Außergewöhnlicher Jahrgang: 68er Porsche 911 L Sportomatic

Nie zuvor kam ein Porsche so automatisch in die Gänge

Außergewöhnlicher Jahrgang: 68er Porsche 911 L Sportomatic: Nie zuvor kam ein Porsche so automatisch in die Gänge
Erstellt am 28. Februar 2010

Sportwagen tritt auf Automatic – was heute bei Audi, BMW und Co. zu den Selbstverständlichkeiten gehört, löste beim Porsche Modelljahr 1968 Erstaunen, Verwunderung und Kopfschütteln aus. In diesem Jahr debütierte in den Porsche 911 (A-Serie) das halbautomatische Sportomatic-Getriebe. Die Amputation des Kupplungspedals mochte das ambitionierte Fahrerlager damals kaum hinnehmen. Sie verweigerten sich dem von einem Drehmomentwandler gesteuerten Gangwechsel. Sie wollten lieber mit Hand und Fuß die Schaltprozesse steuern. - – den Siegeszug des Halbautomatik-Prinzips und den Erfolg des Porsche 356 Nachfolgemodells konnte die anfängliche Skepsis nicht aufhalten.

Urtyp des 911

Die Porsche 911 des Jahres 1968 gehört zu jener „Elfer Ära die man gemeinhin als Urtyp bezeichnet und die von 1963 bis 1973 dauerte. Er stellte sich schnell als würdiger Nachfolger des legendären 356 heraus. Die Entscheidung, den bis dato meist getauften Sportwagen aller Zeiten durch einen neuen Porsche- zu ersetzen, fiel schon Mitte der 50er Jahre. Ferry Porsche hatte entschieden, dass der Neue wieder ein Sportwagen werden müsse und ihm ein paar Essentials ins Lastenbuch geschrieben: Der Wagen sollte im Fahrgeräusch kerniger und im Fahrkomfort angenehmer als der 356 sein und es müsse „problemlos ein Golfbesteck“ in dem Auto, das erneut als 2+2 Sitzer ausgelegt war, untergebracht werden können. Darüber hinaus gehörte es zum Porsche Pflicht Programm, dass der Wagen zuverlässig und schnell, aber gleichzeitig auch alltagstauglich, sozial akzeptiert und wertbeständig sein musste.

Sieben Jahre Entwicklungszeit

Die Aufgabe des Stylings übernahm Ferdinand Alexander „Butzi“ Porsche. Sieben Jahre tüftelte man an verschiedenen Konzeptionen, bis man sich schließlich auf die Konstruktion mit der Nummer 901 als 356 Nachfolger festlegt. Die Linienführung der selbsttragenden Stahlblechkonstruktion des 901 war schlichter, straffer und funktionaler geraten. Im Großen und Ganzen blieb die Porsche Silhouette erhaltene – doch zeigte die Gestaltung der Coupé-Form mit den großen Glasflächen und dem markanten Design des Vorderwagenbaus, dass der 901 in der Moderne und der Zukunft gleichermaßen angekommen war.

Als man den Neuling auf der IAA in Frankfurt 1963 offiziell vorstellte, löste seine zeitlos schöne, dynamische Linie, auf die sich nachkommende Porsche Generationen immer wieder berufen sollten, Begeisterung aus. Nur einer erhob heftig Einspruch: Peugeot monierte den Namen „901“, da man sich alle Ziffern-Typenbezeichnungen mit einer Null in der Mitte hatte schützen lassen. Notgedrungen taufte man den aktuellen Porsche in 911 um. Diese Idee erwies sich bald als geradezu genial, denn in den USA, Porsches wichtigstem Absatzmarkt, kannte diese Ziffernfolge jedes Kind. 9-1-1: So lautet die Notrufnummer in den Vereinigten Staaten.

Neuer Boxer - mehr Punch

Dem Grundkonzept des 356 blieb der 911 treu. Beim Antrieb setzte man erneut auf einen leistungsstarken Heckmotor. Weil der alte Vierzylinder mittlerweile starke Konkurrenz von anderen Fahrzeugherstellern bekommen hatte und kaum mehr Entwicklungspotentiale im vertretbarem Aufwand bot, wurde er ausgemustert. Ein neues Triebwerk mit Zukunft musste her. Um für spätere Evolutionsstufen große Entwicklungsmöglichkeiten zu haben, entschied man sich für einen Sechszylinder-Boxermotor mit vorerst 2-Liter-Hubraum, der kurzhubig und damit sehr drehfreudig ausgelegt war.

1963 genügten die 130 PS dieses Aggregats, um bei leidenschaftlichen Autofahrern Begeisterung hervorzurufen. 9,1 Sekunden in der Beschleunigung von null auf 100 km/h, Höchstgeschwindigkeit 210 km/h – mit diesen Fahrleistungen konnten seinerzeit nicht viel mithalten. Kinderkrankheiten wie die Übersteuerungsneigung des Elfer ob des recht schweren Heckmotors bekam man bald in den Griff.

Wunderbare Elfer

Die Porsche 911 waren nicht nur wegen ihre strengen klaren Linie ein Hingucker, sondern auch weil sie für manche Überraschung gut waren. Für Diskussionsstoff an den Stammtischen sorgte z.B. der Porsche 911 Targa, der 1965 debütierte. Woher die Inspiration zu der Konstruktion mit der herausnehmbaren Dachplatte zwischen Bügel und Windschutzscheibe kam, wird wohl ein ewiges Geheimnis von Ferry Porsche (im Bild mit 2-Liter Coupé von 1968) bleiben. Unstrittig dagegen ist, dass die Macher bei Porsche eine glückliche Hand auszeichnete – z.B. als sie im Sommer 1966 eine leistungsstärkere Variante, den 160 PS starken 911S, auf den Markt brachten.

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Die Ausweitung des Angebots nach oben schuf Platz für ein neues Einstiegsmodell. Im August 1967 wurde mit der so genannten A-Serie eine neues Line-up vorgestellt. Der preisgünstigste Einstieg in die wunderbare Porsche Sportwelt war der 911 T (Touring) mit 110 PS. Dann folgte der „normale“ 911 L (Luxus) mit 130 PS und die Spitze bildete der sehr sportorientierte und fahrwerkstechnisch stark optimierte 911 S. Alle Modell waren als Targa oder Coupé lieferbar. Und allen Porsche war das herrlich sportliche Interieur mit dem mittlerweile in Kunstleder (anfänglich Holzvertäfelung) verpackten Armaturenträger und der nüchternen wie klaren Anordnung von fünf Rundinstrumenten gemein.

Der Elfer wird luxuriös

Der 911 L durfte ein klein wenig näher vom T-Modell ab- und zum S-Typ aufrücken. So erhielt das Fahrwerk der 1.080 kg schweren Luxus-Ausführung einen Stabilisator mit 11 mm Durchmesser. Darüber hinaus überahmen wie beim 911 S an Vorder- und Hinterachse innenbelüftete Scheibenbemsen die Defensivarbeit. Zur Verbesserung des Fahrverhaltens rollt der Porsche 911 L auf größeren Felgen der Dimension 5,5 x 15. Hierbei handelte es sich um Stahlscheibenräder, deren Radschüssel mit 10 länglichen Schlitzen zur besseren Belüftung der Bremsen versehen war. Mit den legendären Fuchs Alu-Felgen kam nur der 911 S serienmäßig ins Rollen.

Premiere mit der A-Serie: Die Sportomatic

Der linke Fuß wird arbeitslos

Bei der Sportomatic handelt es sich um ein halbautomatisches Getriebe, bei dem ein Strömungsgetriebe die Funktion der Anfahrkupplung übernimmt. Bis zu einer Drehzahl von 3.500 U/min arbeitet dieses Strömungsgetriebe als hydraulischer Drehmomentwandler, darüber wird der Wandler zur hydraulischen Kupplung und der Wirkungsgrad verbessert sich. Wie bei einem vollautomatischen Getriebe kriecht das Fahrzeug bei eingelegtem Gang.

Zum Wechseln der Gänge ist eine herkömmliche mechanische Trocken-Schaltkupplung eingebaut, die durch ein Vakuum-Servo, das vom Saugrohr mit Unterdruck über einen dazwischen geschalteten Unterdruckbehälter versorgt wird, betätigt und durch einen elektrischen Kontakt im Schalthebel gesteuert wird. Damit ist müheloses Fahren insbesondere im Stadtverkehr möglich, aber auch die Fahrfreude kommt nicht zu kurz. Praktisch und komfortabel: Man kann schalten, aber man muss nicht.

Der Erfolg des 911 kam automatisch

Bei Ihrem Debüt gehörte die Sportomatic nicht gerade zu den beliebten Extras. Das 68er 911 L Coupé ist nur 1.169 mal mit dieser Option bestellt worden. Einen 911er Sportomatic der A-Serie anzutreffen, ist also ein seltenes Erlebnis. Das Prinzip selbst blieb noch lange im Porsche-Programm erhalten. Ab dem Modelljahr 1976 wurde die Sportomatic mit nur noch 3 Gängen angeboten, da verschärfte Geräuschbestimmungen auf einigen Exportmärkten wirksam wurden, die eine Messung im zweiten Gang verlangten. Der länger übersetzte zweite Gang eines 3-Gang-Getriebes brachte ein niederes Drehzahlniveau und damit günstigere Messergebnisse. Zum Ende des Modelljahres 1980 wurde die Sportomatic aus dem Programm genommen, da die Dreilitermotoren ein für dieses Getriebe zu hohes Drehmoment entwickelten.

VAU-MAX Kompakt

Fahrzeugtyp: Porsche 911 L Sportomatic (A-Serie), US-Ausführung

Baujahr: 1968

Motor: 2-Liter-Sechszylinder-Boxermotor, 160 PS

Getriebe: 4-Gang-Sportomatic

Räder: Stahlscheibenräder in 5,5 x 15

Reifen: 165/HR15

Fahrwerk: vorn Einzelradaufhängung an Federbeinen und Querlenkern, je ein rad ein runder Drehstab in Längsrichtung liegend, doppelt wirkende hydraulische Stoßdämpfer, Stabilisator; hinten Einzelradaufhängung an Länglenkern, je ein Rad ein runder Drehstab in Querrichtung liegend, doppelt wirkende hydraulische Stoßdämpfer

Karosserie: 2+2sitzige selbsttragende Stahlblechkarosserie, an die Karosserie anliegende Stoßstangen, verchromte Hupengitter neben den Blinkleuchten, verchromte runde Außenspiegel

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