Zum 70. Geburtstag des Karmann-Ghia: Das Karmann-Ghia Trio

Karmann-Ghia: der unterschätzte Sportwagen

Zum 70. Geburtstag des Karmann-Ghia: Das Karmann-Ghia Trio: Karmann-Ghia: der unterschätzte Sportwagen
Erstellt am 14. Juli 2025

Wenn von luftgekühlter Eleganz mit Volkswagen-Technik die Rede ist, führt kaum ein Weg an einem Namen vorbei: Karmann-Ghia. (Bitte Gia aussprechen, nicht Dschija!) Die Kooperation zwischen dem Osnabrücker Karosseriebauer Karmann, dem italienischen Designstudio Ghia und Volkswagen brachte drei ganz besondere Fahrzeug-Typen und einige besondere Spielarten hervor, die allerdings nicht in Serie gehen sollten. Einst als Hausfrauen-Porsche bespöttelt, faszinieren sie heute Klassikerfreunde auf der ganzen Welt. Doch so ähnlich die drei auf den ersten Blick erscheinen mögen – Typ 14, Typ 34 und TC 145 sind bei genauerem Hinsehen sehr eigenständige Charaktere. Übrigens, der SP2 fehlt hier nicht etwa, er ist schlicht und einfach kein Karmann und schon gar nicht ein Ghia.

Karmann-Ghia Weltpremiere am 14. Juli 1955 in Georgsmarienhütte

Im Juli 1955 feierte der VW Karmann-Ghia Typ 14 seine Weltpremiere in Georgsmarienhütte – ein stilvoller Moment der Automobilgeschichte, der eine Ära einläutete. Zum 70. Geburtstag dieser eleganten Design-Ikone blicken wir auf die drei wesentlichen Karmann-Ghia-Modelle zurück: den charmanten Typ 14, den avantgardistischen Typ 34 und den exotischen Karmann-Ghia TC aus Brasilien. Drei Fahrzeuge, die jeweils auf ihre Weise den Geist des sportlichen Reisens mit dem Flair der Wirtschaftswunderjahre und internationalem Stil verbanden.

Typ 14 – Der Klassiker von 1955 - 1974 

Der 1953 präsentierte Prototyp war schon ziemlich seriennah, hatte aber noch nicht die charakteristischen Nüstern im Frontblech.

Der Karmann-Ghia Typ 14 war das Ergebnis einer bemerkenswerten Kooperation zwischen Volkswagen, dem Osnabrücker Karosseriebauer Karmann und dem italienischen Designstudio Ghia. Wilhelm Karmann und der Volkswagen-Generaldirektor Heinrich Nordhoff waren schon sehr früh im persönlichen Austausch in Bezug auf einen sportlich-eleganten Wagen auf Käfer-Basis. Sie fanden kongeniale Unterstützung im Design-Studio Ghia und dort in Person des Designers Luigi Segre, unter dessen Leitung der erste Karmann-Ghia Prototyp entstand, der 1953 dann Wilhelm Karmann vorgeführt wurde.

Im Juli 1955 wurde der Karmann-Ghia dann erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Staunen war groß: Nie zuvor hatte ein Volkswagen derart viel Stil und mondäne Eleganz ausgestrahlt.

Der Sekretärinnen-Porsche zeigt es der Fachwelt!

Ab 1957 baute Karmann in Osnabrück auch eine Cabrio-Version.

Unter dem Blechkleid arbeitete jedoch vertraute Technik: Der Typ 14 basierte technisch auf dem VW Käfer und übernahm dessen luftgekühlten Boxermotor im Heck sowie die Plattform und die Radaufhängung. Die Leistung lag zu Beginn bei bescheidenen 30 PS, später stieg sie auf bis zu 50 PS. Damit war der Karmann-Ghia in den ersten Jahren kaum 120 km/h schnell. Sein betuliches Temperament brachte ihm den zweifelhaften Spitznamen „Hausfrauen Porsche“ ein, einige Motorjournalisten urteilten bei der Premiere, dass der Karmann-Ghia zwar nett aussehe, unter dem Strich aber eher die Karikatur eines Sportwagens sei. Aber bis in die 60er Jahre war das Autobahntempo vergleichsweise gemächlich und somit erfreuten sich Karmann-Ghia Eigner und Eignerinnen eher an der hochwertigen und sehr stylischen Machart ihres schicken 2+2-Sitzers.  Keine Frage der Karmann-Ghia Typ 14 war ein ausgesprochen elegantes Fahrzeug.

Nach 19 Jahren lief die Produktion aus, der Scirocco kündigte sich an!

Der Karmann-Ghia  Typ 14 wurde grundsätzlich mit dem jeweils stärksten Käfer-Motor ausgestattet, in diesem Falle der 50 PS 1,6 Liter.

Seine Formen – fließend, rund, fast skulptural – verliehen ihm den Beinamen „der schönste Volkswagen aller Zeiten“. Trotz seiner geringen Motorleistung war der Typ 14 besonders erfolgreich in den USA, wo er als europäischer Lifestyle-Sportwagen der Mittelklasse galt. Zwischen 1955 und 1974 liefen über 385.000 Coupés und rund 81.000 Cabriolets vom Band. Die Verarbeitung des Karmann-Ghia war zweifelsohne sehr hochwertig, die Rostvorsorge allerdings nicht. Auch die Tatsache, dass die Karosserie komplett ineinander verschweißt war – also ohne abnehmbare Kotflügel – dürfte mit verantwortlich dafür sein, dass viele Typ 14-Karossen wenn überhaupt, dann nur halbherzig restauriert wurden. Allerdings hat sich dies in den letzten 10 Jahren deutlich geändert, auch weil sich der Typ 14 vom reinen Frauen-Image freigeschwommen hat. Heute begeistert er Männer und Frauen gleichermaßen. Zu Recht. Und die Ersatzteilsituation ist besser als vor 20 Jahren.

Typ 34 – Der große Bruder mit Ecken und Kanten

Der große Karmann kam 1961 auf Basis des Typ 3 mit 54 PS und schnittiger Karosse.

1961 stellte Volkswagen auf Basis des neuen Typ 3 (1500/1600) ein zweites Karmann-Ghia-Modell vor: den Typ 34. Wieder zeichnete Ghia für das Design verantwortlich, doch diesmal präsentierte sich das Fahrzeug deutlich kantiger und moderner – ein Kind der frühen Sechzigerjahre mit klaren Linien, schlanken Dachpfosten und großen Fensterflächen. Schnell erhielt er den Spitznamen „Großer Karmann“.

Rund 9000 Mark kostete der avantgardistische Typ 34. Und dann kamen noch die Extras wie zum Beispiel ein elektrisches Stahlschiebedach.

Anders als der Typ 14 war der Typ 34 technisch aufwendiger und luxuriöser ausgestattet: Scheibenbremsen vorn, besseres Fahrwerk, optional elektrisches Schiebedach und gehobene Innenausstattung. Der 1500er bzw. 1600er Motor mit bis zu 54 PS machte ihn agiler, wenn auch nicht zum Sportwagen. Der Motor des 1500 S war allerdings thermisch etwas empfindlich, sodass Volkswagen schnell einen Hubraum von 1.493 auf 1.584 ccm vergrößerte und die Verdichtung etwas zurücknahm. Die Motorleistung von 54 PS blieb gleich, wurde aber 200 U/min früher bei 4.000 U/min erreicht und der neue Motor übertraf mit 110 Nm bei 2.000 Touren seinen Vorgänger um sage-und-schreibe 4 Nm. Aber er war jetzt deutlich standfester.

Volkswagen versuchte auch den weniger niedlichen Typ 34 als Frauenauto zu positionieren, der große Karmann fand seine Kunden aber auch unter den männlichen Fans. Dennoch die Absatzzahlen blieben hinter den Erwartungen zurück.

Was dem Typ 34 jedoch fehlte, war ein Cabriolet. Ein solches wurde zwar als Prototyp entwickelt – die Karosserie war bereits deutlich steifer als beim Typ 14 –, doch es blieb bei einer Pilotserie von 11 möglicherweise 12 Exemplaren.  Zu teuer, zu geringe Marktchancen, so die Sorgen VW, die ja nicht ganz unberechtigt waren. Denn auch das Coupé sollte absatzmäßig hinter den Erwartungen zurückbleiben.  Heute ist das nie in Serie gegangene Typ 34 Cabriolet ein extrem begehrtes Sammlerstück und Mythos unter Kennern, aber Vorsicht es sind auch nachträgliche Umbauten im Umlauf. Auch nicht in die Serie schaffte es ein Fließheck-Coupe auf Basis des Typ 34. Ein Einzelstück in Rot ist allerdings der Nachwelt erhalten geblieben.

Der große Karmann mit Fließheck blieb ein Einzelstück.

Zwischen 1961 und 1969 entstanden rund 42.500 Typ 34 – deutlich weniger als vom Typ 14. Was ist jetzt genau der Grund für die Kaufzurückhaltung gewesen? Quellen machen den Preis – 1961 kostete der Typ34 fast 9.000 Mark - und das elegante, aber ungewohnt moderne, fast schon avantgardistische  Design verantwortlich. Andere monierten, dass das Coupé kein vollwertiger Viersitzer gewesen sei. Und dann wurde auch immer wieder darauf verwiesen, dass andere Sportwagen in der 1,5 Liter-Klasse mit deutlich sportlicheren Fahrleistungen aufwarteten. Während die Mechanik den Liebhaber auch nach 60 Jahren vor keine großen Probleme stellt, sind Blech- und Zierteile nur schwer aufzutreiben.

 

Karmann-Ghia TC – Der brasilianische Sonderling

Der Karmann-Ghia TC basierte auf dem Chassis des Typ 34 und war eine brasilianische Eigenentwicklung ausschließlich für den Heimatmarkt.

Der dritte Vertreter der Karmann-Ghia-Familie ist weit weniger bekannt – und doch ein faszinierendes Kapitel: der Karmann-Ghia TC, gebaut von der brasilianischen Tochtergesellschaft Karmann do Brasil ab 1970.

Die Titelzeile dieser Zeitungsanzeige müssen wir wohl nicht übersetzen.

Der TC (Touring Coupé) basierte technisch auf dem Karmann-Ghia Typ 34, besaß jedoch eine eigenständige Karosserieform mit flacher Front, langer Motorhaube und einem typischen GT-Fließheck wie es zu dieser Zeit diverse, meist italienische Sportwagen hatten. Das Design stammt komplett aus Brasilien, mit einem Hauch europäischer Eleganz und amerikanischem Einfluss. Der 1,6-Liter-Boxermotor leistete 54 PS – in Südamerika galt der TC als sportlich. Das musste er auch sein,  denn eine protektionistische Wirtschaftspolitik durch eine Militärregierung erschwerte den Import von Automobilen ungemein. Ein Porsche 911 wurde offiziell zu diesem Zeitpunkt in Brasilien nicht angeboten. Das ein TC mit Fuchsfelgen und in Farbtönen wie Gelb und Orange einen Hauch von Porsche verströmte, war sicherlich gern in Kauf genommen. Da störte es auch nicht, dass der TC eine am Dach angeschlagene Heckklappe besaß, die es am 911/912 nie gegeben hat.

Das Design des Karmann-Ghia TC war eine brasilianische Eigenentwicklung, das Fließheck sicherlich die Schokoladenseite. 

Interessant: Der TC war kein Exportmodell – er wurde ausschließlich für den brasilianischen Markt konzipiert und gefertigt. Das macht ihn heute zu einem besonders seltenen Exoten auf europäischen Oldtimer-Treffen.

Von 1970 bis 1972 hatte Volkswagen do Brasil gleich zwei Coupés im Programm.

Zwischen 1970 und 1976 wurden rund 18.000 Exemplare gebaut. Seine Seltenheit, das ungewöhnliche Design und die enge Verbindung zur Karmann-Ghia-Tradition machen den TC heute zu einem begehrten Sammlerstück für Fans fernab der klassischen Typen.

 

70 Jahre VW Karmann-Ghia – Drei Gesichter einer automobilen Ikone

36 Bilder Fotostrecke | Zum 70. Geburtstag des Karmann-Ghia: Das Karmann-Ghia Trio: Karmann-Ghia: der unterschätzte Sportwagen #01 #02

70 Jahre nach dem Debüt des Typ 14 stehen die drei Karmann-Ghia-Modelle stellvertretend für die Vielseitigkeit einer Idee: ein alltagstaugliches Automobil mit italienischem Chic und Volkswagen-Technik.

  • Typ 14: Die stilvolle Ikone für den Alltag – charmant, fließend, weltweit geliebt.
  • Typ 34: Der kantige Luxus-Ghia – fortschrittlich, aber nie ganz im Herzen des Markts angekommen.
  • TC: Der brasilianische Außenseiter – selten, sportlich, eigenwillig.

Sie alle tragen das Erbe eines ungewöhnlichen Konzepts weiter: das Veredeln einfacher Technik mit Design, das emotional berührt. Ein Konzept, das bis heute fasziniert – und auf jeder Oldtimer-Rallye neugierige Blicke auf sich zieht. Auch wenn der Ur-Entwurf nun seinen 70. Geburtstag feiert, für viele Fans ist er deswegen noch lange kein Opa. Im Gegenteil, gerade der Typ 14 steht bei vielen jüngeren VW-Fans hoch im Kurs. Nicht selten mit modifizierter Maschine und/oder Airride-Fahrwerk.  Vom Hausfrauen- oder Sekretärinnen-Porsche ist da schon lange keine Rede mehr.

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