Technologie-Offenheit entscheidet

Kippt die EU das Verbrennerverbot doch noch?

Technologie-Offenheit entscheidet: Kippt die EU das Verbrennerverbot doch noch?
Erstellt am 19. Februar 2025

Die europäische, insbesondere die deutsche Autoindustrie steht unter Druck. Der rasche Umstieg auf Elektromobilität verläuft schleppend, die Kunden sind zurückhaltend – vor allem bei Fahrzeugen mit Stecker. Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen, dass das für 2035 geplante Verbrennerverbot ins Wanken gerät.

Als das EU-Verbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor beschlossen wurde, herrschten im Parlament und den Ausschüssen andere Mehrheitsverhältnisse. Doch nach der jüngsten Europawahl ist die konservative EVP mit 188 Sitzen die stärkste Kraft und führt einen rechtsgerichteten Block an, während linksgerichtete Parteien deutlich verloren haben – eben jene, die das Verbot durchgesetzt hatten.

Eine komplette Rücknahme scheint zwar unwahrscheinlich, doch Ausnahmen und längere Übergangsfristen stehen zur Diskussion. Der aktuelle Beschluss sieht vor, dass ab 2035 neu zugelassene Fahrzeuge in der EU kein CO₂ mehr ausstoßen dürfen. Verbrennungsmotoren sind nicht grundsätzlich verboten, sie müssten jedoch mit synthetischen, klimaneutralen Kraftstoffen (eFuels) betrieben werden – deren Herstellung derzeit allerdings teuer und energieintensiv ist.

Der Widerstand gegen die strikte Regelung wächst, insbesondere in Ländern mit schwächelnder Automobilindustrie. Die Zulassungszahlen für Elektroautos bleiben hinter den Erwartungen zurück, während Europa im globalen Wettbewerb – vor allem gegenüber China und den USA – an Boden verliert.

Die Automobilindustrie gehört zu den Kernsektoren der europäischen Wirtschaft, weshalb nicht nur Hersteller, sondern auch Zulieferer und Wirtschaftsvertreter für eine Lockerung des Verbots plädieren. „Wenn die europäische Autoindustrie die Produktion der größten Emissionssünder drosselt, müssen 2,8 Millionen Fahrzeuge jährlich aus den Plänen gestrichen werden“, warnt Renault-CEO Luca de Meo, bis vor Kurzem Präsident des europäischen Herstellerverbands ACEA. „Das hätte drastische Folgen für die Produktion und Beschäftigung.“

Besonders konservative Parteien im Europaparlament setzen auf „Technologieoffenheit“ – sie fordern, dass Hersteller und Zulieferer auch nach 2035 weiterhin in Verbrennungstechnologien forschen dürfen. BMW-Chef Oliver Zipse kritisiert die EU-Vorgaben: „Wir brauchen eine Überprüfung der CO₂-Flottengesetzgebung. Eine Regulierung, die Marktrealitäten und Kundenwünsche ignoriert, aber alternative Technologien nicht fördert, kann nicht erfolgreich sein.“

Während Europa als einzige Weltregion am Ausstieg aus der Verbrennertechnologie festhält, lehnten die USA und China ein solches Verbot bereits ab. Andere Märkte in Asien, Afrika und Südamerika setzen weiterhin auf verschiedene Technologien zur CO₂-Reduzierung.

Der neue ACEA-Präsident, Mercedes-CEO Ola Källenius, hat eine klare Agenda: „Wir werden uns für bessere regulatorische Bedingungen, eine marktgetriebene Dekarbonisierung und fairen Handel einsetzen.“ Unterstützung könnte von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommen, die als CDU-Mitglied der EVP angehört. Von kirchlicher Seite hingegen ist keine Rückendeckung zu erwarten – Papst Franziskus zeigte sich kürzlich begeistert über sein neues elektrisches Papamobil, eine Mercedes G-Klasse mit Stecker.

(Stefan Grundhoff, press-inform)

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