Urteil: Abzüge bei Missachtung der Werkstattbindung

Werkstattbindung: Ja oder Nein?

Urteil: Abzüge bei Missachtung der Werkstattbindung : Werkstattbindung: Ja oder Nein?
Erstellt am 10. Oktober 2015

Die Werkstattbindung ist eine Möglichkeit, Beiträge zur KFZ-Versicherung zu senken. Dass bei dem Verzicht auf die Einhaltung dieser Vorgabe jedoch Probleme auftreten können, liegt auf der Hand. Immerhin sind die Rabatte, die Versicherer ihren Kunden zusichern, an die Werkstattbindung gekoppelt. Hält sich ein Versicherter nicht an diese Bedingung, so kann dies zu Mehrkosten und sogar Streitigkeiten führen.

Wer sich für die Werkstattbindung entscheidet, sollte daher einen genauen Blick auf die hiermit verbundenen Pflichten werfen. Ein jüngst gesprochenes Urteil untermauert dies. Da es in diesem Bereich häufiger zu Streitigkeiten zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmern kommt, tun Versicherte gut daran, sich an bereits verhandelten Fällen zu orientieren. So kann ein Blick auf die Rechtslage vor Fehlern schützen.

Klage abgewiesen: Versicherter muss zahlen

In einem aktuellen Urteil wies das AG München die Klage eines Versicherungsnehmers ab, der trotz Werkstattbindung eine andere Werkstatt aufgesucht hatte. Der Versicherte hatte sein Auto nach einem Hagelschaden nicht in der Werkstatt reparieren lassen, die die Versicherung vorgab. Nach der Einreichung der Rechnung für diese Leistung reagierte der Versicherer prompt mit einer Reduzierung der Erstattung. Mit diesem Vorgehen nicht einverstanden, klagte der Versicherte auf volle Erstattung der angefallenen Kosten. Doch auch das AG München war mit der Handlungsweise des Versicherers einverstanden. Schließlich musste der Versicherte die Differenz zwischen Reparaturkosten und reduzierter Erstattung selbst zahlen.

Das AG München entschied zugunsten des Versicherers.  Der Ausgang dieses Prozesses war bereits vorauszusehen. Verständlich, denn laut Financesout24 winken dem Kunden mit Werkstattbindung bis zu 20 Prozent Rabatt. Diesen Rabatt auszunutzen, um sich dann im weiteren Verlauf nicht an die Vorgaben des Versicherungsunternehmens zu halten, ist daher nicht nur unmoralisch, sondern auch rechtlich zu verurteilen.

Das Prinzip der Werkstattbindung

Entscheidet sich ein Versicherter beim Abschluss einer Kfz-Versicherung für die Werkstattbindung, so ist er in seinen Auswahlmöglichkeiten nicht mehr frei. Nach der Meldung eines Schadens an den Versicherer wird dieser einen oder auch mehrere Betriebe vorgeben, die mit der Reparatur des Fahrzeugs betraut werden müssen. Dies hat für alle Beteiligten durchaus Vorteile. Ein Schaden wird bei Werkstattbindung in einem vorgegebenen Betrieb repariert.

So ist der Versicherte durch Kooperationen mit Werkstätten in der Lage, weniger für Reparaturleistungen zahlen zu müssen. Die Vereinbarung günstiger Konditionen sorgt dabei für eine Optimierung des Verhältnisses zwischen Schäden und Kosten. Doch auch die Werkstatt profitiert von der dauerhaften Verbindung. Die Kooperation mit einem Versicherer garantiert dem Betrieb einen größeren Zulauf an Kunden, was sich auch für das Unternehmen positiv auswirkt. Der klarste Vorteil für den Versicherten liegt bei der Werkstattbindung selbstverständlich im gewährten Rabatt. Doch auch weitere Aspekte können durchaus lohnenswert sein. Eine Werkstatt, die mit einer KFZ-Versicherung kooperiert, bietet teilweise weiterführende Leistungen an. Hierzu zählen unter anderem

  • die Bereitstellung eines Mietwagens für die Dauer der Reparatur

  • die innerliche und äußerliche Reinigung des betreffenden PKW

  • Abholung des Fahrzeugs und Rücktransfer zum Kunden

Für den Versicherer ist die Werkstattbindung außerdem sinnvoll, da er mit einem Unternehmen kooperieren kann, das er bereits kennt. Die Abläufe bei der Abwicklung eines Schadensfalles können hierdurch mit einem deutlich geringeren Zeit- und Arbeitsaufwand erledigt werden.

Ein umgekehrter Fall

In einem weiteren Streitfall zwischen Versicherungsnehmer und KFZ-Versicherung stellte sich die Ausgangslage anders dar. Ein Versicherter hatte nach einem Schaden an seinem PKW einen Sachverständigen mit der Feststellung des entstandenen Schadens beauftragt. Der geschlossene Vertrag zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer umfasste dabei eine Vollkasko ohne Werkstattbindung. Der Versicherer jedoch war mit der errechneten Summe nicht einverstanden und kürzte kurzerhand den Betrag. Hierbei berücksichtigte er niedrigere Stundenverrechnungssätze und verwies zudem auf die Minderung von UPE-Aufschlägen, erläutert das Fachmagazin kfz-betrieb. Bei der Berechnung dürfen Gutachter Stundensätze von Vertragswerkstätten nutzen. 

Der Versicherte, der weiterhin auf die Erstattung der vollen Summe bestand, klagte vor Gericht. Im vom AG Bad Schwalbach gesprochenen Urteil bekam er Recht. Der Ausgang dieses Prozesses untermauert erneut die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, da auch hier Einigkeit über die Verrechnung von Sachverständigengutachten besteht. So ist es einem Sachverständigen gestattet, Stundensätze einer Markenwerkstatt für seine Berechnung heranzuziehen, selbst wenn die Schadenssumme fiktiv abgerechnet werden soll. Das BGH hält eine Verwendung gesenkter Stundensätze sogar für unzumutbar, wenn das betroffene Fahrzeug maximal drei Jahre alt ist. Bei jungen Fahrzeugen sollten Garantiebestimmungen und Werkstattbindung nicht gegeneinander arbeiten. 

Im gezeigten Fall hatte sich der Versicherungsnehmer für einen Vollkaskotarif ohne Werkstattbindung entschieden. Dabei macht Vollkasko mit Werkstattbindung auch Sinn, so Finanztip. Auch hier winken angesichts der hohen Ausgangstarife nennenswerte Rabatte. Vor allem für Fahrer, die im Rahmen der Schadensfreiheitskassen noch nicht weit fortgeschritten sind, kann sich die Werkstattbindung lohnen. Autobesitzer sollten jedoch darauf achten, dass die Werkstattbindung nicht mit den Gewährleistungs- und Garantievorgaben des Autoherstellers kollidieren, falls es sich um ein verhältnismäßig junges Fahrzeug handelt.

Know-how schützt vor Problemen

Letztlich zeigt sich, dass es rund um das Prinzip der Werkstattbindung häufiger zu Uneinigkeiten zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherten kommt. Kennt sich ein Versicherungsnehmer jedoch gut mit den Bedingungen der KFZ-Versicherung aus und ist er sich seiner Rechte und Pflichten bewusst, so kann er im Zweifel die richtigen Entscheidungen treffen.

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