Motoren frisieren statt chippen!

Tuning Oldschool: So bläst man einen Motor richtig auf

Motoren frisieren statt chippen!: Tuning Oldschool: So bläst man einen Motor richtig auf
Erstellt am 8. Februar 2018

Moderne Autos funktionieren nur dank Tonnen von Elektronik und lassen sich schon durch einfachsten Einbau von Chips entsprechende Leistungsschübe entlocken. Und natürlich kann man auch immer noch einen fetten Motor in ein viel kleineres Auto packen, auch das ist prinzipiell ziemlich oldschool. Aber für den folgenden Artikel wollen wir dir mal die ganz klassische Herangehensweise nahebringen. All die Schritte, die seit den ersten Nachkriegs-Hot-Rods funktionieren und es auch noch heute tun. Die gute, altmodische „Motorgewalt“ Step by Step vom Luftfilter bis zum Endrohr. Ohne Turbo, dafür mit viel Feinarbeit. Sechspunktgurt anlegen, wir starten. TÜV-Prüfer sollten jetzt lieber wegschauen.

1. Vorarbeit

Natürlich könnte man alle Schritte auch einzeln absolvieren. Aber wir wollen ja einen „ganzheitlichen“ Tuningweg einschlagen. Und für den ist es nötig, Polo und Co. auf die Hebebühne zu rollen, den Motorkran auszupacken und das Triebwerk aus seiner gewohnten Umgebung zu entfernen. Ein bestens ausgestatteter Werkzeugkasten ist dafür Ehrensache. Und natürlich auch eine Anleitung, weil selbst Profi-Mechaniker nicht sämtliche Drehmomente usw. im Kopf haben können.

Ganz wichtig: All diese Maßnahmen haben für ein straßenzugelassenes Fahrzeug enorme Auswirkungen. Die erhöhte Leistung muss eingetragen werden, damit es keinen Ärger mit der Verkehrstauglichkeit und der Versicherung gibt

Insbesondere der Renn-Kat wirkt sich mitunter entscheidend nachteilig auf die Schadstoffklasse aus. Das ist deshalb so bedeutsam, weil sie der grundlegende Berechnungsschlüssel für die Kfz-Steuer ist. Lässt man den Motor also nicht neu bewerten, erlischt nicht nur (wie bei fast allen Tuning-Maßnahmen) die Betriebserlaubnis, sondern Papa Staat ermittelt auch noch wegen Steuerbetrug.

Wir sprechen hier von sehr starken Leistungssteigerungen. Das überfordert jede Serienbremse, die deshalb durch neue Scheiben/Trommeln, Sättel und Beläge zwingend angepasst werden muss. Stell dich also darauf ein, beim TÜV eine Einzelabnahme machen zu lassen, falls Du vorhast, das so aufgebrezelte Triebwerk legal auf die Straße zu bringen.

2. Kolben, Kolbenringe und Pleuel

Wenn der Motor fertig ist, wird er heißer verbrennen, einiges an Mehrleistung stemmen und viel höher drehen. Das ist definitiv zu viel Beanspruchung für die beweglichen Teile des Serien-Innenlebens, allen voran die Kolben. Diese werden also gegen geschmiedete Stücke ausgetauscht.

Wichtig: Falls der Hubraum vergrößert werden soll, sind Übermaßkolben erforderlich.

Ebenfalls aus dem Rennsportbedarf kommen hochfeste Kolbenringe sowie ebenfalls geschmiedete Pleuel. Und damit auch die Lager nicht vor so viel Gewalt einknicken, werden auch sie gegen hochleistungstaugliche Stücke ersetzt.

3. Kurbelwelle

Das zentrale Bauteil, um die Auf-und-Ab-Bewegungen der Kolben in Drehbewegungen umzuwandeln, ist die Kurbelwelle. Hier kann man zwei Ansätze verfolgen: Die Kurbelwelle gleich gegen eine Rennsporttaugliche samt passenden Lagerschalen ersetzen. Die (guterhaltene) Serienkurbelwelle feinwuchten und plasmanitrieren lassen, um ihr optimalen Rundlauf und bessere Oberflächenhärte zu geben. Letzten Endes ist es Sache des Geldbeutels - Hauptsache ist, dass die Kurbelwelle absolut rund läuft und nicht im Hundertstel-Millimeter-Bereich „eiert“.

4. Der Block

Sofern es sich um einen normalen Gebrauchtmotor handelt, werden die Zylinderlaufflächen Zeichen eines Autolebens zeigen, aber kein Aufbohren auf Übermaß benötigen (wir wollen ja nicht beim Hubraum mogeln). Es reicht also, die Zylinder-Innenwände erst zu polieren und anschließend zu honen.

Das ist ein besonderes Verfahren, dass in die nach dem Polieren spiegelglatte Zylinderwand einen kontrollierten Kreuzschliff einbringt. Ohne würde nämlich das Motoröl keinen ausreichenden Halt an den Zylinderwänden finden, die Kolben würde nicht anständig geschmiert und es käme ziemlich schnell zu kapitalen Schäden. Um das zu vermeiden, wird also gehont. Anschließend dürfen schon die ersten Zusammenbauarbeiten stattfinden: Die Kolben samt Pleuel, Lagerschalen und Kurbelwelle dürfen in ihr neues-altes Zuhause einziehen.

5. Mit Köpfchen

Je nachdem, ob es sich um einen V- oder Reihenmotor (andere Bauweisen nicht mitgezählt) handelt, kommt nun der oder die Zylinderköpfe an die Reihe. Und da stehen eine ganze Menge Arbeiten auf dem Programm. Der Kopf wird an der Unterseite, an der er auf dem Block aufliegt, plan geschliffen („geplant“). Und zwar bis zum möglichen Maximum. Das verkleinert in den einzelnen Zylindern den Brennraum und sorgt somit für eine höhere Verdichtung und größere Arbeitsdrücke, also mehr Power.

Die Ein- und Auslasskanäle für Frisch- und Abgas werden poliert, Zylinderköpfe werden in aller Regel im Kokillenverfahren gegossen. Daher sind die Kanäle so rau, dass sie den Gasfluss erheblich ausbremsen können. Weil das die Leistung reduziert, darf bis auf Spiegel-Level poliert werden.

Es kommen Rennsportventile zum Einsatz, darunter Natrium-gefüllte Auslassventile, die haben eine bessere Wärmeleitfähigkeit. Dann kommt die Königsdisziplin, die Brennräume werden „ausgelitert“. Das heißt, jeder einzelne Brennraum wird mit Hilfe von Öl genau ausgemessen und danach durch entsprechendes Einstellen der Ventile so einreguliert, dass jeder Zylinder den exakt gleichen Verdichtungsraum hat. Das sorgt dafür, dass auf jedem Kolben im Arbeitshub die gleiche Kraft lastet. Der Motor läuft insgesamt runder und der Kurbeltrieb wird gleichmäßiger belastet.

Die Ventile bekommen härtere Federn. Dadurch schließen sie nicht nur viel schneller, sondern im oberen Drehzahlbereich tritt auch kein Ventilflattern auf, durch das die Ventile unkontrolliert in ihrem Sitz „herumhüpfen“ weil die Feder zu schwach ist.

Eine scharfe Nockenwelle samt passender Lagerschalen wird eingesetzt. Sie sorgt dafür, dass die Ventile länger geöffnet bleiben und so mehr Gemisch in den Brennraum gelangt. Dadurch verschiebt sich der gesamte Leistungsgipfel des Motors in höhere Drehzahlbereiche. Das wird sich allerdings durch einen stark unruhigen Leerlauf bemerkbar machen.

Wer es richtig Rennsport-profimäßig haben möchte, installiert nun auch verstellbare Nockenwellenräder, mit denen sich die Öffnungszeiten manuell justieren lassen – super-knifflig, aber toll für die letzte Feinjustierung. Anschließend kommt eine dünnere Zylinderkopfdichtung zum Einsatz und der Kopf darf mit dem Block verheiratet werden.

6. Ansaug- und Abgassystem

Für volle Power ist es immens wichtig, dass alle Gase jeden Zylinder in der gleichen Menge und Geschwindigkeit erreichen und ihn auch wieder verlassen. Bei Serienmotoren hapert es da vor allem beim Abgasstrang. Wir gleichen also durch einen Fächerkrümmer aus dessen gebogene Rohre sorgen dafür, dass der Abgasweg und –gegendruck für jeden Zylinder gleich ist. Anschließend dürfen die verbrannten Reste durch einen sogenannten Renn-Kat, der viel weniger Widerstand entgegensetzt. Schalldämpfer aus dem Rennsportbereich (bspw. Gruppe-N oder –A) mit Zwischenrohren im passenden Durchmesser reduzieren ebenfalls den Druck und lassen den Motor nebenher ziemlich lautstark ausatmen.

Auf der Ansaugseite kommt ebenfalls ein neuer Ansaugkrümmer zum Einsatz. Wichtig: Der muss unbedingt zur vorgesehenen Gemischbildungstechnik passen. Wer also eine Einzeldrosselklappeneinspritzung plant, braucht etwas anderes als eine Zentraleinspritzung. Abgerundet wird die Sache nun durch einen neuen Luftmassenmesser damit das Steuergerät auch weiß, wie es die Kraftstoffmenge berechnen muss.

7. Elektrik & Elektronik

Grundlage, damit all die bisher getätigten Schritte funktionieren, ist ein neues Motosteuergerät, weil nun alle Parameter (etwa Zündzeitpunkt) sich vollkommen von den Serienwerten unterscheiden. Es wird also zwingend eine frei programmierbare ECU benötigt und auch jemand, der sie einstellen kann. Hinzu kommt eine rennsporttaugliche Zündanlage, die durch den neuen Verbrennungstemperaturen angepasste Zündkerzen und Kabel mit dem System verbunden wird.

Ja, und dann kann man wirklich sagen „Holla, die Waldfee“. Denn der so umgebaute Motor wird sich in jedem Leistungsbereich grundlegend von seinem Serien-Ich unterscheiden. Natürlich ist die wichtigste Frage: Was bringt der? Hier muss man sich in das Thema Literleistung einlesen und etwas Mathe anwenden. Weil die Power natürlich von Motor zu Motor unterschiedlich sein kann, deshalb hier nur ein kleiner Anhaltspunkt: Der stärkste Serien-Sauger von Porsche, der GT3 RS 4.0, kam auf eine Literleistung von 125 PS. Das ist zwar krass, aber 100 sind mit sauberen Arbeiten absolut machbar.

Bildquellen:

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1 Kommentar

  • Robertz

    Robertz

    Hi guys I have a question I need engine for golf mk2 what you suggest

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