Hohe Messlatte

Mehr Vertrauen ins autonome Fahren

Hohe Messlatte: Mehr Vertrauen ins autonome Fahren
Erstellt am 10. August 2023

Bis autonom fahrende Autos über deutsche Straßen rollen, wird noch einige Zeit vergehen. Noch ist die Skepsis groß: Fast ein Drittel der Bundesbürger lehnen Roboterautos generell ab – dabei gilt: weniger Frauen heben den Daumen als Männer. Mitte August ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Robo-Auto. Denn dann entscheidet Kaliforniens Regulierungsbehörde über die Vollzulassung der im US-Bundesstaat getesteten autonomen fahrenden Autos der General Motors Tochter Cruise sowie der Alphabet-Tochter Waymo. Tesla ist noch nicht in der Verlosung. Aus gutem Grund: Der von Elon Musk vollmundig beworbene Autopilot trägt seinen Namen nur auf dem Papier. Erst unlängst musste der kalifornische Autobauer eingestehen, dass das rein kamerabasierte selbsttätige Fahren nicht zum Ziel führt.

Ein erster Schritt, nachdem die Euphorie um das Robo-Fahren schnell verflogen war. Ursprünglich hatten einzelne Autobauer das Ziel ausgegeben, bereits 2021 selbstständig agierende Pkws auf die Straße zu schicken. Mittlerweile ist die Realität eine andere: Meldungen von autonomen Autos, die einfach mitten in der Straße stehen bleiben, haben nicht unbedingt zum guten Ruf der zukunftsweisenden Technik beigetragen. Sicher ist, dass das autonome Fahren kommen wird. Genauso klar ist, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, bis die Robo-Autos überall rollen (Level 5). Level 3, also das hochautomatisierte Fahren unter streng definierten Bedingungen und bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h ist in Deutschland bereits erlaubt. Der Sprung zu Level 4 ist groß, denn dann darf das Auto Strecken zurücklegen, ohne dass der Fahrer sofort eingreifen muss, da das Vehikel in der Lage sein muss, eigenständig zu einem sicheren Stopp kommen muss – zum Beispiel auf dem Standstreifen.

Wie schaut es um die Akzeptanz der Deutschen hinsichtlich des autonomen Fahrens aus? Die Versicherung HUK-Coburg hat 4.042 Personen mit einem Mindestalter von 16 Jahren befragt, wie sie zu autonom fahrenden Autos stehen: 32 Prozent lehnen Robo-Autos rundherum ab, nur neun Prozent stimmen für selbsttätig agierende Fahrzeuge, wenn die Unfallgefahr gleich hoch ist, wie es im aktuellen Verkehr der Fall ist. Bei einer geringeren Kollisionsgefahr, als sie von einem menschlichen Fahrer ausgeht, heben immerhin 18 Prozent den Daumen. Jeder Fünfte nickt zustimmend, wenn die selbsttätig agierenden Autos fast perfekt am Verkehr teilnehmen, die Unfallgefahr also gegen null geht. Die Messlatte ist also hoch. Doch die Autohersteller werden schon aus Eigennutz nur optimal funktionierende Robo-Fahrzeuge auf die Straße schicken. Denn bei einem Unglück, das durch die Technik verursacht ist, gerät zunächst der Hersteller in Erklärungsnot. Ganz zu schweigen von der desaströsen Außenwirkung.

Ein Blick auf die Altersstruktur der Personen, die autonom fahrende Autos generell ablehnen, zeigt, dass der Anteil der über 55-Jährigen mit 43 Prozent auffällig hoch ist. Bei Jüngeren sind es nur noch 24 Prozent. Das wirft die Frage auf, ob es örtliche Unterschiede gibt oder die Skeptiker gleichmäßig über die Bundesrepublik verteilt sind? Schleswig-Holstein ist die Hochburg der Robo-Auto-Nihilisten. Dort lehnen 40 Prozent der Befragten das autonome Fahren „generell ab“. Ähnlich ausgeprägt ist das Misstrauen in Brandenburg (39 Prozent) und Sachsen (36 Prozent). Die größten Befürworter kommen aus dem Saarland, wo nur 24 Prozent gegen das autonome Fahren sind, gefolgt von Bayern mit 29 Prozent. Interessanterweise stehen Männer den automatisch agierenden Autos deutlich offener gegenüber als Frauen: 55 Prozent sind für das autonome Fahren unter der Voraussetzung, dass sich die Unfallgefahr nicht verschlechtert. Bei Frauen sind es dagegen nur 39 Prozent.

Interessant wird es, wenn man die Hintergründe der Autonom-Skeptiker etwas aufschlüsselt. Es ist kaum verwunderlich, dass Besitzer von Elektroautos große Befürworter der neuen Technik sind. Nur 17 Prozent lehnen das autonome Fahren generell ab. Sobald ein konventioneller Antrieb unter der Motorhaube seinen Dienst verrichtet, steigt das Misstrauen gegen Robo-Autos, die Lenker eines Diesel- oder Benziner-Pkws zu jeweils 36 Prozent ablehnen. Das sind vier Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt (32 Prozent). Interessanterweise ist die Verneinung des autonomen Fahrens bei Vielfahrern, die mehr als 20.000 Kilometer pro Jahr zurücklegen, mit 34 Prozent nicht so deutlich ausgeprägt wie bei Piloten, die innerhalb von zwölf Monaten nur 1.000 Kilometer zurücklegen (36 Prozent). Personen, die keine Fahrerlaubnis haben, würden von selbsttätig fahrenden Vehikeln profitieren. Deswegen ist es nur wenig verwunderlich, dass bei den Befragten ohne Führerschein nur 24 Prozent das autonome Fahren ohne Wenn und Aber ablehnen.

Wolfgang Gomoll; press-inform

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