Mythos Porsche 959 & 959S

Die Legende bebt mit bis zu 515 PS

Mythos Porsche 959 & 959S: Die Legende bebt mit bis zu 515 PS
Erstellt am 6. April 2010

Es gibt schöne Autos. Und es gibt schnelle. Und es gibt einen, dem war alles gegeben, um schon zu Lebzeiten als Legende auf Erden zu wandeln. Er heißt Porsche 959. Das zwischen 1986-1988 gebaute 2+2 Coupé vereinte sämtliche Supercar-Superlative in einen fahrbaren Kultgegenstand. Das hatte die Welt so noch nicht gesehen: Ausgestattet mit Biturbo-Motoren von 450 PS bis 515 PS Leistung, einem variablen Allradantrieb mit komplexer Traktionskontrolle, einer variablen Höhenverstellung und einer besonders strömungsgünstigen Karosse in Leichtbauweise setzte der 959 die Duftmarke für den Stand der Dinge im High-Tech-Sportwagenbau.

Zu seiner Zeit stand der zwischen 1986 – 1988 gebaute Porsche 959 für Fahren in seiner schönsten, schnellsten und seltensten Form, denn insgesamt wurden nur 292 Fahrzeuge von dem Wagen mit der anspruchsvollen Spitzentechnik produziert. Dazu passte ins Bild, dass auch der finanzielle Gegenwert des 959 den normalen Rahmen sprengte. Für offizielle Verkaufspreise ab 420.000 DM sollte man in den Genuss kommen können, diesen einzigartigen Wagen sein Eigen nennen zu dürfen.

Der 959S war in der Spitze sogar für 339 km/h gut

Solche Kurse wirkten freilich nicht einmal im Ansatz abschreckend, denn Porsche-Enthusiasten, die vermögend und willens waren, sich diesen Wagen ihrer Zuffenhausener-Edelmetall-Sammlung einzuverleiben, gab es mehr als genug. Rasch überstieg die Nachfrage das limitierte Angebot. Am Ende sollen für den 959 Schwarzmarktpreise in Millionenhöhe gezahlt worden sein. Diesen Traumwagen zu besitzen, ließ sich mancher offenbar ein Vermögen kosten. Auch das gehört zum Mythos 959.

Ob des Runs auf den neuen Renner durfte man sich in Zuffenhausen getrost die Hände reiben. Denn die Erwartungen, die mit der Entwicklung des Wagens verbunden waren, schienen sich allesamt zu erfüllen. Dabei war es nicht das erklärte Ziel, viel Geld mit dem 959 verdienen. Vielmehr sollte der 959 dem Porsche-Kult neue Nahrung zu geben. War das denn nötig? Und ob, denn damals schwächelte der Absatz der Premiummarke. Schauen wir uns doch mal die Situation an, in welcher sich das Haus Porsche damals befand:

Fahren in seiner schönsten, schnellsten und seltensten Form

Solide Technik, gutes Marketing und Tradition – das waren in den vorhergegangenen Jahrzehnten die Garanten für den Erfolg eines Automobilherstellers. Mitte der 80er Jahre aber vermehrten sich die Anzeichen, dass die bewährten Strategien nicht mehr griffen. Produzenten, für die der Export besonders wichtig war, bekamen dies als erste zu spüren. Konnte Porsche 1985/86 weltweit noch über 53.000 Fahrzeuge absetzen, ging die Zahl der verkauften Fahrzeuge 1987/88 auf 31.000 Einheiten zurück. Als Gründe für diese dramatische Entwicklung gelten die lang anhaltende Krise des US-Dollars und die Etablierung der Konkurrenz aus Fernost.

Im Jahr 1986 triumphierte der 959

Bereits zum Jahreswechsel 1982/83 wurde in der Fachpresse gemunkelt, dass in Zuffenhausen mit Hochdruck an einem neuen Auto gearbeitet würde. Tatsächlich präsentierte Porsche nur wenig später die im Wesentlichen auf dem 911er beruhende "Studie B", aus welcher nach geringfügigen Änderungen schließlich der 959 hervorgehen sollte. Hierbei handelte es sich um ein Fahrzeug, das speziell für den Einsatz im Rennsport der Gruppe B konzipiert und für die Teilnahme an der Rallye Paris-Dakar auserkoren war. Und Porsche brauchte dringend den Erfolg.

Zum Glück erwies sich der Neue als der erhoffte Siegertyp, indem er die wüsten Spektakel von 1984 und 1986 jeweils mit dem ersten Platz beendete.

Porsche musste reagieren. Natürlich schnell. Aber wie genau? Was ein Sportwagenbauer von Weltruf wie Porsche jetzt am dringendsten brauchte, waren nicht einfach nur neue Modelle. Nein, hier waren neue Konzepte gefordert, die mit einem Paukenschlag den Ausnahmestatus von Porsche offenbar machten. Kurz: Ein neuer Porsche-Mythos musste geboren werden.

Im Jahr 1986 triumphierte der 959 - allerdings unter dem Kürzel 961 – auch beim prestigeträchtigen 24 Stunden Rennen in Le Mans. Aufgrund dieser Aufsehen erregenden Rennsporterfolge häuften sich die Anfragen, wann der 959 denn nun endlich ins Verkaufsprogramm aufgenommen werden würde. Die Ungeduld wuchs, weil das Werk bereits ein Jahr zuvor bekannt gegeben hatte, den 959 in einer Auflage von etwa 700 Exemplaren bauen zu wollen. Nebenbei gesagt sahen die Rennsport-Richtlinien für die Teilnahme an der Gruppe B nur eine Mindestproduktion von 200 Fahrzeugen vor.

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Am Ende sind ja – wie bereits erwähnt – auch nur 292 Autos (andere Quellen sprechen von 283 Fahrzeugen) produziert worden, obwohl man die ursprünglich genannte Zahl von 700 Stück an und für sich locker hätte verkaufen können. Dass die Verknappung des Angebots mit einer fortdauernden Verzögerung des Produktionsstarts einherging, fachte das Interesse an dem Objekt der Begierde nur noch mehr an. Als der 959 im Frühjahr 1987 dann endlich im Showroom ausgesuchter Porsche-Händler ankam, löste sich die bei Fans und Fachwelt angestaute Anspannung sogleich in pures Wohlgefallen auf.

Nicht nur auf den ersten Blick, sondern auf jeden weiteren auch, begeisterte die formschöne Linienführung des windschlüpfrigen Fahrzeugs (0,31 Cw), das den Luftwiderstand und den Auftriebskräften mit geglättetem Unterboden und einem effektiven Spoilerwerk trotze. Übrigens war der 959 in zwei Ausstattungsvarianten lieferbar. Es gab eine Komfortversion mit Klimaautomatik, Volllederausstattung mit umfangreichen elektrischen Verstellmöglichkeiten der Sitze, einem zusätzlichen Außenspiegel auf der Beifahrerseite und einer aufwändigen Niveauregulierung des Fahrwerks.

Erklärte Porsche-Puristen freilich dürften sich in der etwas spartanischer ausstaffierten und deshalb leichteren Sportvariante wohler gefühlt haben. Überhaupt wurde beim 959 viel getan, um Gewicht einzusparen. So bestand die Sicherheitszelle des Wagens aus feuerverzinktem Stahlblech. Des Weiteren wurden Türen und Fronthaube aus Aluminium gefertigt. Bei den Magnesium-Rädern in 8 x 17 VA und 9 x 17 HA wiederum drehte sich alles um hohl gegossene Speichen.

Gewicht sparen und den CW-Wert senken wo es ging

Unnötige Kilos ließen sich ferner mit dem Einsatz von reichlich Kunststoff vermeiden. Zum Beispiel verdankte die Frontschürze einem Polyurethan-Schaum ihr leichtes Dasein. Und in die Fertigung von Kotflügel, Heckpartie und Dachaußenhaut floss viel ballaststoffarmes Epoxydharz ein. Dergestalt brachte die Sportversion 1.350 kg und die Komfortvariante 1.450 Kg auf die Waage.

Das deftige Plus von zwei Zentnern war auf der umfangreicheren Habenseite des komfortableren 959 zu verbuchen. Der bot seinem Piloten zum Beispiel die Möglichkeit bequem per Drehschalter während der Fahrt das Maß an Bodenfreiheit (drei Stufen: 120 mm, 150 mm und 180 mm) zu verändern. Die Sportversion verfügte nicht über ein derartiges System und befand sich konstant in der niedrigsten Einstellung. Vernünftigerweise hatte die Wahlentscheidung des Fahrers eines Komfortmodells nur bei geringeren Geschwindigkeiten Bestand. Bei höherem Tempo übernahm automatisch die Technik die Verantwortung für die Höhen und Tiefen des Fuhrwerks.

Höhenverstellbares Fahrwerk vom Innenraum aus

Ganz auf Nummer Sicher ging Porsche ebenfalls mit einem ABS, welches speziell für hohe Geschwindigkeiten über 300 km/h ausgelegt worden war. Eine weitere Maßnahme zur Steigerung der Fahrsicherheit war ein Kontrollsystem, welches den Fahrer per Anzeige über einen Luftdruckverlust in den Reifen informierte. Insofern der Pneu nicht beschädigt war und es ihm nur an dem nötigen Fluidum fehlte, konnte der Pilot mithilfe eines zum Bordwerkzeug gehörenden Kompressors sofort wieder für die richtigen Druckverhältnisse sorgen.

Für den Extremfall, dass den ab Werk montierten Bridgestone-RE71-Reifen im Format 235/45 ZR17 vorn und 255/40 ZR17 einmal ganz plötzlich die Luft ausgehen sollte, bot das Dunlop-Denloc-Sicherheitssystem immer noch genügend Seitenführung, um das Fahrzeug spur- und linientreu manövrieren zu können.

Außer Gewicht blieb dem 959 wirklich nichts erspart. Schon gar nicht wurde bei der Antriebseinheit geknausert. Der 2,85-Liter-Sechszylinder-Boxermotor des 959 wurde von zwei Turboladern beatmet. Während sich Kurbeltrieb und Zylinder von Luft kühlen ließen, wurde den 4-Ventil-Zylinderköpfe und den Turboladern zur Erfrischung Wasser kredenzt. Weitere Garanten für Leistung auf höchstem Niveau lagen in Form von Trockensumpfschmierung, Titan-Pleuel, hydraulischem Ventilspielausgleich und zwei oben liegenden Nockenwellen je Zylinderbank vor. Interessant ist, dass der 959 im Fahrbetrieb seine doppelt "turbolente" Veranlagung dosiert ins Spiel brachte. Registeraufladung ist hier das Stichwort.

Auch im Porsche 959S blickt man auf einen zentralen Drehzahlmesser

Sie sorgte dafür, dass im niedrigen Drehzahlbereich ausschließlich der kleinere und schneller ansprechende Turbolader den Porsche agil machte. Der größere Lader mischte erst ab 4.300 U/min mit. Im Stadium höchster Betriebsamkeit mobilisierte der Biturbo-Boxer 450 PS. Sein max. Drehmoment von 500 Nm lag bei 5.000 U/min an. Bei 29 Fahrzeugen besserte das Werk diesen Wert sogar noch einmal deutlich nach. Diese, intern als 959S bezeichneten Porsche, leisteten sagenhafte 515 PS. (Bei unserem Fotomodell handelt es sich übrigens um besagten Porsche 959S. Dafür, dass wir diesen in Privatbesitz befindlichen Wagen fotografieren durften, sagen wir an dieser Stelle herzlichen Dank!).

Einerlei, ob man nun einen "normalen" 959 oder einen 959S-Dampfhammer pilotierte - gemeinsam ist beiden, dass sie sich auf allen Vieren in Bewegung setzten. Denn das Sechs-Ganggetriebe leitete die Power des Motors an einen permanenten Allradantrieb in Transaxle-Bauweise weiter – wobei vier Fahrprogramme ('Traktion', 'Trocken', 'Nässe', 'Schnee und Eis') mit einer je unterschiedlich abgestimmten Kräfteverteilung über einen Hebel im Cockpit (sogar während der Fahrt) eingestellt werden konnten. Bei der Einstellung für trockene Fahrbahn beispielsweise wurden 80 Prozent der Fahrleistung auf die Hinterräder übertragen. Entschied sich der Pilot für das Programm 'Traktion', ließ er den Walzen an Vorder- und Hinterachse gleich viel Kraft zukommen.

Das beeindruckende Aufgebot an geballter Spitzentechnik spiegelte sich beim 959 in imposanten Fahrleistungen wider. Von 0-100 km/h beschleunigte der Ausnahmeathlet in nur 3,9 Sekunden. Um aus dem Stand Tempo 200 zu erreichen, benötigte der Porsche Supersportwagen nur 14,7 Sekunden. Wenn er richtig in Fahrt kam, erreichte er eine Höchstgeschwindigkeit von 315 km/h. Der 959S war in der Spitze sogar für 339 km/h gut.

Fazit

Zu seiner Zeit galt der 959 als der ultimative Sportwagen schlechthin. Er war Porsche in Perfektion, denn auf der Grundlage fortschrittlichster Technik war ein Auto entstanden, welches sich durch außerordentliche Leistungsfähigkeit, ausgezeichnete Laufkultur, vorzügliche Fahreigenschaften und zukunftsweisende Sicherheitstechnologien auszeichnete. Dass der in nur geringen Stückzahlen gefertigte Supersportler noch seltener im Straßenverkehr gesichtet wurde, weil die meisten seiner stolzen Besitzer diesen Schatz sorgsam in ihren Sammlungen verbargen, untermauerte nur seinen Status, etwas ganz Besonderes zu sein. Dieser einmaligen Konstellation verdankt der Mythos 959 seine Entstehung.

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Fahrzeugtyp: Porsche 959/959S

Baujahr: (1986 – 1987)

Motor: 2.849-ccm-Sechszylinder-Boxer mit Register-Biturbo-Aufladung und Ladeluftkühlung, 450 PS (515 PS beim 959S)

Getriebe: variabler Allradantrieb mit vier Wahlmöglichkeiten in Transaxle-Bauweise, Sechsgang-Getriebe;

Übersetzungen:

1.Gang: 3,500

2.Gang: 2,059

3.Gang: 1,409

4.Gang: 1,036

5.Gang: 0,813

6.Gang: 0,639

Achsübersetzung: 4,125

Räder: 8 x 17 vorn und 9 x 17 hinten; optional 10 x 17 hinten; Räder mit Reifendrucksensor

Reifen: Bridgestone "RE71", 235/45 ZR17 vorn und 255/40 ZR17 hinten; optional 275/35 ZR17 hinten

Fahrwerk: Einzelradaufhängung vorn und hinten, mit Doppelquerlenkern, Spiralfedern, regulierte und verstellbare Bilstein-Stoßdämpfer, Niveauregulierung bei der Komfortversion

Spurweite: vorn 1.504 mm und hinten 1.550 mm Radstand: 2.300 mm

Maße (LxBxH): 4.260 mm x 1.840 mm x 1.280 mm

Leergewicht: 1.350 kg/Sportversion, 1.450 kg/Komfortversion

Beschleunigung von 0-100 km/h: 3,9 sec

Beschleunigung von 0-200 km/h: 14,3 sec

Höchstgeschwindigkeit: 315 km/h (339 km/h beim 959S)

39 Bilder Fotostrecke | Mythos Porsche 959 & 959S: Die Legende bebt mit bis zu 515 PS #01 #02

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