Preissteigerungen im Wandel der Zeit

Autokauf, ein teures Vergnügen

Preissteigerungen im Wandel der Zeit: Autokauf, ein teures Vergnügen
Erstellt am 30. September 2021

Sich einen Neuwagen zuzulegen, ist ein wahrhaft teures Vergnügen. Daran hat sich im Laufe der Jahrzehnte kaum etwas geändert, denn neben einer Immobilienanschaffung ist der Kauf eines Fahrzeugs für die meisten die größte Geldausgabe.

Die hohen Neuwagenpreise bleiben nicht ohne Wirkung, denn seit Jahren sind zwei Drittel aller in Deutschland gehandelten Fahrzeuge Gebrauchtwagen. Der Grund ist einfach: Die Preise für Neuwagen steigen schon seit Jahrzehnten kräftig an. Nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich. Der erste VW Golf kostete 1974 als günstigste Version knapp 8.000 Mark. Nach aktueller Kaufkraft sind das ungefähr 11.000 Euro. Dafür gibt’s heute nicht mal einen neuen VW Polo oder den noch kleineren VW Up.

Der Grund für die höheren Preise sind einfach, denn die Ausstattung der Fahrzeuge ist deutlich teurer geworden und die Entwicklungskosten gigantisch gestiegen. Zudem bieten die Autos von heute viel mehr fürs Geld als noch vor Jahrzehnten. Sicherheitssysteme, Assistenzsysteme, Technik für den Komfort – vieles von dem, was heute selbst bei Kleinwagen selbstverständlich ist, gab es noch vor wenigen Jahren gar nicht oder war bestenfalls in der Luxusklasse zu kriegen. Für die höheren Preise bekommt man heute aber nicht nur mehr Extras, sondern auch deutlich mehr Blech und mehr Leistung. Vor allem aber sind die Autos wesentlich haltbarer, sparsamer und sicherer geworden – ein klarer Mehrwert. Besonders die Sicherheitsstandards sind quer durch alle Segmente massiv gestiegen. Unfälle, die noch in den 1970er Jahren tödlich endeten, gehen heute meist glimpflich aus.

Doch um wie viel sind die Preise der tatsächlich verkauften Modelle eigentlich genau gestiegen? Die Analysten von JATO Dynamics haben sich dazu die Entwicklung der Listenpreise seit 2002 in den beiden beliebten Segmenten der Klein- und Kompaktwagen einmal genau angesehen. Außerdem haben wir an ausgewählten Beispielen verglichen, wie sich die Größenverhältnisse der Fahrzeuge aus dem B- und C-Segment verändert haben. Die durchschnittlichen Listenpreise von Kleinwagen wie VW Polo, Ford Fiesta oder Opel Corsa sind zwischen 2002 und 2020 um üppige 59 Prozent gestiegen.

Kostete ein Modell 2002 noch gut 13.000 Euro, so waren es 2020 bereits knapp 21.000 Euro. Noch deutlicher legten im gleichen Zeitraum die Preise bei den Kompakten zu. 2002 wurden für VW Golf, Ford Focus und Co. im Schnitt 18.400 Euro bezahlt. 2020 waren es schon knapp 30.000 – eine Steigerung um etwa 63 Prozent. Die Modelle mit alternativen Antrieben haben zu dieser Entwicklung ebenfalls beigetragen. Schaut man ausschließlich auf die Preise der Modelle mit Verbrennungsmotoren, dann betrug die Steigerung im C-Segment etwa 56 Prozent.

Stellvertretend für die beiden Segmente haben wir die Preisentwicklung der beliebten Volkswagen-Modelle Golf und Polo analysiert. Zwischen 2002 und 2010 nahm der Durchschnittspreis der deutschlandweit zugelassenen VW Polo um 18 Prozent zu. Zügiger ging‘s dann im folgenden Jahrzehnt nach oben, von 2010 bis 2020 stieg der Preis um weitere 35 Prozent. Interessant dabei: Es gab nach wie vor auch günstige Varianten im Angebot, doch die Kunden haben sich besonders 2020 eher für die teureren Modelle entschieden. Ein Grund dafür könnte sein, dass inzwischen Privatleasing sehr verbreitet ist. Eine höhere monatliche Leasingrate für einen Polo für 20.000 statt 15.000 Euro ist womöglich weniger abschreckend als die Differenz beim Gesamtpreis.

Eine ähnliche Entwicklung nahm auch der deutsche Bestseller des VW Golf. Zwischen 2002 und 2010 stieg der Durchschnittspreis um 22 Prozent. Von 2010 bis 2020 nahm er sogar um weitere 37 Prozent zu. Neben den bereits für den Polo genannten Gründen kommt beim Wolfsburger Bestseller noch ein erweitertes Angebot hinzu. 2020 gab es das Kompaktmodell auch mit batterieelektrischem Antrieb (BEV) und als Plug-in-Hybrid (PHEV). Beide Varianten sind zwar deutlich teurer, wurden aber trotzdem gut verkauft. Auch vom VW Golf wurden nach wie vor günstigere und teure Varianten angeboten. Die Käufer haben sich jedoch häufiger für die höherpreisigen Modelle entschieden, was letztlich für einen höheren Durchschnittspreis sorgt.

Der ging allerdings bei den zugelassenen Modellen mit Verbrennungsmotor von 2002 bis 2010 sogar um 3,6 Prozent leicht zurück. Zeitgleich kam die erste BEV-Variante auf den Markt – mit einem Preis von fast 35.000 Euro. Das war ca. 52 Prozent mehr als der Durchschnittspreis der 2010 zugelassenen Golf mit Diesel- und Ottomotor und sorgte für den höheren Durchschnittspreis aller Varianten. Der Preis des E-Golf mit Batterieantrieb ging bis 2020 um 8,6 Prozent auf fast 32.000 Euro zurück.

Zeitgleich wurde auch die Plug-in-Variante eingeführt, zu einem durchschnittlichen Listenpreis von knapp 40.700 Euro. Das ließ den Durchschnittspreis aller „Gölfe“ noch weiter steigen. 2020 hatten nur noch 79,6 Prozent einen Verbrennungsmotor (davon 9,3 Prozent als Mild-Hybrid). 14,8 Prozent entfielen auf BEVs und 5,6 Prozent auf PHEVs. Doch immerhin bekommen die Kunden auch mehr Auto für ihr Geld: Der Polo Jahrgang 2020 ist breiter als ein 2002er Golf, ist in 18 Jahren um 10,2 Zentimeter (+ 6,2 Prozent) breiter geworden. In der Länge hat der Polo im gleichen Zeitraum sogar 16,5 cm zugelegt (+ 4,2 Prozent). Und auch der Golf ist ordentlich gewachsen.

Die Preise für Gebrauchtwagen in Deutschland sind weiter auf dem Vormarsch und haben nach Informationen des Portalbetreibers Autoscout24 mittlerweile die 23.000 Euro-Marke geknackt. Mit durchschnittlich 23.196 Euro stiegen sie um knapp 250 Euro im Vergleich zum Vormonat Juli an. Noch deutlicher wird der Vergleich zum Vorjahreswert: Im August 2020 lagen die Preise durchschnittlich bei 19.920 Euro - eine Differenz von mehr als 3.000 Euro innerhalb eines Jahres. Die Preise steigen alters- und segmentübergreifend teils spürbar an - eine Ausnahme bilden lediglich Oberklassefahrzeuge, Vans und SUVs.

„Der Rückgang der Neuwagenproduktion ist ein maßgeblicher Treiber für den aktuellen Gebrauchtwagenpreisanstieg. Hinzu kommt auch die zurzeit stattfindende Elektrifizierung von Verbrenner-Modellen. Da die entsprechenden Nachfolge-Modelle teilweise erst verspätet produziert werden können, wird das Angebot auch dadurch noch knapper“, erklärt Stefan Schneck, Vertriebschef Deutschland bei AutoScout24, „und die Nachfrage nach Gebrauchten ist natürlich auch immer noch hoch. Momentan sieht es nicht danach aus, als könnten wir mit einer zeitnahen Preisentspannung rechnen.“ Mit knapp zwei Prozent steigen die Preise im Kleinwagensegment deutlich an, sie liegen nunmehr bei durchschnittlich 12.378 Euro. Auch Mittelklasse- und Sportwagen legen um etwa 1,5 Prozent zu. Noch deutlicher ist die Entwicklung in den Alterssegmenten: Die mindestens drei Jahre alten Gebrauchten steigen über zwei Prozent an und die 10 bis 20 Jahre alten Gebrauchten verzeichnen mit knapp drei Prozent den steilsten Anstieg auf 6.964 Euro im Schnitt.


Am deutlichsten geht das Angebot bei den Vans bzw. Kleinbussen zurück (minus acht Prozent). In den Alterssegmenten sind mit minus acht Prozent Angebotsrückgang vor allem die Jahreswagen betroffen. Die Preise steigen auch mit Blick auf die Antriebsarten. Am deutlichsten fiel der Preissprung bei Fahrzeugen mit LPG-Antrieb aus, wobei diese trotzdem noch die günstigsten Gebrauchtwagenpreise im Schnitt bieten.  Auch die ohnehin im Antriebs-Vergleich teuersten E- und Hybridfahrzeuge melden erneut Preisanstiege und steigen auf durchschnittlich 35.573 Euro (Elektro) und 36.221 Euro (Hybrid).  

Patrick Solberg; press-inform

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