Da steckt tatsächlich ein Käfer drunter!

Der Hoffmann-Speedster You-Tube-Kanal bekommt ein neues Team-Car: VW Brasilia

Da steckt tatsächlich ein Käfer drunter!: Der Hoffmann-Speedster You-Tube-Kanal bekommt ein neues Team-Car: VW Brasilia
Erstellt am 5. September 2022

Seit Frühjahr 2022 betreibt der Ersatzteil-Spezialist Hoffmann-Speedster seinen eigenen YouTube-Kanal. HoffSpeed.TV, so der Name des Kanals, berichtet von Käfern und Karmännern, Gölfen und Bullis und zeigt zwischendurch auch, wie man im heimischen Keller einen Käfer-Boxer-Motor zusammen stecken kann. Um das Film-Equipment angemessen zum jeweiligen Drehort transportieren zu können, war eigentlich ein Typ3 Variant das Objekt der Begierde. Aber es fand sich im festgesetzten Budgetrahmen nichts, was man hätte kaufen können. Auf Platz 2 der Hoffmann-Speedster Suchliste stand dann schon ein VW Brasilia. Und dann ging es rasend schnell. Einer der drei HoffSpeed-Kollegen entdeckte den metallic-braunen Brasilia auf der Website eines brasilianischen Restaurationsbetriebs und stellte fest, dass es einen Schwesterbetrieb in Duisburg gab. Am nächsten Tag wurden die Duisburger kontaktet und diese organisierten Detailfotos, boten an, sich um Zulassung und Verschiffung zu kümmern und im Handumdrehen wurden sich beide Parteien handeleinig. Die Firma Hangar 426 schlug vor, das gute Stück nach deutschen Maßsstäben verkehrstechnisch abzunehmen und noch zu konservieren. Und genau so kam es auch. Ein top-restaurierter und von der DEKRA nach §21 und § 23 abgenommener Brasilia bringt nun das HoffSpeed.TV-Team zu seinen Einsätzen und sieht dabei noch gut aus. Die DEKRA-Zulassungsprofis waren sich auch einig: So einen perfekten Brasilia hatten sie in Deutschland bislang noch nicht gesehen.

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Einen VW Brasilia kaufen: Als Wiedererkennungsmerkmal eine gute Idee!

Brasilia! Das klingt schon sehr verheißungsvoll. Das hier gezeigte Volkswagen Steilheckmodell sollte in den 70er Jahren den auch in Brasilien sehr erfolgreichen Käfer ablösen. Das Modell erinnerte nicht zuletzt wegen der Front mit ihren Doppelscheinwerfern an einen 412 Variant mit drastisch gekürztem Radstand, hätte aber auch aus dem VW Golf Vorserien-Skizzenbuch stammen können. Aber nein, für eine moderne Konstruktion wie den VW Golf war das Schwellenland Brasilien den VW do Brasil-Verantwortlichen noch nicht reif genug. Banal gesprochen, konnte jeder Dorfschmied den Käfer mit Hammer und Zange reparieren, in einem Land wie Brasilien musste das damals kein Nachteil sein. Damit war die grobe Marschrichtung klar.

Die letzte VW Eigenentwicklung auf Käfer-Basis

Also wurde beschlossen, der robusten Technik das Käfers einen modern gestalteten Kompaktwagen überzustülpen. Bei der Konstruktionsweise – selbstfahrendes Chassis plus nicht selbsttragende Karossererie - war das überhaupt kein Problem. Und so setzten die Verantwortlichen auf ein geringfügig modifiziertes Karmann Ghia Chassis mit dem bekannten 2,40 m-Radstand eine elegant schnörkellos und sportlich-praktisch anmutende Karosserie, die manchen eben an einen VW 412 mit kurzem Radstand erinnert. Nur dass die Proportionen des nur 4,01 m kurzen Brasilia deutlich gefälliger gerieten. Es heißt, die Werksleitung hätte insgesamt 40 Studien anfertigen lassen, bevor sie sich dann final für den Brasilia entschied. (Leider sind diese Studien alle verschrottet worden und es gibt nur wenig Bildmaterial).
Der Brasilia selbst war eine gute Entscheidung, denn das 1973 präsentierte Auto wurde wie der Käfer ebenfalls zu einem Millionenseller. Was sicherlich auch daran lag, dass er wie ein Käfer fuhr, nur viel zeitgemäßer aussah und deutlich geräumiger war. Man muss wissen, dass der Käfer, in Brasilien Fusca (portugiesisch für Käfer) genannt, auch dort eine Erfolgsstory hinlegte und sich zum Dreh- und Angelpunkt des Individualverkehrs entwickelte. Es gab ihn als dreitüriges Taxi, Krankenwagen und in einer Fahrschulversion. Der Fusca setzte sich auch in Brasilien durch, obwohl speziell Chevrolet mit billigen, robusten und geräumigen Opel-Varianten (u.a. Rekord C) und der Marke Volkswagen Konkurrenz machte.

46 Bilder Fotostrecke | Ein Brasilia für Hoffspeed.TV: Ein Käfer mit Ecken und Kanten: VW Brasilia #01 #02

Auch um den kompakten Chevy Chevette (Wieder ein GM Hoffnungsträger, der wie zuvor der Corvair dann dramatisch kollabieren sollte) abzuwehren, präsentierte VW do Brasil dann 1973 ebenfalls ein Steilheckmodell, den neuen Brasilia (Manche sagen auch die neue Brasilia), der ausgesprochen frisch und dabei zeitlos wirkte. Letzteres fällt wirklich auf, wenn man den Brasilia im Straßenbild sieht. So manchem Automobil gleichen Baujahrs sieht man die 50 Jahre Automobilgeschichte eher an, dem 73er Passat zum Beispiel. Das Design stammt von Marcio Piancastelli, der auch den sportlichen SP2 zeichnete. Außen hui, innen ist der VW Brasilia dann doch eher betulich sachlich. Viel Neues gab es da nicht, vielmehr wurde Bewährtes vom Käfer übernommen und im besten Falle neu verpackt. Zum Beispiel die vorderen Dreiecksdrehfenster. Die bekam auch der Brasilia, eine Klimaanlage dagegen nicht.
Das Armaturenbrett war zwar neu, was Anzeigen und Schalter angeht, genauso sparsam bestückt wie beim Käfer. Keine Experimente: Die Instrumente waren ein großer Zentraltacho, links davon die Tankuhr und rechts ein Schacht mit Blindstopfen. Vielleicht für einen Drehzahlmesser oder eine (nachträglich eingebaute) Uhr oder Öldruckanzeige? Der Prospekt von damals gibt darüber leider keinen Aufschluss. Ab 1980 begeisterte dann ein modernes Kombiinstrument mit Uhr, Tachometer und Tankanzeige, nebst Anzeigen und Warnlampen für Öldruck, Bremsenverschleiß und Batterieladung die VW-Freunde am Zuckerhut. Die bis dato übereinstimmende Bauweise mit dem Käfer sparte natürlich jede Menge Geld und es würde uns nicht einmal wundern, wenn am Ende sogar ein nur geringfügig veränderter Kabelbaum wie im Käfer oder Karmann-Ghia Typ14 Verwendung fand. Fürs gute Käfergefühl hatten ihm die Ingenieure in den ersten beiden Jahren sogar das original Käfer Lenkrad mitgegeben. Verkaufs-Psychologie a la „Willkommen zu Hause“? Oder lagen noch ein paar hunderttausend Lenkräder auf Lager, die „weg“ mussten? Das später verbaute moderne Brasilia Lenkrad ist moderner aber auch leider sehr emotionslos.

Die neue Karosse bietet mehr Platz als der VW Käfer

Freude kommt im Brasilia bei den Insassen aber dennoch auf. Die größte Aufmerksamkeit schenken die Fahrzeugkonstrukteure nämlich dem Innenraum. Das war der Kritikpunkt Nummer 1 am bewährten Käfer, der war einfach zu eng. Ganz anders der Brasilia. Die breiten Bodenplatten des Karmann-Ghia Typ14 konnten im Innenraum zu spürbar mehr Raum umgemünzt werden. Und die auf zierlichen A-, B- und C-Säulen schwebende gerade Dachkonstruktion bescherte nicht nur ein luftiges Greenhouse mit großen Fensterflächen, sondern tatsächlich mehr Schulterbreite und vor allem auch viel Kopffreiheit. Die Kniefreiheit ist im Brasilia ebenfalls besser. Das Sitzerlebnis ist deutlich großzügiger. Die Sitze sind tatsächlich bequemer als die vom Käfer. Kopfstützen sucht man allerdings vergebens. Dafür ist das im sanften Braun gehaltene Interieur unseres Exemplars nicht nur eine geschmackvolle Antwort auf das Goldbraun-Metallic der Außenlackierung, es verströmt fast schon so etwas wie Lounge-Atmosphäre der damaligen Zeit. Die Farbbezeichnung lautet Marrom Metalico also Kastanienbraun Metallic. Wir lernen: auch in Brasilien gibt es anscheinend Kastanien.

Von der Heimatkunde zur Poesie und hier übernimmt jetzt das Marketing: Einer der ersten Brasilia-Werbespots zeigt fünf schlanke und (vermutlich) nicht zu große Volkswagen-Ingenieure, die in bester Laune allesamt in dem Brasilia Platz nehmen. In der Tat ist das Raumangebot wohl der größte Vorteil des Brasilia gegenüber dem Käfer und das bei 20 Zentimeter weniger Außenlänge.
Angetrieben wurde der Brasilia von einem alten Bekannten. Ein 1584 ccm-Boxer wie er auch im Typ 3 1600 Verwendung fand, kam auch im Brasilia zum Einsatz, allerdings mit stehendem Gebläsekasten wie beim VW Käfer. Entweder als Ein-Vergaser-Motor, oder als zwei Vergaser-Motor. Bei den Leistungsangaben geht es ein bisschen drunter und drüber, jeweils eine 45 und 54 PS-Variante sind sicher, es gab wohl auch Varianten mit 40, 44 und 60 PS je nach Einsatzgebiet. Die DEKRA hat bei der 23er Abnahme festgestellt, dass unser Brasilia, den 65 PS-Motor im Heck hat, der auch im SP2 rumorte. Es gab mal eine Kleinserie von Puma-Brasilias, die mit dem SP2-Motor ausgestattet waren, dann müsste unser Modell aber auch geschwärzte Scheinwerfer-Gehäuse haben. Die hat er nicht. Ob er in seinem 44 Jahre langen Autoleben irgendwann einmal den „großen“ Motor spendiert bekam, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Zumal der Brasilia ansonsten in keinem Detail von der Werksauslieferung 1978 abweicht.

Erste Fahreindrücke sind fantastisch. Der nur 900 Kilogramm schwere Dreitürer ist sowohl dem Käfer als auch dem Typ 3 in punkto Beschleunigung und Agilität deutlich überlegen. Mal schauen, wie er übersetzt ist, aber 135 km/ sollten schon drin sein, die Beschleunigung auf 100 km/h wird wohl 17 Sekunden in Anspruch nehmen. Grundsätzlich liegt er damit im oberen Drittel der luftgekühlten VW Fahrleistungen jener Zeit und sollte sich im Straßenverkehr einigermaßen gut einsortieren können. Eine Reisegeschwindigkeit von 120 km/h ist problemlos machbar. Damit ist er für seinen Job als HoffSpeed Teamcar ausreichend gerüstet.

In Europa kam der VW Brasilia bis nach Portugal

Rund eine Million Brasilia wurden bis zum Baustopp 1983 gebaut, der sogar nach Portugal exportiert wurde. Näher kam er dem Käfer-Mutterland offiziell nie. Andere Länder waren Chile, Bolivien, Peru, Ecuador, Venezuela, Paraguay, Uruguay, Süd Afrika, und die Philippinen. Montiert wurde er auch in Mexico und Nigeria, wo er als Igala angeboten wurde. Eine erfolgreiche Karriere also, nur den Käfer löste der Brasilia damit auch nicht ab. Interessant aber ist, dass der anfangs nur als Dreitürer angebotene Brasilia heute auch in der brasilianischen Klassik-Szene so etwas wie ein Liebhaberauto geworden ist, der 40 Jahre nach seiner Präsentation von den brasilianischen Fans geliebt und fleißig restauriert wird. Zu Recht, ist der Brasilia automobilhistorisch doch nicht nur eine gelungene brasilianische Eigenentwicklung, er ist auch definitiv die letzte umgesetzte Entwicklungsstufe des Käfer-Konzepts. Überlebt hat er den Käfer allerdings nicht, dieser lief noch bis 1988 vom Band.

Links:

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Technische Daten: 1978 VW Brasilia

 


Fahrzeugtyp: VW Brasilia

Baujahr: 9/1978

Motor: 1584ccm, 2 Vergaser-Anlage, Vierzylinder-Boxer-Motor, luftgekühlt, Benzin
65 PS bei 4.600 U/min,
V-Max: 137 km/h
0-100 km/h: 17 s
Verbrauch auf 100 km (Herstellerangabe) 9,1 Liter
Getriebe: Viergang Getriebe
Karosserie: nicht selbsttragende Karosserie, dreitürig, Marrom Metalico (Kastanienbraun metallic) / 082
Länge: 4015 mm
Radstand: 2400 mm
Breite: 1605 mm
Höhe: 1430 mm
Leergewicht: 900 kg
zu. Gesamtgewicht: 1310 kg

Fahrwerk: Einzelradaufhängung vorn mit Drehstabfederung, Teleskop-Dämpfern und Stabi, Einzelradaufhängung vorn mit Drehstabfederung, Teleskop-Dämpfern
Räder: vorne 5 x14er Stahlfelgen
Reifen: 175 R14 vorne, 175 R14 hinten
Bremsen: Scheibenbremsen vorn, Trommeln hinten

Innenraum: Original mit Kunstleder und Stoffbahnen

 

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