Die Volkswagen-Tochter Bugatti hat mit dem Veyron 2005 mehrere Rekorde aufgestellt. Niemals zuvor hat ein straßenzugelassenes Serienauto eine Höchstgeschwindigkeit von 407 km/h geschafft. Das war nicht der einzige Meilenstein. Neben den 16 Zylindern und den eigens entwickelten Spezialreifen gehört auch der Spritverbrauch bei Vollgas zu den rekordverdächtigen Werten in der Automobilgeschichte.
Geschmack ist nicht käuflich Leistung dagegen schon
Nun steckt in der Entwicklung des Bugatti Veyron ja ein monströses Budget, unvorstellbare Manpower und das Know-How, ein Fahrzeug von Grund auf zu einem einzigen Zweck zu entwickeln: Um Rekorde aufzustellen. Was aber, wenn man einen braven Kompaktwagen so umbaut, dass er Leistungstechnisch verdammt nah an den Bugatti Veyron kommt? Muss man ihn dazu etwa wie Asterix´ Weggefährten Obelix, in einen Kessel voll Zaubertrank werfen?
Alles ist machbar, Frau Nachbarin
Markus Hegna juckte die Vorstellung, mit einem Allerwelts-Golf in die Nähe der magischen 1000 PS Schallmauer zu kommen, schon seit langem. Ganz sparsamer Schwabe, suchte der gebürtige Stuttgarter nach einer ökonomisch sinnvollen Basis für sein Projekt. Seine nette Nachbarin verkaufte ihm ihren schwarzen Golf 2 für 2.400 Deutsche Mark. Die grundsolide Basis frisierte der KFZ Mechatroniker mit Old-School-Teilen wie einer scharfen Nockenwelle, Fächerkrümmer und einem bearbeiteten Kopf von Sorg Motorsport und holte so bereits 2001 die ersten Extrapferde aus dem 1.3 Liter Aggregat.
Stufe Zwei: Der Umbau auf Golf GTI 16V Technik
In der nächsten Umbauphase (aus 55 PS kann man eben keine 1.000 machen) flog das Triebwerk über Bord und wurde durch einen 16V-Motor ersetzt. Dank extensiver Kopfbearbeitung, teuflisch scharfen Nocken und Hartmann Komplettauspuff inklusive Krümmer wurde die Ausbeute etwas reicher. Ergebnis der Frisur: 179 PS.
Stufe Drei: Vier Zylinder, 1,8T und Leistungsverdopplung dank Audi TT-Herz
Ein mit dem Ergebnis immer noch unzufriedener Markus rupfte 2006 den Saugmotor zwischen den Domen heraus und implantierte ein aufgeladenes 1.8 Liter Aggregat aus einem Audi TT. Bereits ab Werk auf 265 PS geimpft, brachten ein GT28-Lader, geänderte Pleuel, Kolben und abermals Nockenwellen die Leistung auf 386 Pferdestärken.
Wahre Leistung bringt nur ein AAA
Wieder ein paar Jahre später, die Kriegskasse hatte sich halbwegs wieder erholt, wurde es Zeit für eine neue Basis. Da man aus sechs Orangen mehr Saft pressen kann, als aus vier, operierte Markus ein neues Spenderherz mit sechs Zylindern in den Golf, der zwischenzeitlich im Innenraum immer leerer wurde. Das Fehlen von Verkleidungen und Dämmstoffen hatte aber nicht etwa eine Gewichtsersparnis zur Folge. Übergangsweise schon, doch wurden die fehlenden Kilos durch eine Sicherheitszelle von Herrmann Motorsport mehr als wieder wettgemacht.
Alles andere als ein goldener Käfig
Der Rundum-Sorglos-Käfig soll verhindern, dass die Karosserie des Zweier Golf angesichts des gewalttätigen neuen Monstermotors und seiner Bärenkräfte in zwei Hälften gerissen wird. Ein Blick aufs Datenblatt und sofort wird die Sache sonnenklar: In etlichen Evolutionsstufen landete der ursprüngliche VR6 bei den heute gemessenen 913 PS. Alle Zwischenschritte aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, daher nur der aktuelle Stand der Dinge: Hauptverantwortlich für die Drucksache ist der PT6766 Precision Lader als Ported H Variante.
913 PS dürften in so mancher Situation ausreichen...
JE Kolben mit spezieller Bearbeitung sowie eine Platte zwischen Kopf und Block reduzieren die Verdichtung auf 7,8:1. Eine Nockenwelle nach Art des Hauses bearbeitet die TRW Ventile mit geänderten Ventilfedern und Tellern im neuen Takt. Ein Pierburg Benzinpumpen-Duo bemüht sich, den Kraftstoff in nicht abreißenden Strömen in Richtung Einspitzdüsen zu befördern. Der Obelix-Golf tankt übrigens E85; dank gestiegenen Durchmessers der Ladeluftverrohrung auf 76mm und etlicher Feinarbeiten erreicht der die angegebene Leistung bei 3bar Ladedruck.
Ein KW Gewindefahrwerk hält den Zweier sauber auf dem Boden
In Sachen Fahrwerk vertraut Markus voll und ganz auf Komponenten aus dem Hause KW. Ein KW Gewindefahrwerk in der Variante 2 hält den Golf auf der Straße, eine Porsche Bremsanlage bremst ihn bei Bedarf wieder ein. Das 02A 6-Gang-Getriebe verfügt über einen Quaife Radsatz sowie eine Peloquin Sperre, die Antriebswellen stammen vom Driveshaftshop und sind extrem verstärkt um beim Beschleunigen keinen Korkenzieher aus ihnen zu drehen und die Clutchmaster Kupplung trainiert die linke Wade vorzüglich. Ja, mit 992 Newtonmeter Drehmoment könnte man schon mal eine Hauswand senkrecht hochfahren.
Markus liebt die Messwerte seines Turbo-Golf
Nein, dies ist sicherlich kein Show´n´Shine Auto und auch trotz der szenetauglichen Mille Miglia Felgen in 9x16 mitsamt 225/45er Toyo/Kumho Semislicks ist es optisch ein eher unauffälliges Auto. Gut, die Motorhaube eines Lancia Delta Integrale lässt schon mal erahnen, dass eventuell der Fokus bei diesem Umbau auf den Motor gerichtet sein könnte. Aus dem Stand ist der Golf übrigens in 4,2 Sekunden auf 100 Sachen, 100 200 km/h schafft er in 4,5 Sekunden, 100 250 in 8,5. Die Höchstgeschwindigkeit liegt übrigens laut Markus bei gemessenen 316,5 Stundenkilometern. Die wird man aber, wie beim Veyron übrigens auch, nicht wirklich ausfahren wollen.
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Technische Daten
54 Bilder
Fotostrecke | VW Golf 2 mit 913 PS und 992 Nm: In den Zaubertrank gefallen Der Obelix
Fahrzeugtyp: VW Golf 2
Baujahr: 1989
Motor: 2,8 Liter VR6, Kennbuchstabe AAA, PT6766 Precision Ported H Turbolader, Eigenbau Rohrkrümmer, Turbonetic Wastegate, H-Schaft Pleuel, Zwischenplatte zur Verdichtungsreduzierung auf 7,8:1, ARP Stehbolzen, JE-Kolben mit spezieller Bearbeitung, Spezial Lagerschalen Spezial Nockenwellen, 19-Reihen-Ölkühler, Ölpumpe bearbeitet, 76mm Ladeluftverrohrung, Eigenbau Abgasanlage mit 76mm Durchmesser, Garrett LLK, 913 PS Leistung bei 3 Bar Ladedruck, 992 Nm Drehmoment
Getriebe: 02A 6-Gang-Getriebe mit Quaife Radsatz und Peloquin Sperre, Clutchmaster Twin 725 2 Scheiben Kupplung, Driveshaftshop Antriebswellen
Fahrwerk: G60 Achsen, KW Gewindefahrwerk Variante 2
Bremsen: vorne Porsche 4-Kolben-Bremse, hinten G60
Räder: Mille Miglia Chronos in 9x16 ET15
Reifen: Kumho bzw. Toyo Semislicks in 225/45 R16
Karosserie: Grau matte Folierung, G60 Verbreiterungen, Carbon Außenspiegel, Lancia Delta Integrale Motorhaube, Rallye Golf Front, Heckscheibe und Seitenscheiben aus Lexan, Golf 2 16V Rückleuchten
Innenraum: Raid Wildlederlenkrad, Golf 3 VR6 Kombiinstrument, Anzeigen für Öldruck, Kraftstoffdruck, Ladelufttemperatur und -druck, Abgastemperaturanzeige, Lambdatool, Wolfsburg Edition Schalthebel, Porsche GT3 Carbon/Alcantara-Sitze, Innenraum in weiß matt lackiert
Dank an: Meine Frau Claudia und alle Freunde, die geholfen haben.
1 Kommentar
Www.VW-Skoda.de
11. Juli 2014 09:02 (vor über 10 Jahren)
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