht Audi in seinem Werk in Neckarsulm mithilfe von KI rund 1,5 Millionen Schweißpunkte pro Schicht an etwa 300 Fahrzeugen. Ziel ist es, Fehlerquellen frühzeitig zu identifizieren und die Produktion kontinuierlich zu verbessern.

Auch Mercedes-Benz setzt in seinen Werken in Europa, Nordamerika und Asien auf künstliche Intelligenz. Zum Einsatz kommt unter anderem das System MO360 AI Factory, das Mitarbeitenden in Echtzeit Hilfestellung bei Wartungsfragen oder zu Best-Practice-Methoden gibt – per Chatfunktion und in mehreren Sprachen.
„KI übernimmt für uns Aufgaben, die wir in der Regel weniger gerne erledigen. Sie verschafft uns Freiraum, um uns auf Innovationen, Kreativität und wertschöpfende Tätigkeiten zu konzentrieren“, erklärt Katrin Lehmann, Chief Information Officer der Mercedes-Benz Group AG. Sie ist überzeugt: „KI leistet einen entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg – vorausgesetzt, sie wird strategisch und pragmatisch eingesetzt.“
Ein weiteres Beispiel ist das virtuelle Multi-Agenten-System von Mercedes-Benz. Hier analysieren KI-gestützte Assistenten in Echtzeit große Datenmengen und helfen, Ursachen plötzlicher Qualitätsabweichungen in der Produktion zu erkennen. Sie identifizieren zuverlässig Muster und Anomalien und liefern direkt passende Lösungsvorschläge.

BMW und die lernende Produktion

Auch BMW setzt auf künstliche Intelligenz in der Produktion. Im Werk Regensburg sorgt das Pilotprojekt GenAI4 für eine intelligente Qualitätskontrolle. Die KI erstellt für jedes der rund 1.400 täglich produzierten Fahrzeuge individuelle Prüfempfehlungen.
„Der Einsatz von KI trägt zur digitalen Transformation der BMW Group Produktion bei – hin zu einer intelligent vernetzten Fabrik“, erklärt Armin Ebner, Leiter des BMW Group Werks Regensburg. „In der Fahrzeugmontage optimieren wir damit unsere Prozesse und schaffen einen Mehrwert für unsere Produkte und unsere Kunden.“
Zusätzlich haben das BMW Group Werk Dingolfing und die Hochschule Landshut gemeinsam ein KI-basiertes System zur Werkslogistik entwickelt: Es zählt Leergutbehälter automatisch – das spart Zeit und minimiert Fehler.

Autonomes Fahren: Noch keine Revolution, aber Fortschritte

Deutlich sichtbarer für den Kunden sind die Vorteile der künstlichen Intelligenz beim Thema autonomes Fahren. Der große Durchbruch scheint bereits seit Jahren zum Greifen nah – doch vollautonome Systeme lassen weiter auf sich warten. Aktuell funktionierende Level-3-Systeme sind meist auf Stausituationen und Geschwindigkeiten bis etwa 100 km/h beschränkt.

Die Hoffnung: Künstliche Intelligenz soll künftig jene riesigen Datenmengen verarbeiten, die für hochentwickelte Fahrerassistenzsysteme nötig sind. Toyota arbeitet seit zwei Jahren an einer Kombination aus KI-gestütztem Training und intelligenter Fahrerunterstützung.
Gill Pratt, CEO des Toyota Research Institute, erklärt: „Unser menschenzentrierter Ansatz zeigt neue Wege für die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI. Wir stärken die Fähigkeiten des Fahrers durch Modelle, die sein Verhalten vorhersagen und seine Leistung verbessern.“
Das Projekt Human Interactive Driving nutzt datengestützte Lernverfahren, um das Fahrverhalten zu analysieren und passende Assistenzmodelle zu entwickeln – etwa zur frühzeitigen Warnung vor Hindernissen, Glatteis oder gefährlichen Straßenzuständen. KI wird so zum Co-Piloten – mit dem langfristigen Ziel des sicheren, autonomen Fahrens.

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