Zweite Premiere auf der Techno Classica 2018

Über die Restauration des Typ 3 Cabriolet Prototyps

Zweite Premiere auf der Techno Classica  2018: Über die Restauration des Typ 3 Cabriolet Prototyps
Erstellt am 22. März 2018

Damit hatte wohl niemand gerechnet: Die Bestandsaufnahme bei der Übernahme der Fahrzeugsammlung von Karmann in Osnabrück fördert einen wahren Schatz der Volkswagen Automobil-Geschichte zu Tage – eines von zwei verbliebenen Prototypen des Volkswagen Typ 3 Cabriolet von 1961. Dass diese Rarität erhalten werden muss, steht für Volkswagen Classic außer Frage. Und so nimmt sich Klaus-Dieter Ulrich, Koordinator der Automobilsammlung Volkswagen Osnabrück, in Zusammenarbeit mit erfahrenen Restaurateuren voller Eifer der Wiederherstellung des seltenen Cabriolets an.

Das Volkswagen 1500 Cabriolet war als 4- bis 5-Sitzer konzipiert und besticht auch heute noch durch sein – trotz großer Panorama-Heckscheibe – vollständig versenkbares Verdeck.

Mittelklasse-Cabriolet: ein Konzept, das seiner Zeit voraus war

Platz für vier bis fünf Personen, eine zeitlos elegant gestreckte Silhouette und ein vollständig versenkbares Verdeck mit ungewöhnlich großer Heckscheibe: Die offene Version des Volkswagen 1500 (Typ 35) sorgte 1961 auf der 40. IAA für großes Aufsehen. Allerdings nicht nur, weil es Volkswagen schaffte, den Prototyp bis zur Präsentation tatsächlich geheim zu halten, sondern weil vor allem das Konzept überzeugte: Dank üppigen Platzangebots sollte das Typ 3 Cabriolet nicht nur die Urlaubsreise mit der Familie komfortabler machen. Mit seiner aufwendigen Verdeck-Konstruktion brachte das elegante Cabriolet vor allem bezahlbaren Luxus in die Mittelklasse. Es war die gelungene Symbiose bewährter, weiter verfeinerter Volkswagen Technik und unerreichter Karmann-Expertise im Verdeck-Bau. Warum das Cabriolet nie in Serie ging, bleibt bis heute ein Geheimnis.

Eines der beiden verbliebenen Typ 3 Cabriolet bewährte sich jahrelang als Alltagswagen des ehemaligen Karmann-Entwicklungs-Chefs.

Chef-Entwicklers Liebling

Rund ein Dutzend Prototyp-Karossen verließen damals das Werk des Osnabrücker Cabrio-Spezialisten Karmann. Doch nur zwei Exemplare überstanden die folgenden vier Jahrzehnte. Wie sich bei der Prüfung der Fahrgestellnummer herausstellt, ist dieser Prototyp jedoch ein ganz besonderes Exemplar – mit erstaunlich ausgereiften Alltagsqualitäten: Es handelt sich um den Dienstwagen des damaligen Karmann-Entwicklungs-Chefs Johannes Beeskow, seinerzeit zugelassen mit dem Kennzeichen OS-KA 77. Nach der Erprobungsphase bewegte Beeskow den Wagen im Osnabrücker Alltagsverkehr. Nach der Abmeldung des Cabriolets im Jahre 1969 ging der Prototyp in die Sammlung von Karmann über.

Proto-typisch: In 40 Jahren Tiefschlaf nagt der Zahn der Zeit

Der jahrzehntelange Stillstand ging an der schlafenden Schönheit nicht spurlos vorbei, was sich vor allem an typisch anfälligen Karosserieteilen offenbart. Volkswagen Classic und Klaus-Dieter Ulrich koordinieren die Restauration in Zusammenarbeit mit einem Classic Competence Center. Besser erhaltene Partien der Karosse können die Restaurateure strahlen, um Lack und Rost schonend zu entfernen. Die Seitenschweller hingegen wurden komplett nachgebildet: „Kotflügel oder Haube wären ersetzbar, die vom Rost zerfressenen inneren Schweller mussten jedoch in akribischer Detail-Arbeit nachgebildet werden. Da steckt richtig viel Handarbeit drin", erklärt Ulrich. 

Aus der Not eine Tugend gemacht

Ziel einer Restauration ist meistens die Erhaltung des Originals, auch wenn der Austausch durch Neuteile zweifelsohne einfacher wäre. Diese Frage stellt sich den Restaurateuren im Falle des Typ 3 Cabriolet allerdings nicht, denn viele Teile des Prototyps sind niemals in Serie gegangen. Das Team muss einen Großteil der Komponenten erhalten, vor allem das Verdeck und seine Mechanik verlangt den Restaurateuren des Classic Competence Centers ihre ganze Expertise ab: Die einzigartige Karmann-Mechanik war für einen Wagen der 1960er-Jahre sehr kompliziert, die Panorama-Heckscheibe ungewöhnlich groß. Die Mühe hat sich gelohnt: „Das Verdeck funktioniert heute genauso wie zu seiner Präsentation auf der IAA 1961", bestätigen die Experten von Volkswagen Classic. 

Chrom ist das neue Gold

Es werden keine Mühen gescheut: Motor und Getriebe werden im Rahmen der Restauration komplett zerlegt und wiederaufgearbeitet. Den gleichen Aufwand betreibt das Classic Competence Center auch bei sämtlichen Fahrwerksteilen des Typ 35 mit viel Liebe zum Detail: Achsen, Bremsen, Lenkgetriebe – alles wird akribisch überholt. Dabei lässt das erfahrene Team rein gar nichts aus: Besonderes Augenmerk legen die Restaurateure auf die Kraftstoffanlage und die marode Elektrik: „Bei einem so umfangreichen Projekt geht man das Risiko kaputter Leitungen nicht ein. Sonst nimmt man zum Schluss den halben Wagen wieder auseinander, weil das Bremslicht oder ein Schalter nicht funktionieren", scherzt Klaus-Dieter Ulrich.

Wie sich beim Austausch mit einem Typ 3 Liebhaber herausstellt, hat man bei den Stoßstangen sogar Glück. „Solche speziell angefertigten, verchromten Teile kann man fast mit Gold aufwiegen", zitiert Ulrich den kundigen Enthusiasten. Nach Aufarbeitung und einer frischen Chromschicht erstrahlen die elegant geschwungenen Stoßstangen und Zierleisten an der Außenhaut des Typ 3 Cabriolet in neuem Glanz. Zu sehen ist das Typ 3 Cabrio aktuell auf der Techno Classica in Essen.

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