Technik: Karosseriebau der Zukunft

Tesla plant die Zukunft mit einteiligen Karosserien

Technik: Karosseriebau der Zukunft: Tesla plant die Zukunft mit einteiligen Karosserien
Erstellt am 31. August 2020

Immer wenn Elon Musk twittert, scheint die Automobilwelt vor seinen Worten auf dem kleinen Smartphone-Bildschirm zu zittern. So auch dieses Mal als der amerikanische Autobauer eine einteilige Karosserie der Zukunft ankündigte. Jedoch fielen die Wellen diesmal etwas kleiner aus als gewohnt. Die Tesla-Jünger jubeln – wieder einmal.

Der amerikanische Autobauer Tesla will die Autokarosserie seiner kommenden Modelle zunächst aus wenigen und letztlich dann einem einzigen Teil fertigen. Aktuell besteht eine Autokarosserie aus 50 bis 100 Teilen, die von Stanzen, Pressen und Schweißgeräten in einem aufwendigen Verfahren in der Fabrik zusammengefügt werden. So ganz neu ist die Idee, die zahlreichen Module einer Karosserie mit deutlich weniger Teilen zu fertigen, allerdings nicht – und einige Hersteller sind mittlerweile wieder zurückgerudert. Audi ging vor Jahren aufs Ganze und brachte bereits 1994 sein Luxusmodell A8 mit einer Aluminiumkarosse auf den Markt. Jahre später zog Jaguar mit Modellen wie dem direkten Wettbewerber XJ nach und auch Rolls-Royce baut seine Luxusmodelle längst aus leichtem Aluminium. Konzernmutter BMW fertigt sein allemal innovatives Elektroauto i3 seit einigen Jahren aus Karbon und lässt ihn auf einem Fahrmodul aus Aluminium auf der Straße rollen. Während das Drive-Modul in einem Alurahmen der Bodengruppe den kompletten Antrieb mit Akkus und Elektromotor für die Hinterachse beinhaltet, besteht die Karosserie aus hochfester Karbonfaser.

Doch Karbon hat auch Nachteile. Nach wie vor sind Karosserieteile aus dem schwarzen Glücksfaden um ein Vielfaches teurer als Stahl oder Aluminium. Zudem bringen die Karosseriemodule wie bei einem BMW i3 große Mengen Verschnitt, der sich nur teuer recyceln lässt. Für große Fahrzeugvolumina ist Karbon undenkbar; für günstigere Fahrzeugsegmente sowieso. Mit einem Anteil von rund 50 Prozent ist Stahl immer noch der mit Abstand wichtigste Werkstoff für die Automobilindustrie. Allerdings hat auch der traditionelle Werkstoff in den letzten Jahren einige Veränderungen durchgemacht. Durch Zugabe von Stoffen wie Mangan, Nickel und Chrom haben Stahlhersteller ihre Produkte vielfältig verändert und auf die immer anspruchsvolleren Anforderungen der Autobauer abgestimmt.

Sportwagenhersteller wie Bugatti oder Lamborghini setzen bei der Fertigung ihrer Boliden auf das ebenso teure wie hochfeste Karbon. Doch auch wenn sich einige Hersteller an einer Karosserie aus einem einzigen oder wenigen Stücken versuchten; durchgesetzt hat sich der Trend bisher auf dem Massenmarkt nicht. Jaguar war Karbon zu teuer, wie der ausgeschiedene JLR-Entwicklungsvorstand Wolfgang Ziebart einst betonte. JLR nutzte daher Aluminium. So speckte unter anderem der Range Rover und kleinere Modelle wie der Jaguar XE ab. Dessen Karosserie besteht zu 75 Prozent aus Aluminium. Das Chassis des Jaguar XE wiegt lediglich 251 Kilogramm. Entwickler Dr. Mark White legt Wert darauf, dass die Karosserie nicht nur sehr leicht sondern auch extrem verwindungssteif ist. „Der beste Wert in dem Segment“, strahlt White. Erreicht wurde dies mit speziellen Aluminium, dass steifer und zugleich dünner ist. Auch Premium-Konkurrent setzt seit Jahren auf Alu und speckte so bei A8, Q7 und Q8 mächtig ab. Die Karosserie des Audi Q7 wiegt 325 kg – rund 70 Kilogramm leichter als beim Vorgänger. Ähnlich sieht es bei den Modellen TT, A6, A7 und dem A8 aus. Hersteller wie Volkswagen, BMW, Porsche oder Mercedes setzen bei der Fertigung der eigenen Modelle – weitgehend unabhängig von der Fahrzeugklasse – jedoch auf eine intelligente Mischbauweise. Die Karosserie ist damit je nach lokaler Anforderung steif, leicht, stabil oder verformbar.

Tesla will Modelle wie das neue Modell Y mit seiner sogenannten Unibody Casting Machine aus gerade einmal einer Handvoll Teilen aus Aluminiumdruckguss fertigen – zunächst in Shanghai und Fremont – später in allen seiner Werke. Letztlich wäre es sogar denkbar, dass das Verfahren, das im Sommer 2019 für Tesla patentiert worden sein soll, eine Karosserie aus einem einzigen Stück fertigen kann. Die Fertigung der Rohkarosse in bei der Fertigung eines Fahrzeugs ein besonders großer, kosten- und energieintensiver Arbeitsschritt. Ähnlich aufwendig sind allein die Montage oder mit Einschränkungen die Lackierungen. Eine deutliche Reduzierung der der Karosseriemodule würde Kosten, Aufwand und Komplexität verringern; hätte unter Umständen jedoch negative Auswirkungen auf die Festigkeit, denn hier setzen feste und hochfeste Stähle nach wie vor Bestmarken gegenüber dem Alugussverfahren. Das Leichtmetall ist als solches nicht nur weicher, sondern auch temperaturempfindlicher als Stahl, was gerade bei sehr heißen Temperaturen im Sommer seine Nachteile hat. Die darüber liegenden Hauben, Türen und Verkleidungen müssen daher extrem passgenau sein, um das auszugleichen. Entsprechende Verstärkungen sollen für die nötige Sicherheit bei einem Unfall sorgen.

Doch es geht auch anders – traditioneller. Die Mischung aus Aluminium und hochfesten Stählen zeigt Erfolge. 1992 brachte die Rohbaukarosse eines Porsche 993 knapp 220 Kilogramm auf die Waage, die 997er-Baureihe wog 2004 schon 280 Kilogramm. Mit intelligentem Leichtbau schafften es die Stuttgarter, das Gewicht der 991-Rohbaukarosse wieder unter 250 Kilogramm zu drücken. Auf dem gleichen Niveau liegt der neue 992. Zustande gekommen ist die Gewichtsreduzierung vor allem durch einen Materialmix und konstruktive Veränderungen. Doch es ist nicht die Ein-Teil-Strategie, die nennenswerte Vorteile für Produzenten und Kunden bringt. Vielmehr ist es der richtige Materialmix. So bestehen bei modernen Fahrzeugen viele Komponenten aus Kunststoffen, hochfesten sowie festen Stählen und eben Aluminium. Bei einem Sportwagen wie dem Porsche 911 ist das rund die Hälfte der Rohkarosse. Für spezielle Einzelteile wird zunehmend auch das stabile, aber teure Magnesium eingesetzt.

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