Lassen wir bei diesem VW Golf mal die Zahlen für sich sprechen: über 1000 Stunden an Karosserie- und Lackierarbeiten und 50 Kilogramm Klarlack stecken in (oder besser an und auf) diesem Golf 3 Variant. Und das, obwohl der Wagen eigentlich zerlegt war und verkauft werden sollte. Projektleiter Kurt Jurschitz aus Österreich hat bei seinem ganz persönlichen Projekt ganz genau nachkalkuliert und sich fünf vor Zwölf gegen eine Veräusserung entschieden.
Die Zahlen sprechen für sich
Ich hatte den Wagen schon zu gut 90% zerlegt und alle Anbauteile verkauft, gibt Kurt zu Protokoll. Dann begegnete er dem begnadeten Kärtner Künstler Christoph Steindorfer und wurde prompt von dessen funkensprühender Fantasie mit neuen Ideen infiziert und machte sich fasziniert von soviel Kreativität daran, sein um Haaresbreite verscherbeltes Automobil wieder zusammen zu kaufen.
Zusammen mit Freund und Karosserie-Spezi Stefan Raunegger wurde der Dreier blechtechnisch auf den neuesten Stand gebracht.
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Fotostrecke | Ein VW Golf 3 Variant der Superlative - Brown Sugar: Super Kombi - Und trotz allem dieselt es unter der Haube.
Fangen wir ausnahmsweise mal hinten an. Die Heckklappe wurde ihres Wischers und des VW Emblems beraubt.
Eine E-Klasse spendierte die Kennzeichenmulde, welche auf Treffen (oder zu Fotoshootings) ein hawaiianisches Nummernschild aufnimmt. Die Rückleuchten sind lasiert.
Diesel, bleib bei Deinen Düsen
Die Stossstange ist hinten wie vorn ein US-Teil. Komplett gefüllert und in unzähligen Stunden spiegelglatt geschliffen. Zwei armdicke Endrohre einer Gruppe-A-Edelstahlanlage leiten die Abgase nach unten abgeknickt ins Freie. Der Motorsound offenbart hier einen Diesel-Antrieb. Mit Auspuff, Chip und Luftfilter erreicht das 1,9 Liter Aggregat knapp 130 PS.
Und weiter geht der wilde Ritt rund um die Karosserie. Die Griffmulden wurden sorgfältig aufgefüllt, die Griffe blieben jedoch erhalten. Ebenso die Zierleisten. Sie wurden, wie die gecleante US-Frontstange, ins Gesamtkonzept integriert. Das sah zunächst eine Komplettlackierung in Timorbraun Metallic (L97F) vom Golf 1 vor.
Von Colourblind kann keine Rede sein
Danach durfte Christoph (seine Firma trägt übrigens den Namen Colourblind Artworx) ans Werk. In über 800 Stunden Detailarbeit pinstripte, airbrushte und goldleafte das Farbengenie die ganze Farbpalette der irrwitzigsten Ideen auf den Golf Body. Selbst vor den Rückleuchten und Tür-Innenseiten machte Christoph nicht halt. Immer wieder wurde aufgetragen, abgeschliffen, klarlackiert und was man halt sonst noch so braucht um 50 Kilo Klarlack zu verbrauchen!
Um die ganze Farbenvielfalt bestaunen zu können, empfiehlt es sich, den Wagen bei direktem Licht und im Schatten zu bewundern. Jedes Mal offenbaren sich neue Motive, werden mehr Details sichtbar. Insofern ist Christophs Firmenname eindeutig eine Untertreibung. Man muss schon alles andere als farbenblind sein, um sich so etwas auszudenken.
Wie profan und vergleichsweise harmlos mutet da der Innenraum trotz seiner perfekten Umsetzung doch an. Recaro Sitze aus einem Golf 3 VR6 gesellen sich farblich passend in einen komplett gelederten Innenraum. Selbst das Armaturenbrett wurde mit brauner Tierhaut überzogen. Der Himmel erstrahlt in Alcantara.
Die GTI-Felgen sind kaum als solche wiederzuerkennen
Auf der Lenksäule steckt das Magnesium-Lenkrad eines 3L-Lupo. Selbstversändlich im Custom Look umgearbeitet. Wo kein Leder hinkam, wurde lackiert.
Die Luftaustrittsöffnungen in der Mittelkonsole mussten den Schaltern vom Bagyard Airride weichen. Dank ihm kann Kurt seinen Variant bis auf den Boden absenken, und das trotz 18 Zoll. Die 7,5er Felgen stammen im Original vom Golf 6 GTI und waren ein eBay-Schnäppchen. Nach ihrer Optik-Kur sind sie kaum wiederzuerkennen.
Achsweise Tiefstapelei
Zu so einem Mammutprojekt gehören auch Rückschläge. Jedoch gab es immer auch ein Licht am Ende des Tunnels. Als die Kotflügel fertig waren, stellte sich heraus dass es kaum adäquate Adapterlösungen von 4x100 auf 5x112 in der gewünschten Materialstärke gab. Eine höchst individuelle Lösung, bei sich die Österreicher gleich bei drei Fahrzeugen bedienten, bescherte dem Variant eine Plus-Achse mit VR6-Bremse ohne die breitere Spur.
Angesichts des Komplettpakets mutet die Ventofront mit schwarzem Grill, geschwärztem Klarglasscheinwerferinnenleben und Xenon-Brennern fast schon wie eine relaxte Dehnübung an. Der Vollständigkeit halber sei auch noch der Scheibenwischer erwähnt, der ohne zweites Pendant auskommen muss.
Kurt bewegt seinen Variant nicht viel. Seine Jahresfahrleistung von 3.000 Kilometern kriegt unsere Redaktion zu Spitzenzeiten innerhalb weniger Tage auf den Tacho. Manchmal, wenn es sein muss, reisst Kurt aber auch längere Etappen am Stück ab.
Wie für die Projektzwo Spiegel. Sie sind so selten, dass der Held unserer Geschichte bis nach München gefahren ist, nur weil der Verkäufer nicht so gern Pakete durch Europa schickt. Wir wissen nicht, ob er die Strecke mit seinem Custom-Variant gefahren ist, aber unwahrscheinlich ist es schon. Es gibt halt Dinge, die kriegt man in der Alpenrepublik nicht für Geld und gute Worte typisiert. Erst recht nicht für Zucker...
VAU-MAX kompakt
Fahrzeugtyp: VW Golf 3 Variant
Baujahr: 1997
Motor: 1,9 Liter TDI, Chip, Sportluftfilter, ca. 130 PS
Auspuff: Gruppe-A-Edelstahlauspuffanlage mit zwei gekrümmten Endrohren
Räder: VW/Ronal Detroit, 7,5x18 ET51, lackiert und mit Blattgold veredelt, Lochkreisadapter 16mm von 5x100 auf 5x112
Reifen: Pirelli P Zero Nero in 215/35 R18
Bremsen: auf VR6-Bremse umgebaut, ohne Plus-Achse
Fahrwerk: Bagyard Airride
Karosserie: Kotflügel geweitet und neu aufgeschweisst, Griffmulden verfüllt, ProjektZwo Aussenspiegel, Motorrad-Tankdeckel, Mercedes-Kennzeichenmulde, US-Stossstangen, Einarmwischer, Vento-Front, Xenon-Scheinwerfer, schwarzer No-Sign Grill, Rückleuchten lasiert, Lackierung in Timorbraun Metallic, Airbrushes, Pinstripes und Blattgoldeinlagen von Colourblind Artworx
Innenraum: Lupo 3L Lenkrad, Cockpit und Golf 3 VR6 Sitze mit braunem Leder bezogen, Alcantara-Himmel, Cockpitteile lackiert, Airride-Bedienschalter in die Mittelkonsole eingebaut
ICE: Zenec ZE-MC 194 Moniceiver mit Navigationssystem
Dank an: Stefan Raunegger, Christoph Steindorfer
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