Feuchtes Vergnügen

So lief es beim 24 h Rennen von Le Mans 2024

Feuchtes Vergnügen: So lief es beim 24 h Rennen von Le Mans 2024
Erstellt am 17. Juni 2024

Das 24 h Rennen von Le Mans gilt weltweit als der wichtigste Motorsportevent des gesamten Kalenders. Am Ende siegte bei der diesjährigen Auflage Vorjahresgewinner Ferrari überraschend deutlich, während 300.000 Fans zeigten, wie man Motorsport feiern kann. Das Teilnehmerfeld war dabei das wohl aufregendste der vergangenen 25 Jahre.

Wenn einige Autohersteller beklagen, dass Fahrzeuge heute niemanden mehr begeistern können, dann ist Le Mans eine spektakuläre Ausnahme. Und wer meint, dass das 24 h Rennen am Nürburgring der größte Motorsportevent ist, der war zum Sommeranfang noch nicht in Le Mans – eine Großveranstaltung, die in Sachen Professionalität, Vermarktung und Fankult alles in den Schatten stellt. 62 Fahrzeuge, davon allein 23 in der noch jungen Klasse der hybriden Prototypen – das lockte mehr als 300.000 Fans aus Europa, Nordamerika, Asien und selbst Australien an den 13 Kilometer langen Sarthe-Kurs.

Le Mans – das ist Motorsportbegeisterung pur, denn trotz schlechten Wetters mit Dauerregen und kühlem Wind verharrten die Fans an den Streckenpunkten, die wohl jeder schon einmal in seinem Leben vernommen hat. Arnage, Indianapolis, Porsche-Kurven, Mulsanne oder die einzigartige schnelle Rechtskurve Tetre Rouge – dazu die legendäre Hunaudieres-Geraden, auf der die 700 PS starken Power-Hybriden trotz Schikanen immer noch Tempi bis 340 km/h erreichen. Doch Le Mans ist mehr als ein Autorennen, es kommt einem Nationalfeiertag gleich, dem Schauspieler, Sportler, Prominente und Sternchen aus aller Welt einen bestens inszenierten Besuch abstatten.

Die 2024er-Auflage machte wie schon der Langstreckenklassiker vor ein paar Wochen auf dem Nürburgring insbesondere durch das schlechte Wetter von sich reden. Es regnete viel und ergiebig – und so fuhr das Feld der brüllenden Boliden nachts mehr als fünf Stunden bei Tempo 80 im Gänsemarhsch hinter drei Safety Cars hinterher, die das Feld geteilt hatten. Vorher war das Rennen abgesehen von Einzelszenen langweilig gewesen, ehe es erst in den letzten sechs Stunden zu einem stimmungsvollen Rennsportspektakel erwachte, das Ferrari mit seinem Hybridboliden 499 P und der Startnummer 50 in der Fahrerbesetzung Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen letztlich für sich entschied. Nach gerade einmal 311 Runden setzten sich die Norditaliener mit 14 Sekunden vor dem Toyota GR 010 Hybrid mit der Nummer 7 (Fahrerbesetzung De Vries/Kobayashi/Lopez) und dem zweiten Ferrari 499P (Startnummer 51; Calado/Giovinazzi/Pier Guidi) durch. Für Favorit Porsche wurde es mit seinem bestplatzierten 963er letztlich ein enttäuschender vierter Platz vor dem zweiten Toyota mit der Startnummer 8. Immerhin konnte der Manthey-Porsche 911 GT3 R die GT-Klasse vor BMW und Ford für sich entscheiden. Enttäuschend verlief das Rund-um-die-Uhr-Rennen in der Klasse der hybriden Hypercars auch für BMW und Cadillac, die beide nicht nur von vielen Fans hoch gehandelt wurden, sondern auch für die französischen Heimspieler Peugeot und Alpine, die mit dem Rennausgang nichts zu tun hatten. Somit gab es auch keinen großen Auftritt für das 20. Artcar, das als einer der beiden BMW M Hybrid V8 gestartet war und nach dem Rennen nunmehr ins Museum kommt.

Die Schwäche der Lokalmatadoren tat der Stimmung auf der 13 Kilometer langen Hochgeschwindigkeitsrennstrecke genauso wenig einen Abbruch wie das schlechte Wetter. Die meisten der 300.000 Zuschauer sind Serientäter und kommen seit Jahren nach Zentralfrankreich, um ein einzigartiges Spektakel zu verfolgen. Dabei kennt der Fankult kaum Grenzen und das Spektrum der Besucher sucht nicht nur in der Vielzahl seinesgleichen. So geht es auf den zahlreichen Campingplätzen an Mulsanne, Arnage, hinter Tetre Rouge oder im umfunktionierten Hippodrom nicht allein bodenständig und einfach zu. Tausende von Besucher bauen Zeltstädte auf, reisen mit Luxuswohnmobilen im Millionenwert an oder werfen neben dem eigenen Aston Martin DB9, einem Ferrari 599 GTB ein kleines Wurfzelt aus oder übernachten auf dem Dach des eigenen Porsche 911 Turbo S.

Dabei geht es weniger um Gewinner oder Verlierer, Ferrari oder Porsche, Prototypen- oder GT-Klasse. Strecke und Stimmung sind die Stars, die die Besucher anziehen. Manche feiern eine Woche lang und genießen das Angebot der französischen Supermärkte oder fahren mit dem Klapprad nachts zu privaten Häusern an der Strecke und den einzigartigen Partys. Dagegen sind die anderen 24-h-Veranstaltungen am Nürburgring, in Spa, Dubai oder Daytona trotz aller Traditionen in einer völlig anderen Liga unterwegs und bei den meisten Herstellern starten direkt nach der Großveranstaltung die Vorbereitung für die Auflage im kommenden Jahr.

Wolfgang Hörner / Stefan Grundhoff; press-inform

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