Kein Stress mit dem Prüfer

Tuning-Umbauten ohne zwingende TÜV-Eintragung

Kein Stress mit dem Prüfer: Tuning-Umbauten ohne zwingende TÜV-Eintragung
Erstellt am 16. Dezember 2016

Wer sich durch die Tuning-Seiten von Vau-Max klickt, sieht eine ganze Menge richtig genial aussehender Wagen, etwa den RS4 von Flachwerk und AH-Axclusive-Parts. Allerdings ist klar: Diese Autos haben so viele Umbaumaßnahmen hinter sich, dass der Fahrzeugschein wegen der ganzen Eintragungen und der dafür notwendigen Verlängerungen fast schon den Boden berührt, wenn man ihn ganz ausklappt. Wer schön sein will, muss leiden – in dem Fall ist Tuning, das eingetragen werden muss, oftmals ein kleines Vabanquespiel, weil der TÜV-Prüfer bei schlechter Umsetzung des Einbaus auch schlicht die Eintragung verweigern kann – abgesehen davon, dass die Vorführung bei der Prüfstelle auch nochmal mit gewissen Kosten verbunden ist, die schnell im dreistelligen Bereich liegen.

Verständlich, dass viele Tuningfreunde da gerne den Weg des geringeren Widerstandes gehen möchten und nach eintragungsfreien Möglichkeiten sichen. Fakt ist, es gibt diverse Tuningmöglichkeiten, ohne dass man dafür das Auto einem Prüfer vorführen müsste. Einige davon stellt der folgende Artikel vor.

ABG, ABE…??

Tuning ist in der BRD leider nicht immer gleich Tuning und auch nicht auf bestimmte Hauptgruppen aufteilbar. Das liegt hauptsächlich an den deutschen Gesetzes-Eigenheiten. Denn die kennen diverse Erlaubnisformen des Tunens:

Einzelabnahmen werden bei allen nicht-serienmäßig hergestellten Umbauten fällig, etwa selbstgeschweißten Kotflügelverbreiterungen oder einem selbstgebauten Käfig.

Teilegutachten sagen aus, dass das Teil zumindest eintragungsfähig ist – dennoch muss das betreffende Fahrzeug vorgeführt werden (Beispielsweise ein Gewindefahrwerk).

Eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) ist das erste Dokument, das das Einbauen eines Teils ohne TÜV-Vorführung erlaubt. Die ABE muss immer im Auto dabei sein. (Etwa ein Spoiler)

Die Allgemeine Bauartgenehmigung (ABG) funktioniert ähnlich wie die ABE, bezieht sich aber nur auf ein bestimmtes Fahrzeugmodell. (Beispielsweise Felgen, die für einen 3er BMW erlaubt sind, nicht jedoch für einen 5er) Wird das Teil an einem anderen Auto verbaut, muss der TÜV das absegnen.

Die EG-Betriebserlaubnis (EGB) ist praktisch identisch mit der ABE, gilt aber in der gesamte EU und ist eher für die Teilehersteller von Belang, weil sie damit ihren Markt vergrößern können.

Aber Vorsicht: ABE und Co. befreien einen nur so lange von der Vorführ-Pflicht, wie man die Rahmenbedingungen einhält: Distanzscheiben etwa können durchaus eine ABE haben, die aber nur in Verbindung mit den Serienfelgen gilt. Verbaut man andere Räder, muss eingetragen werden. Hier heißt es genau in die Papiere zu schauen, bevor man aus Blauäugigkeit einen Fehler begeht.

Eintragunsfreies Tuning – Level 1

Jetzt, wo die Grundvoraussetzungen geklärt sind, können wir uns den härteren Facts widmen. In diesem Kapitel geht es um kleinere Umbaumaßnahmen, die auch die durchführen können, die keine große Werkzeugsammlung haben. Allerdings sei nochmal betont: ABE, ABG und EGB gelten nur unter den darin genannten Voraussetzungen. Alles, was darin nicht erfasst ist, lässt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs automatisch erlöschen – mit weitreichenden Folgen, nämlich 50 Euro und drei Punkte.

Großen Spielraum gibt es vor allem im Innenraum, hier ist sehr viel erlaubt, solange es nicht den Fahrer ablenkt (zusätzliche Beleuchtungen) oder irgendwie die Sicherheit reduziert.

H-Gurte: Hosenträgergurte sind nicht nur ein großes Sicherheitsplus, weil sie den Körper im Fall eines Falles besser zurückhalten, als ein klassischer Dreipunktgurt, sondern erlauben durch das stabilere Sitzen mit statischen, also nicht während der Fahrt beweglichen Gurten, eine sportlichere Fahrweise. Unter anderem führen Sabelt, Sparco, Sandtler, Schroth und OMP Gurte mit ABE, ABG oder EG-Genehmigung.

Zusatzinstrumente: Sie erlauben auch in Zeiten von Digital-Displays eine bessere Übersicht über den Ist-Zustand des Autos, etwa den Ladedruck des Turbos, die Ladespannung der Lichtmaschine oder den Öldruck. Die Wahl vieler Rennteams und Profi-Tuner sind VDO-Instrumente – dieser Hersteller fertigt auch ganze Tachoeinheiten für Serienfahrzeuge. Die Anzeigen selbst sind eintragungsfrei, zudem gibt es auch fahrzeugspezifische Haltesysteme.

Voll- und Halbschalensitze: Sind der Garant für ein sportlicheres Sitzen. Allerdings kann es bei manchen Modellen sein, dass die ABE zwingend weitere Umbauten verlangt, etwa den Einsatz von H-Gurten bei Vollschalen, weil diese durch ihre Form kein sicheres Benutzen des Seriengurts mehr ermöglichen.

Optische Veränderungen: Farben, Stoffe und Folien, die den Innenraum aufhübschen, sind in aller Regel eintragungsfrei, solange nicht etwa die Fenster mit einbezogen werden. Wer sein Armaturenbrett umlackieren oder die Türpappen folieren möchte, kann das problemlos tun

Scheibenfolien: Besitzen normalerweise ebenfalls eine ABE – solange sie an den richtigen Scheiben angebracht sind. Erlaubt sind nur die Heck- sowie die hinteren Seitenscheiben und ein maximal zehn Zentimeter breiter Keil am oberen Rand der Frontscheibe.

Daneben sind natürlich auch Musikeinbauten in der Regel eintragungsfrei, solange sie nicht die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigen.

Eintragungsfreies Tuning – Level 2

Diese Stufe erfordert wesentlich mehr Werkzeug und auch Erfahrung, weil es um sicherheitsrelevante Bauteile geht. Hier ist in noch viel stärkerem Maß auf die Vorgaben in den Teile-Unterlagen zu achten, damit es nicht zu Konflikten mit anderen Tuningmaßnahmen kommt.

Felgen: Bei Felgen ist die ABE/ABG meist besonders umfangreich, weil damit alle möglichen Rad/Reifen-Kombinationen abgedeckt werden müssen. Dafür gibt es bei vielen Händlern auch umfangreiche Download-Möglichkeiten für die unzähligen Felgenhersteller und Kombinationen.

Tieferlegungsfedern: Auch hier gibt es eine extrem große Palette an Möglichkeiten mit ABE. Doch auch dabei gilt aufpassen, denn viele Federn decken mit ihrer ABE nur die Serienfelgen ab, wer da etwas anderes fährt, muss eintragen lassen. Einige der größten Hersteller sind H&R, FK, Eibach und KW.

Anbauteile: Front-, Heckschürzen und Schweller. Hier ist die Lage ziemlich unübersichtlich, weil oft nur ein Teilegutachten vorhanden ist. Jedoch bauen viele „Haustuner“ (Etwa AMG für Mercedes) auch Teile, die für deren Serienfahrzeuge konzipiert wurden und problemlos an „harmlose“ Modelle der Fahrzeugreihe montiert werden können (Etwa vom E55 AMG an den Mercedes W211)

Auspuffanlagen: Sind ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. Komplette Anlagen mit ABE gibt es am Markt praktisch nicht, allerdings existieren vor allem im Bereich der Endtöpfe und Auspuffblenden einige eintragungsfreie Optionen.

Wie mehrfach erwähnt gilt die Eintragungsfreiheit nur, wenn alle Rahmenbedingungen eingehalten werden. Und ganz wichtig: Sämtliche ABEs, ABGs und EG-Gutachten müssen jederzeit im Fahrzeug mitgeführt werden. Fehlt bei einer Verkehrskontrolle nur eine davon, kann es teuer werden. Und natürlich muss klar sein, wenn die Cops sich durch so viele Unterlagen wühlen müssen, wird jede Fahrzeugkontrolle länger dauern. Wer das verhindern will, kann erlaubnisfreie Teile natürlich zusätzlich auch eintragen lassen, dann schrumpft der Papierberg.

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