VW Scirocco: Eine windige Geschichte

Historie: Golf-Coupé als Karmann-Ghia-Nachfolger

VW Scirocco: Eine windige Geschichte: Historie: Golf-Coupé als Karmann-Ghia-Nachfolger
Erstellt am 23. April 2008

Erst war er nicht gewollt, dann wurde er ein Riesenerfolg, der rund 800.000-mal vom Band lief und nun mit dem neuen Scirocco eine Fortsetzung findet.

Nummer 1 lebt!

Der diamantsilber metallic-farbene Modell links vom Text ist tatsächlich der Scirocco mit Fahrgestellnummer 1. Unter seiner Haube steckt ein 1,5-l-Ottomotor mit 51 kW/70 PS und 3-Gang-Automatikgetriebe. Seine Entstehungsgeschichte ist zu schön, um sie nicht zu erzählen: Schlaghosen und Blümchentapeten waren Trumpf als Star-Designer Giugiaro auf eigene Initiative einen Coupé-Entwurf auf Golf-Basis zeichnete, um ihn dem damaligen VW-Boss Lotz zu präsentieren. Im Grunde eine naheliegende Idee, hatte er doch bereits den Design-Auftrag für den Passat und den Golf in der Tasche, seit Lotz 1969 auf der Automobilausstellung in Turin auf ihn aufmerksam geworden war. Nur stand Lotz angesichts der damaligen wirtschaftlichen Probleme des Konzerns nicht unbedingt der Sinn nach einem sportlichen Auto. Es galt, die Käfer-Nachfolge und damit das Überleben zu regeln!

Kultfarbe Viperngrün Metallic

Aber Giugiaro war viel zu sehr Auto-Enthusiast, als dass er die Chance eines Golf-Coupés ungenutzt vorübergehen lassen wollte. Und wie das Schicksal es wollte, sollte der Scirocco dann sogar noch früher beim Händler stehen als der Golf.

Nachfolger für den Karmann-Ghia

Einen Verbündeten fand Giugiaro in Wilhelm Karmann, der sich um seinen Bestseller Karmann-Ghia sorgte, wenn der Käfer nicht mehr wäre. Dass der Käfer dann schließlich doch noch bis 2003 weiter produziert werden sollte, konnte er angesichts der Käfer-Krise 1969 freilich auch nicht ahnen. Als 1970 der ehemalige Audi-NSU Chef Rudolf Leiding den bisherigen VW-Boss Lotz ersetzte, unternahmen Giugiaro und Karmann einen neuen Anlauf. Diesmal mit Erfolg. das viersitzige Coupé mit der großen Heckklappe kam gut an! Aber die Ebbe in der Kasse erlaubte den Wolfburgern keine großen Klimmzüge und so verständigte man sich darauf, dass Entwicklung und Produktion bei Karmann erfolgte und VW die erforderlichen Golf-Komponenten lieferte.

Und dessen Komponenten stammten bekanntlich überwiegend aus dem Audi-Regal. Audi zählte seit 1969 zum VW-Konzern und hatte mit dem K70 bereits ein Modell zur VW-Palette beigesteuert. Und so geriet das Coupé zu einem echten Gemeinschaftsprodukt, das wie der Passat nach einem Wind benannt wurde. Im Februar 1974 begann die Produktion und im März war die Null-Serie für die ersten Pressefahrten fertiggestellt.

Moderne Technik sorgt für neuen Fahrspaß!

Drei wassergekühlte Vergaser-Vierzylinder-Reihenmotoren stehen zum Start zur Auswahl. Alle mit fünffachgelagerter Kurbelwelle, zahnriehmengesteuerter Nockenwelle und OHC- Ventilsteuerung. Die Basis stellt ein 50-PS-Motor mit 1.1 Liter Hubraum, gefolgt von einem 1.5-l mit 70 bzw. 85 PS. Dank eines Leergewichts von ca. 830 kg waren die Fahrleistungen des 3,85 m kurzen und nur 1,62 m breiten Coupés zumindest mit den beiden leistungsstärkeren Motoren durchaus sportlich. Das gilt natürlich insbesondere für den 1976 präsentierten Scirocco GTI, für den Volkswagen sogar einen Cup-Wettbewerb ins Leben ruft. Dank 110 PS, die aus dem auf 1,6 Liter aufgebohrten 1.5 Liter resultierten, katapultierte sich die Straßenversion in 8.8 sec von 0 auf 100 km/h und erreichte eine Vmax von 185 km/h. Capri-, Escort GT- oder Opel Manta-Freunde hatten eine neue Nuß zu knacken…

Der Scirocco wird zum Mega-Seller

Vom Start weg entpuppt sich der Scirocco als großer Wurf, der den Wegfall des Karmann-Ghia zahlenmäßig mehr als kompensieren würde. Als 1981 nach sieben Jahren der neue Scirocco anrollt, waren bereits 504.153 Modelle der ersten Generation vom Band gelaufen. Vom Karmann-Ghia hatten die Osnabrücker dagegen „nur“ 445.300 Modelle produziert. 1977 kam das erste Faceliftig. Blinker und Stosstangen wurden nun um die Kotflügel herumgezogen, die B-Säulen schwarz eingefärbt, der Grill erhielt einen Zierrahmen. Lenkung und Motorlagerung wurden ebenso optimiert wie die Aufhängung der Federbeine. Ein 60 PS-Motor bildete nun die Einstiegsversion.

Formschön bis der Artz kam...!

Umfangreicher waren die Eingriffe, die im Autohaus Nordstadt in Hannover am Scirocco vorgenommen wurden. Unter der Regie von Günther Artz entstanden ca. 30 Sciwago, so die Bezeichnung für einen Scirocco Sportkombi (Scirocco Wagon).


Styling made in Wolfsburg: Generation 2

Die Form des seit April 1981 produzierten neuen Scirocco entstand diesmal nicht in Italien, sondern in Wolfsburg. In den frühen Achtzigern bestimmte der cw-Wert die öffentliche Diskussion im gleichen Maße wie heute der Co2-Wert und so optimierten die Designer die Formgebung solange, bis unter dem Strich ein überdurchschnittlich guter cw-Wert von 0,38 heraussprang.

Vmax im 16V über 200 km/h!

Das Einstiegsmodell (L und GL) vertraute auf einen 1,3 Liter mit 60 PS. Darüber rangierten der 1,5-l mit 70 PS oder der 1,6-l mit 85 PS in den Varianten LS, GLS und GT, die auch mit einem 5-Gang-Getriebe geordert werden konnten. Rechteckige Doppelscheinwerfer kennzeichnen die 110 PS starken Topmodelle GTI und GLI. Nachdem im August 1982 das Motorenprogramm überarbeitet und gestrafft wurde (kein 1.3 mehr, 1.6 mit 70 & 85 PS, 1.8 mit 112 PS), präsentierte VW auf der IAA 1983 einen 16-Ventiler Prototypen, der dann im August 1985 in Serie ging. Die 16V-Sciroccos waren mit Kat 129 und ohne 139 PS stark und erreichten eine Vmax jenseits von 200 km/h.

Als 1989 der Corrado erschien, durfte der Scirocco vorläufig noch im Programm bleiben, wenn auch nur als 1.8 mit 95 PS. 199o feierte der 16 V ein Comeback, um die Lücke zwischen 95 PS-Scirocco und 160 PS-Corrado zu schließen. Im September 1992 lief nach knapp mehr als 11 Jahren und 291.497 Exemplaren der letzte Scirocco II vom Band.

Jetzt findet die Scirocco-Story nach längerer Pause eine bemerkenswerte Fortsetzung. Nicht nur die Vau-Max-Redaktion ist gespannt auf die ersten Testfahrten mit dem Scirocco der dritten Generation.



Text: Thomas Ebeling

Tipp: www.typ53.com

http://www.scirocco.ch/

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