In der Anfangszeit der Elektromobilität diente der Range Extender vielen Neukunden als beruhigende Absicherung gegen Reichweitenangst. Obwohl die Technik in Europa rasch wieder verschwand, erlebt sie nun ein bemerkenswertes Comeback – insbesondere in China, aber auch darüber hinaus.
Auf dem europäischen Markt schafften es nur wenige Modelle mit Range Extender in relevante Stückzahlen. Der Opel Ampera etwa blieb ein wirtschaftlicher Flop, auch der BMW i3 verkaufte sich mit dieser Technik nur mäßig. Dabei ermöglichte der Zusatzantrieb beiden Modellen Reichweiten, die mit den damals verbauten Akkus allein nicht erreichbar gewesen wären. Während der Ampera früh aus dem Programm gestrichen wurde, verschwand auch beim i3 die Range-Extender-Version mit Einführung des 42-kWh-Akkus.
Andere Ansätze wie der Mazda 2 oder ein Audi A1 mit Wankelmotor als Reichweitenverlängerer schafften es nie in die Serie. Dabei ist die Idee keineswegs neu: Schon vor über einem Jahrzehnt entwickelte Audi gemeinsam mit AVL ein entsprechendes Konzept – ein Kreiskolbenmotor im Reserveradkasten des Audi A1. Mazda brachte diese Technik schließlich in Serie: Der MX-30 EV wurde mit einem Wankel-Range-Extender aufgewertet, um die kritisierte geringe elektrische Reichweite zu kompensieren.
Deutsche Hersteller hingegen setzen bis heute überwiegend auf reine Elektroantriebe oder teure Plug-in-Hybride. Günstigere Mildhybride mit 48-Volt-Technologie sollen immerhin den Verbrauch senken.
Alternative zur Systementscheidung
„Die deutschen Hersteller zwingen ihre Kunden zur Entscheidung zwischen Verbrenner und E-Auto. Chinesische Anbieter zeigen einen dritten Weg: Range Extender“, sagt Thorsten Rixmann, CMO der Obrist Group. „Unser Antrieb basiert auf einem Elektromotor, dessen Stromversorgung ein sparsamer Minibenziner übernimmt – anstelle großer, schwerer Batterien. Elektrisch fahren und dennoch Reichweiten von über 1.000 Kilometern – das trifft den heutigen Kundenbedarf genau.“
Obrist bietet mit dem sogenannten Zero Vibration Generator ein System an, das mit nur 1,5 Litern Benzin oder 3,3 Litern Ethanol pro 100 Kilometer Strom erzeugt. In Kombination mit dem sogenannten Hyper-Hybrid sollen rein elektrische Reichweiten von 80 Kilometern und Gesamtdistanzen von rund 1.000 Kilometern ohne Nachladen möglich sein.
Was ist ein Range Extender überhaupt?
Ein Range Extender ist streng genommen ein kleiner Verbrennungsmotor, der ausschließlich zur Stromerzeugung dient. Wird der Akku eines Elektroautos leer, springt der Verbrenner an und lädt die Batterie – indirekt und ohne Verbindung zum Antrieb. Einige Modelle nutzten den Verbrenner früher auch direkt für den Vortrieb bei hohen Geschwindigkeiten. Doch die Technik galt als aufwendig, teuer und wurde von vielen Kunden nicht akzeptiert – vor allem, weil die Akkus heute alltagstaugliche Reichweiten ermöglichen.
Nun aber feiern Range Extender aus Asien ihr Comeback – und erobern sogar Nordamerika.
Ramcharger: Der amerikanische Range-Extender-Riese
Ein prominentes Beispiel: der neue Ram 1500 Ramcharger. Der vollelektrische Pick-up wurde zugunsten dieses Modells verschoben, da die Akzeptanz für reine E-Antriebe in den USA – abseits der Küsten – verhalten bleibt. Der Ramcharger kombiniert einen 3,6-Liter-V6-Benziner, der als 130-kW-Generator fungiert, mit einer 92-kWh-Batterie und zwei Elektromotoren (250 kW vorne, 238 kW hinten). Die Systemleistung: 488 kW / 663 PS bei 900 Nm Drehmoment.
„Mit unbegrenzter elektrischer Reichweite ist der Ramcharger ein Biest unter den Pick-ups – 663 PS, 900 Nm und keine Notwendigkeit für öffentliche Ladeinfrastruktur“, betont Ram-CEO Tim Kuniskis.
Nissan e-Power: Der leise Dauerläufer
Auch in Japan hat sich die Technik etabliert. Nissan setzt mit seinem „e-Power“-System seit Jahren erfolgreich auf einen elektrischen Antrieb, der von einem kleinen Benziner gespeist wird. Dieser dient ausschließlich zur Stromerzeugung – der Vortrieb erfolgt stets rein elektrisch.
Bis heute wurden weltweit über 1,6 Millionen Fahrzeuge mit e-Power verkauft, etwa im Qashqai. Die neueste Generation arbeitet mit einem 1,5-Liter-Turbodreizylinder, der sein Verdichtungsverhältnis variabel anpasst und so besonders effizient arbeitet. Mit 150 kW / 204 PS und 330 Nm Drehmoment steigt die Leistung, während der Verbrauch um bis zu 15 Prozent sinkt. Auch für höhere Autobahngeschwindigkeiten ist das System nun ausgelegt.
China: Spielwiese für Range Extender
In China sind Range-Extender-Modelle zunehmend verbreitet. Besonders auffällig: große SUV wie die von Li Auto oder der Yangwang U8. Letzterer wird von vier Elektromotoren mit insgesamt 800 kW / 1.197 PS angetrieben – genug, um den 3,5-Tonnen-Koloss in 3,6 Sekunden auf 100 km/h zu katapultieren. Unter der Haube sitzt dennoch ein 2,0-Liter-Verbrenner – rein zur Stromversorgung, nicht für den Antrieb.
Volkswagen plant mit
Auch Volkswagen arbeitet an Range-Extender-Modellen, zunächst für China. Ab 2027 sollen unter der neuen Offroad-Marke Scout auch Modelle für die USA mit dieser Technik erscheinen. Die geplanten Modelle Scout Traveler und Scout Terra bieten über 500 Kilometer elektrische Reichweite – mit Range Extender sogar über 900 Kilometer.
Die Fahrzeuge sollen über Elektromotoren mit über 367 kW / 500 PS und mehr als 1.200 Nm Drehmoment verfügen. Ein 800-Volt-Bordnetz ermöglicht Schnellladen mit bis zu 350 kW.
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