Mehr Durchblick bei der neuen H-Zulassung

TÜV SÜD auf der Retro Classics 2012

Mehr Durchblick bei der neuen H-Zulassung: TÜV SÜD auf der Retro Classics 2012
Erstellt am 9. März 2012

Seit November gelten neue Richtlinien für die Begutachtung von Oldtimern und damit neue Voraussetzungen für das H-Kennzeichen. Wichtige Änderung: das fünfstufige Bewertungssystem fällt weg - nun gilt: ein guter Erhaltungszustand reicht für den positiven Bescheid aus. Verschärft wurden die Regeln zum Motor: Der Antrieb muss zukünftig aus derselben Baureihe kommen. Gleich geblieben sind die Vorgaben zu Identität, Bremsen, Getriebe und Lenkung. Die neuen Regeln sind auch TÜV SÜD-Thema bei der Oldtimer-Messe Retro Classics, die vom 22. bis 25. März in Stuttgart stattfindet. Vorab ein Überblick.

Mindestens 30 Jahre, bestandene Hauptuntersuchung, originales oder zeitgenössisches Interieur - die meisten Kriterien sind nach der Novelle der Richtlinie für die Begutachtung von Oldtimern (Paragraph 23 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) gleich geblieben. Ein Blick in die Oldtimer-Foren zeigt jedoch: Die neuen Regeln sorgen in manchen Punkten eher für Verwirrung als für Aufklärung. Dazu Matthias Gerst, Oldtimer-Experte von TÜV SÜD: "Grundsätzlich bieten die Richtlinien weiterhin eine gute Arbeitsgrundlage für die Sachverständigen bei der Oldtimer-Bewertung. Für Diskussionen sorgt beispielsweise der Wegfall der fünfstufigen Bewertung. Genau informieren können sich Oldtimerfans bei unseren Sachverständigen in den TÜV SÜD Service-Centern."

Seit November gilt: Oldtimer werden für die H-Zulassung nicht mehr in makellosen, guten, gebrauchten, verbrauchten oder restaurationsbedürftigen Zustand eingestuft, sondern es gibt nur noch eine einheitliche Zugangsschwelle: guter Pflege- und Erhaltungszustand, angemessene Gebrauchsspuren, kein Fehlen wesentlicher Teile und originale oder zumindest zeitgenössische Ausstattung. Nach Ansicht des TÜV SÜD-Experten ist in diesem Punkt das Bewerten aber nur auf den ersten Blick einfacher geworden. "Guter Erhaltungszustand - das kann man durchaus als Note zwei (gut) der alten Regel auslegen. So gesehen ist die neue Vorgabe sogar strenger. Denn bei der alten Richtlinie hat schon die Note drei, also gebrauchter Zustand, für das H-Kennzeichen ausgereicht. Wegen solcher Unschärfen erstellen wir aktuell einen neuen Leitfaden für unsere Sachverständigen, der für mehr Transparenz und Sicherheit sorgen soll. Auf beiden Seiten - also auch beim Kunden", so Gerst. "Auf jeden Fall ist es weiterhin sinnvoll, sich mit einem Gutachter im Vorfeld der H-Zulassung zu verständigen."

Diskussionsstoff liefern die neuen Vorgaben zudem rund um nicht zeitgenössische Umbauten: Denn der Umbau selbst muss nun 30 Jahre alt oder wie bisher in den ersten zehn Jahren durchgeführt worden sein. Daraus ergibt sich, dass Besitzer eines Oldtimers unter Umständen bis zu zehn Jahre warten müssen, obwohl ihr Fahrzeug bereits 30 Jahre alt ist. Beispiel: Der Besitzer eines Golf eins von 1974 würde heute eigentlich sofort eine H-Zulassung bekommen, weil sein Wagen bereits 38 Jahre alt ist. Wenn er den Kompakten aber nach der Zehn-Jahres-Frist, also beispielsweise 1986, mit einem Opel-Kadett-Motor nachgerüstet hat, muss er nach den neuen Regeln noch vier Jahre auf das H-Kennzeichen warten. Den Oldtimerstatus gibt es also frühestens 2016", erläutert Gerst.

Änderungen gibt es auch beim Motor. Hier gilt nur noch: Original, aus derselben Baureihe, 30 Jahre alt oder in den ersten zehn Jahren nachgerüstet. Bisher durften auch zeitgenössische Aggregate verbaut sein, wenn sie technisch zum Fahrzeug passten. "Ein VW Käfer mit VW 411 Motor - das geht nun nicht mehr so einfach", erläutert Gerst. Spielräume gibt es hingegen weiter bei Umbauten am Aggregat. Wurde fachmännisch und zeitgenössisch getunt, beispielsweise durch ein markenspezifisches Tuning-Unternehmen wie Ruf oder AMG, ist die H-Zulassung weiterhin möglich. Einen 3-er BMW zum Alpina umzubauen, ist erlaubt, wenn die richtigen Teile verwendet und die Vorgaben exakt eingehalten werden. Die gleichen Regeln gelten für Umbauten an der Karosserie. So ist beispielsweise der Umbau zum Cabrio erlaubt, wenn es auch ein Cabrio in der Baureihe gab oder Cabrio-Umrüster wie Baur oder Deutsch für das Modell lizensiert waren.

Weiter erlaubt ist das Verwenden von Originalteilen bei der Restauration. Dazu gehören seit November auch neue komplette Rahmen, wie sie beispielsweise für Citroën 2CV oder MG B im Angebot sind. Bedingung: Der Fahrzeughersteller hat die Teile lizensiert und die FIN (Fahrzeugidentifikationsnummer) sowie die übrigen Teile kommen von einem real existierenden Spenderfahrzeug. Auch Replicas haben weiter die Möglichkeit, als historisches Fahrzeug unterwegs zu sein. Voraussetzung hier: Das Fahrzeug selbst ist mindestens 30 Jahre alt und der Tag der Erstzulassung kann zweifelsfrei nachgewiesen werden - das gilt besonders für Fahrzeuge mit ausländischen Zulassungspapieren, weil hier die Angaben nicht immer korrekt sind.

Der Sonderstatus historischer Fahrzeuge ist auch Thema bei der TÜV SÜD-Podiumsdiskussion auf der Oldtimer-Messe Retro Classics am Freitag, 23. März, von 16.30 bis 17.30 Uhr auf der Showbühne in Halle 1. Unter dem Motto "Oldtimer - historisches Kulturgut oder nur billig Autofahren" diskutieren Hans-Jörg Götzl, Chefredakteur Motor Klassik, Christian Steiger, stellvertretender Chefredakteur Auto Bild, und TÜV SÜD-Oldtimerspezialist Matthias Gerst. Moderiert wird das Expertengespräch von SWR-Moderator Constantin Beims.

Auf dem TÜV SÜD-Stand, Halle 1, Stand J56 (Eingang Ost), stehen den Besuchern an allen vier Messetagen die Spezialisten zu allen Fragen rund um Old- und Youngtimer zur Verfügung.



Weitere Informationen unter www.tuev-sued.de.



Fotos: TÜV Süd, ProMotor, Archiv

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