VW 147: Ein Herz für VW Fridolin

1000 Stunden sind keine Ewigkeit: Die Auferstehung eines Fridolin

VW 147: Ein Herz für VW Fridolin: 1000 Stunden sind keine Ewigkeit: Die Auferstehung eines Fridolin
Erstellt am 7. November 2008

Dieses Auto, das heute ausschaut wie neu, war einst ein Wrack! Bei Restaurationen nichts Ungewöhnliches. Erschwerend kommt hinzu, für einen VW Typ 147 gibt es keine Blechteile zu kaufen. Also musste alles – und wir meinen wirklich alles - in Handarbeit neu gefalzt, gedengelt und getrieben werden. Eine Arbeit für einen, der Vater und Mutter erschlagen hat? Nein, für einen, der einen Fridolin liebt……

Das sind bekanntlich nicht viele! Fridolin-Freunde sind selbst in der luftgekühlten Szene dünn gesät und wenn man einen trifft, dann bringt man ihm oft mehr Mitleid als Respekt entgegen. Warum das so ist? Weil diese Menschen Zeit, Mühe und Geld in ein Auto investieren, dass außer ihnen sowieso niemand haben will (Den Autor dieser Zeilen vielleicht mal ausgeschlossen!) Ein Fridolin sieht weder besonders cool noch sexy aus und er rostet so engagiert vor sich hin, dass Zeitgenossen mit feuchter Aussprache oder Schwitzehändchen der Zugang durch die beiden Schiebetüren besser gleich verwehrt wird.

Wer postet, der rostet

Gut, dass mit dem Rosten konnte die Post, als sie bei VW einen rollenden Stauraum in der Größenordnung “2 Kubikmeter“ für ihre Zusteller in Auftrag gab, natürlich nicht wissen. Das mit dem Bau beauftragte Unternehmen Westfalia hoffentlich auch nicht. Aber die gelieferte Qualität war lax. Folglich sind die wenigen Fridolin, die mit Hilfe von Komponenten aus Käfer, Karmann, Bus und Typ 3 entstanden, still und heimlich weggerostet. Von den 6139 Exemplaren landeten ursprünglich rund 85 % bei der deutschen Bundespost, den Rest teilen sich die Schweizer Post, Lufthansa und die Verlagsgruppe Gruner und Jahr, die dem Fridolin das Logo des „Stern“ auflackierte und ihn sozusagen als außerordentlichen Büroboten einsetzte. Gab es auch Privatkunden? Vau-Max.de wüsste es gern! Übrigens – Fridolin war nie der richtige Name und die Post, soll ihn auch wirklich nie gemocht haben!

Einer aber, der den Fridolin schon immer mochte, ist Gerd Menneken aus dem Münsterland. Mit seinem Freund Heinrich Sprungmann aus Essen absolvierten sie im Käfer gemeinsam Oldtimer-Rallyes. „Eines Tages hab ich dann gesagt, Heinrich, du brauchst ein eigenes Auto!“, erinnert sich Gerd Mennecken, „und dann haben wir überlegt, welches am besten passt!“ Als erstes wurde ein T1 in Betracht gezogen, dann aber keimte die Idee Fridolin auf. „Da ich den Wagen restaurieren wollte, erschien mir der Fridolin geeigneter als ein T1, bei dem man die Karosse nicht von der Bodengruppe trennen kann. Das hätte wohl einige Platzprobleme gegeben. Und der Fridolin ließ sich – wie ein T1 – als idealer Botschafter für den VW Betrieb von Heinrich Sprungmann verwenden!"

Schweller aus Beton!

Was beide zu diesem Zeitpunkt aber nicht wussten, die Tatsache, dass man beim Fridolin Bodengruppe und Häuschen trennen kann, lässt keine Schlüsse auf die Weiterverarbeitung zu. „Wir haben das dann sehr schnell gemerkt als wir uns auf die Suche begeben haben. Da haben wir Exemplare entdeckt, bei denen Teile der Schweller mit Beton ausgegossen waren!“ Bei dem Auto, das sie dann 2004 gekauft haben, war sogar das Dach durchgerostet. Den hatten die beiden aus einem Schuppen im Mülheimer Hafen gezogen, wo er seit seiner Abmeldung am 10.12.79 vor sich hin dümpelte. Offensichtlich tropfte da über die Jahre hinweg das Wasser immer auf die gleiche Stelle im Dach, bis das dann durchgerostet war.


1000 Stunden Blecharbeit

Im Vergleich zum Rest der Karosse war das Loch aber eine Kleinigkeit. „Nach einer ersten Bestandsaufnahme war klar, dass wir die unteren 20 cm der Karosse komplett ersetzen müssen. Die Bodengruppe war zwar auch durch, aber im Gegensatz zur Karosse gab und gibt es dafür ja noch genügend Teile. Das Zerlegen der Karosse gestaltete sich dann relativ leicht. Gerd Menneken mußte in seiner Garage nur drei bis vier Mal heftig auftreten und schon rieselte der Rest der Karosse vom Chassis. Wo andere genervt in Tränen ausgebrochen wären, erwachte bei dem engagierten Schrauber Gerd das Kämpferherz. Die Flex sägte alles, was rott war erbarmungslos raus. „Wir haben dann alle Blechteile neu gezeichnet und aus Blechplatten selbst getrieben!“, erinnert sich Gerd. Ein Vorteil sind dabei die geraden Flächen des Typ 147. Dennoch sind allein für die Blecharbeiten rund 1000 Stunden draufgegangen…

Türen, Kotflügel, Hauben und Klappen, sowie alle Stoßstangen konnten ebenso wie das Interieur mit großem Engagement wieder hergestellt werden. Und obwohl die elend lange Standzeit weder dem Getriebe noch dem verbauten Motor etwas anhaben konnte, entschlossen sich Gerd und Heinrich, die Mechanik komplett zu tauschen. Jetzt fuhrwerkt hinten wieder ein originaler 34 PS-Boxer. „Die komplette Karosse haben wir dann in jenes typische Taubenblau/Perlweiß lackiert, dass die Service-Busse der VW-Werkstätten seinerzeit trugen“; erläuterte Gerd. Die Farbe steht ihm gut. Insbesondere in Verbindung mit dem klassischen VW-Männchen. Die Zeichnung mit dem rasenden Mechaniker auf der Haube vorn ist vom Pizza-Boten inspiriert – vermutlich ein Tribut an die ungezählten Stunden in der Werkstatt.

Ein besonderes Highlight ist der Beifahrersitz, der sich komplett zusammenfalten und nach vorn klappen und drehen lässt. Den haben VW-Freunde dem Fridolin gespendet. Der Sitz war ein aufpreispflichtiges Extra für den Zusteller-VW. Ob er nur denjenigen bewilligt wurde, die besonders schwere Pakete auszufahren hatten…? Die Postvergangenheit des Typ 147 mit der Fahrgestellnummer 140.2204.985 ist auch der Grund dafür, warum die Gepäcknetz-Halterung nachwievor in Gelb lackiert ist. „Dieses Teil sollte an seine ursprüngliche Bestimmung erinnern!“, so Gerd.

Übrigens, wer einmal in einem Fridolin gesessen hat, der kann über das Platzangebot nur staunen. Dank Schiebetüren ist der Zugang mehr als bequem und das hohe Dach verschaffte dem Zusteller nicht nur wegen der Postmütze soviel Kopffreiheit, sondern weil es das Be- und Entladen generell erleichterte. Eine Erwähnung wert ist auch der von 1957 stammende original Westfalia-Anhänger „Typ Wolfsburg“ , der ebenfalls komplett restauriert und taubenblau lackiert wurde. Er bildet jetzt zusammen mit dem Fridolin trotz des Altersunterschieds eine harmonische Einheit.

Platz 1 beim Maikäfertreffen

Mit diesem Gespann haben Gerd Mennecken und Heinrich Sprungmann 2008 nicht nur zahlreiche Oldtimer-Veranstaltungen absolviert, sie präsentierten dieses Prachtstück auch auf der wohl wichtigsten deutschen Käferveranstaltung, dem „Maikäfertreffen“ in Hannover. In der Kategorie „Sonderaufbauten“ belegte der Fridolin dann den 1. Platz! Das war sein Glück, denn zum Dank darf er jetzt im beheizten Ausstellungsraum der Firma Leo Sprungmann in Essen überwintern!

VAU-MAX kompakt

Fahrzeugtyp: VW Typ 147

Erstzulassung: 25.11.1969

Karosserie: Original, angefertigt bei Westfalia, komplett restauriert,

Räder & Reifen: 4,5 x 15 Stahl mit 165 R15 Diagonal

Fahrwerk: vorn Drehstabfederung mit Teleskop-Dämpfern, hinten Pendelachse mit Teleskop-Dämpfern

Motor: 1192 ccm Vierzylinder-Boxer

Leistung: 34 PS

Getriebe: Viergang, synchronisiert

Auspuff: Ein-Rohr (analog T1)

Bremsen: Rundum hydraulische Trommeln

Innenraum: schwenkbarer Beifahrersitz, zusätzliche Rückbank hinten,

Vmax: 100 km/h

Preis: 6500 DM

Dank an: Autohaus VW Leo Sprungmann, Essen-Kupferdreh

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1 Kommentar

  • bullileinchen

    Bullileinchen

    ich finds super, das auch mal Raritäten vorgestellt werden. Obendrein witzig geschrieben! Weiter so!

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