Buchtipp

„Traumauto Volkswagen: Wie Käfer, Golf und Bulli in die DDR kamen“

Buchtipp: „Traumauto Volkswagen: Wie Käfer, Golf und Bulli in die DDR kamen“
Erstellt am 20. März 2024

Das Golf-Geschäft von 1978 ist legendär, doch die Verbindung zwischen Volkswagen und der DDR war weit mehr als das. Vor allem in den 1980er-Jahren spielte sich allerlei zwischen Wolfsburg und den Automobilstandorten Eisenach (Wartburg), Zwickau (Trabant) und dem damaligen Karl-Marx-Stadt (Barkas) und heutigen Chemnitz ab. VW-Historiker Eberhard Kittler widmet sich in seinem Buch „Traumauto Volkswagen“ diesem in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannten – und äußerst spannenden – Kapitel deutscher Automobilgeschichte.

Bis zum Mauerbau 1961 war es für DDR-Bürger durchaus noch relativ einfach gewesen, Westfabrikate zu importieren. So hatte sich in den 1950er Jahren bereits eine kleine Käfer-Szene im Land entwickelt. Sie dienten teilweise, ebenso wie vom Krieg übrig gebliebene Kübelwagen, findigen Bastlern hin und wieder auch als Basis für Eigenbaukarosserien. Und es gab sogar 20 offizielle VW-Servicewerkstätten, die teils mit aus dem Westen gelieferten Originalersatzteilen, teils mit Nachfertigungen arbeiteten.

Mancher Westwagen kam durch Erbschaft oder Umzug ins Land, andere blieben nach einem Unfall dort. Und beispielsweise auch alle auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1979 ausgestellten VW Golf kehrten nicht in den Westen zurück, sondern versahen anschließend ihren Dienst als Fahrzeug für Diplomaten oder Botschafter. Der Autor schätzt, dass vor der Wiedervereinigung rund 100.000 Westmodelle auf den Straßen der Deutschen Demokratischen Republik rollten. Die Hälfte davon Volkswagen.

Als ehemaliger VW-Museumsleiter kann Eberhard Kittler aus den Archiven des Konzerns schöpfen und vielfach aus Vorstandsprotokollen über angestrebte und realisierte Kooperationen und Kompensationsgeschäfte zitieren. Das macht sein Werk so besonders. So lieferte beispielsweise das Kombinat Fahrzeugelektrik Ruhla Scheinwerfer für Golf I und Golf II sowie später den T 3 in den Westen, und Volkswagen erhielt unter anderem für seine Produktionsanlagen Stahlpressen aus Erfurt. Kittler vergisst auch nicht die Rolle anderer Hersteller wie Mazda, Volvo oder Citroën zu erwähnen. Allerdings lässt das Buch an der einen oder anderen Stelle Begriffe wie Genex, GKN oder Koko ohne nähere Erläuterung einfach stehen.

Auch wenn der Automobilbau für das Politbüro keine große Rolle spielte, gab es doch immer wieder Ideen für Lizenfertigungen westlicher Fabrikate. Unter dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Carl Hahn gab es rege Kontakte zwischen VW und den ostdeutschen Herstellern. Auf der Suche nach einem Trabant-Nachfolger entstand beispielsweise 1989 die VW-Studie X03. Und selbst nach dem Mauerfall gab es noch gemeinsame Pläne für ein international wettbewerbsfähiges Pkw-Modell des IFA-Kombinats. Dazu wurde sogar eigens eine gemeinsame Entwicklungsgesellschaft gegründet. Das Ende der DDR kam dann aber, wie wir wissen, doch schneller als gedacht.

„Traumauto Volkswagen: Wie Käfer, Golf und Bulli in die DDR kamen““ von Eberhard Kittler ist im Motorbuch-Verlag Stuttgart erschienen. Das Buch hat 256 Seiten mit 380 Abbildungen und kostet 49,90 Euro. (cen)

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