XXL-Menü, Kingsize-Fritten, extra-Inhalte in Duschgel und Shampoo: Überall werden wir zu Konsum im Überfluss angestachelt. Da tut bewusster Verzicht mal ganz gut. Wie es gehen kann, wenn man überall den „Rotstift“ ansetzt, zeigt Sebastian Berndt am Beispiel seines 1976 VW Scirocco. Der kantige Wolfsburger war bereits im Neuzustand nicht gerade mit üppigster Ausstattung gesegnet. Sein Besitzer straffte das Setup abermals.
Wenig los unter der Haube - außer beim Motor
Platz ohne Ende für das Auge des geneigten Betrachters bietet sich nach Öffnen der Motorhaube. Hier verrichtet ein 2-Liter-16V Aggregat seinen Dienst. Mit scharfen Nockenwellen, Mahle-Schmiedekolben und 45er Doppel-Whoppern.. sorry, Webern veranstaltet der Vierzylinder ein ordentliches Getöse, das durch die Schrick SR1-Auspuffanlage nicht gerade weniger wird. Den Rest rationalisierte Sebastian konsequent weg. Übrig blieb ein Motorabteil, bei dem kein Teil zuviel vorhanden ist.
Erfolgreich reduziert: Die Bodenfreiheit
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Fotostrecke | Weniger ist mehr: 1976er VW Scirocco im Tiefenrausch
Auch dem reichlich vorhandenen Platz zwischen Unterboden und Straßenoberfläche ging es erfolgreich an den Kragen. Ein Airlift Performance Luftfahrwerk legt den rüstigen Rentner auf Knopfdruck so tief, dass selbst Ameisen den Kopf einziehen müssen.
An den Scirocco-Achsen drehen sich 17 Zoll große Fittipaldi-Felgen, die lediglich 6,5 Zoll in der Breite messen und dank ihrer Sonderkonstruktion über eine Einpresstiefe von 80mm verfügen. Dahinter verbirgt sich eine G60-Bremse. Ebenfalls kein Gramm zuviel Speck auf den Hüften haben die „Schmalspur“-Gummis von Nankang. In der Größe 165/35 R17 stellen die den kleinstmöglichen Kompromiss zwischen „gar kein Reifen“ und „Gummibedampfung“ dar.
Entfernungs-Maßnahmen auch im Innenraum
Auch das Interieur bekam etwas von der Kunst des Weglassens zu spüren. Das Lenkrad wurde kleiner und dicker: Beim Gedanken ans 280mm Raid Dino werden Nostalgiker hellhörig und erinnern sich an Kommentare aus der Vergangenheit, als es noch kein Facebook gab: „Endlich auch in Handschellen Auto fahren“. Die Sitze büßten ihre Kopfstützen ein, das Cockpit den Radioschacht. Im Gegenzug wanderten mehrere Quadratmeter Alcantara auf Armaturenbrett und Verkleidungen. Einen Überrollkäfig gab es obendrein. Kohlefaser und weitere Feinheiten runden den Gesamteindruck ab.
Gürtel enger schnallen: Diverse Spaßmaßnahmen führten zu erhöhtem Fun-Faktor
Drei Jahre werkelte Sebastian an seinem Scirocco. Am Ende bekam er ein babyblaues Finish fürs Lackkleid. Derweil reifte die Erkenntnis beim Besitzer: Wenn man einmal mit dem Umbau anfängt, nimmt es kein Ende. Und so reduzierte der aufs Nötigste reduzierte VW bei seinem Besitzer vor allem eins – die Freizeit und Langeweile. Doch solange das Ergebnis dermaßen gut ausfällt, haben wir nichts gegen solche „Sparmaßnahmen“ einzuwenden.
Technische Daten
Fahrzeugtyp: VW Scirocco 1
Baujahr: 1976
Motor: Umbau auf 2-Liter-16V-Motor, Mahle-Schmiedekolben, scharfe Nockenwellen (292° Einlass/276° Auslass), 45er Weber Doppelvergaser, Pierburg Benzinpumpe, 150 PS
Auspuff: Schrick SR1
Kraftübertragung: erleichterte Schwungscheibe, verstärkte Sachs-Kupplung, 02A-Getriebe
Räder: 6,5x17 ET80 Fittipaldi-Felgen, Sterne in Silber-Struktur, Betten poliert, 30mm Spurverbreiterungen
Reifen: Nankang in 165/35 R17
Bremsen: G60
Fahrwerk: Airlift Performance Luftfahrwerk, Airlift V2 Steuerung
Karosserie: Neulackierung in Babyblau
Innenraum: Armaturenbrett mit Alcantara bezogen, Radioschacht entfernt, Kohlefaser-Zierelemente, Kopfstützen entfernt, Verkleidungsteile mit Alcantara bezogen, Überrollkäfig, Eigenbau Schalthebel, 280mm Dino Lenkrad
Dank an: meine Freundin Carina für ihr Verständnis, Miggl, Björn, Dirk (Zero RS), Michael (K-Tech), Tiefenrausch Crew, Jan, Frank, Marvin, Lukas, Biesi und alle, die ich vergessen habe.
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