"Alte Dame" mit Patina und etwas Tuning

Karmann, keiner macht mich mehr an

"Alte Dame" mit Patina und etwas Tuning: Karmann, keiner macht mich mehr an
Erstellt am 13. November 2018


Oldtimer üben auf Autofans eine ganz besondere Faszination aus. All die Assistenzsysteme und Fahrhilfen der Neuzeit, Servolenkung, ABS – Fehlanzeige. Das macht die Schrauberei zu einem direkten Erlebnis, da computerunterstützte Systeme meist gänzlich fehlen. „Schraubendreher statt Steuergeräte“ lautet das Motto, dem sich auch Hannes Dreier aus Österreich verschrieben hat.

"Karmänner" sind im Straßenbild selten geworden

Wenn man nicht gerade im VW Museum der Familie Grundmann zu Gast war, wird man einen Karmann Ghia wohl nur noch in den allerseltensten Fällen in freier Wildbahn oder auf offener Straße antreffen. Die Linienführung der in Osnabrück gebauten Modelle zieht auch heute noch Automobilisten in ihren Bann, entsprechend gefragt sind die Exemplare bei Sammlern und Fans.

Schrauben am Oldie entschleunigt

Nachdem Hannes seinen VW Passat verkauft hatte, suchte er nach neuen Herausforderungen. Er schätzt die entschleunigende Wirkung klassischer Automobile, daher beschränkte er seine Suche auf Käfer, Busse und eben den Karmann Ghia. Und wenn man mit Bruder und Vater gleich zwei Berufsschrauber in der Familie hat, ist guter Rat oft nicht teuer sondern nah.

Wild, Wild East

21 Bilder Fotostrecke | Klassiker mit Patina und Tuning: Karmann - keiner macht mich mehr an! #01 #02 Das Objekt der Begierde fand sich schließlich nach einiger Suche in rund 400 Kilometer Entfernung im Osten Österreichs. „Kurz“ hingefahren, den 1960er Karmann unter die Lupe genommen, gekauft und per Trailer nach Hause transportiert.

Statt eines bewegten Lebens hatte der Typ 143 nur einen einzigen Besitzer. Dieser verstarb früh, das Auto stand lange Zeit in einer Garage herum, ehe die Gattin das Gefährt zwischenzeitlich weiter. Der neue Eigentümer lagerte das Fahrzeug zwar, ohne es jedoch aktiv zu bewegen.

Vor dem Rollout kam der Papierkrieg

Ehe der Karmann wieder rollen durfte, bekam Hannes graue Haare. „Der Wagen hatte keine Originalpapiere mehr, was sich als eine der schwierigsten Aufgaben herausstellen sollte“, erinnert sich der 24-Jährige. Erst nach vielen Telefonaten mit dem Land, der Polizei und TÜV-Prüfern war es möglich, dem Auto wieder ordnungsgemäße Papiere zu verschaffen.

Dank einiger Spezialteile liegt der Karmann tiefer als jemals zuvor

Hannes entfernte die dicke Staubschicht vom Lack und staunte über den recht guten Zustand des Farbauftrags. Klar, Väterchen Rost und der Zahn der Zeit hatten deutliche Spuren am Blech hinterlassen, aber Menschen sehen nach einem halben Jahrhundert auch nicht mehr so faltenfrei aus, wie in der Jugend. Die Arbeiten beschränkten sich daher zunächst auf eine Generalüberholung der Technik. Dann ging es dem Fahrwerk an den Kragen. Ein Luftfahrwerk kam zum Einsatz. Kompressor und Lufttank verschwanden im Kofferraum. BRM-Felgen in 17 Zoll rundeten die Retro-Optik ab. So ausgerüstet führte die erste „Probefahrt“ Hannes und seinen Karmann an den Wörthersee, der sich in jenem Jahr aufgrund von heftigem Schneefall als „Wörtherschnee“ wohl für immer ins Gedächtnis der See-Fahrer eingebrannt hat. „30 Zentimeter Schnee rund um den See und wir mittendrin“, lacht Hannes, „war eine sehr angenehme und interessante Fahrt.“ Der 30-PS-Motor und erfreulicherweise auch die Heizung leisteten ganze Arbeit.

Kein Stress dank 30 PS

Angesichts der positiven Reaktion von jungen und alten Autofans war Hannes regelrecht begeistert. So machte das Cruisen um den See noch mehr Spaß. Später folgte ein Wechsel der Felgen auf BBS E50 Modelle (sieht man am Karmann auch nicht alle Tage) und eine Komplettüberholung des 1200er Triebwerks.

Der „alten Dame“, wie Hannes seinen Oldtimer liebevoll nennt, geht es gut. Sie steht zur Zeit auf originalen Stahlfelgen und Weißwandreifen in der Dreierschen Garage, wo sie ihren Winterschlaf hält. Und sobald die Sonnenstrahlen Natur und Umwelt im kommenden Frühjahr zu neuem Leben erwecken, wird Hannes wieder den Zündschlüssel seines Karmann herumdrehen. Die alte Dame wird sich ein wenig schütteln, sie wird ein wenig husten und dann wird sie ihrem Besitzer bei Ausfahrten wieder jede Menge Freude bereiten. Ganz ohne Hektik.

Technische Daten

Fahrzeugtyp: Karmann Ghia

Baujahr: 1960

Motor: 1200er Typ1 Serienmotor, 30 PS

Getriebe: original

Fahrwerk: Luftfahrwerk, gekürzte und verstellbare Vorderachse, ACS-HiJacker, Tieferlegungs-Achsschenkel, Achsschwerter verstellt, Spezialdämpfer hinten

Räder: Airevo/BRM in 7x17 ET20

Reifen: Nankang NS2, vorne in 165/35 R17, hinten in 185/35 R17

Bremsen: Serie

Karosserie: originaler Zustand, schwarzer Lack, Dach weiß, Französische Scheinwerfergläser, US-Rückleuchten mit roten Blinkern

Innenraum: original

ICE: Retrosound Harmony Headunit mit USB, Bluetooth und AUX-Eingang

Dank an: Vater Johann, Bruder Christoph, Markus Außerlechner und Robi Unterrainer

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