Die Abwrackprämie hat nun auch den Golf 2 wohl endgültig zum Klassiker gemacht. Schlagartig wird aus einem millionenfach verkauften Wagen ein Sammlerstück, wie es schon mit dem Einser, dem Käfer und dem T1- oder auch T2-Bulli passierte.

Ralf Kuntzsch sicherte sich rechtzeitig ein besonders frühes Exemplar des Zweiers aus dem Jahre 1983 und verhalf diesem mehr als 26 Jahre nach Erstzulassung zu neuem Glanz und ungeahnter Motor-Power.

Mal ehrlich, besonders oft sieht man den Golf 2 nicht mehr im täglichen Straßenverkehr, oder? Und wenn, dann meist im Extremen. Da wäre Beispielsweise der Alltags-Golf, den man seine Strapazen und Laufleistung auch im ungewaschenen Zustand ganz deutlich ansehen kann und bei dem es nur eine Frage der Zeit ist, bis der TÜV und damit das Leben dieses Automobils abläuft.

Dank Motor-Update mangelt es nicht an Leistung

Oder man trifft auf das komplette Gegenteil: Auf Schnellstraßen oder gar der Autobahn unterwegs wundert man sich, warum jemand im Zweier nur 80 km/h fährt. Überholt man dann, wird einem schnell klar, dass die alte Dame Ende des 80sten Lebensjahrs nicht schneller kann. Oft sieht solch ein Golf aus, als hätte er sich in einem Zeitvakuum befunden, wären nicht die typischen kleinen Gebrauchsspuren am Blech.

Genau so einen Typ Golf 2 konnte sich Ralf an Land ziehen. Mit seinen 160.000 Kilometern hatte er zwar schon ein paar Ausflüge mehr hinter sich, der Zustand war aber dennoch 1A.

Besonders der Innenraum präsentierte sich nahezu neuwertig. Wenn auch in einem Look, in dem man das Interieur vor ein paar Jahren schleunigst ausgetauscht hätte, da die braune Farbe einfach viel zu altmodisch war. Heute sind genau diese Retro-Parts gesuchter denn je. Aus genau diesem Grund machte Ralf aus dem Golf einen 1A –Retro-Renner.

Ein Innenraum anno 1983

Nachdem der Plan gefaßt war, einen echten Retro-Golf zu kreieren, sprudelte Ralf vor Ideen, jedoch sollte der Golf aber auch nicht wie ein Weihnachtsbaum mit Retro-Parts überladen werden.

Ralf wertete den Innenraum also recht behutsam auf. Alle originalen Teile durften an Bord bleiben. Immerhin ist die braune große Mittelkonsole so kaum noch zu finden und musste 1983 als Sonderausstattung geordert werden, bevor sie kurz darauf in dieser Farbe ganz aus dem Programm verschwand

Die Kugelauflagen der Sitze hingegen sind neu und untermalen das Retro-Feeling umso mehr.

Auf Kurs wird der Golf gegenwärtig mit einem Golf 1 GTI Spucknapf-Lenkrad gebraucht. In die Gänge kommt er hingegen mit einem stilechten Golfball-Schalthebel.

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Multimedia der 80er Jahre

In Sachen Unterhaltung scheint der Zweier nicht viel zu bieten zu haben. Schließlich verfügen die Ablagefächer in den Vordertüren nicht einmal über Lautsprecher-Aufnahmen und das Radio im Armaturenbrett ist alles andere als „Up-to-Date“. Doch der Schein trügt: In den verbleibenden originalen Lautsprecher Einbauplätzen steckt jeweils ein modernes Axton-System und sorgt für guten Sound. Gesteuert wird das Ganze allerdings von einem zweiten Radio der Marke Kenwood, das sich im Handschuhfach befindet.

Jedoch dachte Ralf auch an die tiefen Frequenzen. Hierfür gab es einen echten Retro-Kofferraumausbau! Wer sich beim Blick ins Gepäckabteil fragt, was hier nach Musik-Ausbau aussieht, sollte einen genauen Blick in den Picknick-Koffer werfen. Neben Tellern und Tassen findet man hier auch noch einen 20er Subwoofer. Passend dazu, das neue Zuhause der Endstufe. Sie wurde einfach im Koffer daneben untergebracht.

Retro trifft auf Moderne

Ein ähnliches Bild auch beim Exterieur: Viel wollte Ralf hier gar nicht verändern, also blieb der originale Farbton “Nevadabeige“ auch nach der Neulackierung erhalten. Nur der Schriftzug auf dem Heckanschlussblech und Heckscheibenwischer sind verschwunden.

Ein mittiges VW-Zeichen hatten die ersten Exemplare des Golf 2 ja ohnehin nicht. Weitere Teile wurden gegen die des Golf 1 getauscht, der die verchromten Seitenspiegel und Türgriffe lieferte.

Die Chrom-umrandeten Seitenscheiben sind hingegen original Golf 2 und in der Szene heiß begehrt. Schwarze Scheinwerfer und Rückleuchten sowie eine Heckscheibe ohne Heizdrähte machen den Look fast perfekt.

Fehlten nur noch neue Räder, und was könnte da besser passen als mehrteilige BBS-Alus. In diesem Fall steht der Zweier auf 7 und 8 Zoll breiten 15-Zöllern, deren Oberfläche hochglanzverdichtet wurde. Einzig in Sachen Reifen ist Ralf noch unglücklich, die 195/50er Gummis sind einfach zu fett für seinen Geschmack. “Ich würde ja gern den 165/45er Reifen fahren, aber von der Traglast passt das nicht ganz“, so Ralf.

Sixpack mit rund 200 PS im Golf 2 – VR6 sei dank

Unter der Haube machte der Golf nämlich den wohl größten Wandel durch. Von dem 72 PS-Motor ist hier keine Spur mehr zu sehen. Stattdessen fällt der Blick auf eine seltene Ansaugbrücke mit der Inschrift „VR6 – 2.8“ - und damit sollten alle weiteren Fragen geklärt sein, warum Ralf in Sachen Reifentraglast kein leichtes Spiel hat. Der VR6-Motor im Golf ist einfach eine Spur zu schwer.

Dafür entschädigt der VR6 mit einem genialen Sound, der vom Fächerkrümmer, dem offenen Luftfilter und der G60-Abgasanlage unterstützt wird. Sehen lassen kann sich der Sechszylinder obendrein, gecleanten Domen und versteckten Kabel sei Dank.

Dieser Golf wird wohl auch noch die nächsten 20 Jahre überstehen und neben einem schönen trocken Garagenplatz ist seine bevorzugte Spur auf der Autobahn die linke – denn dieser Golf ist echter Retro-Racer.

VAU-MAX kompakt

Fahrzeugtyp: VW Golf 2

Baujahr: 1983

Motor: Serie 1,6 Liter mit 72 PS, heute Umbau auf VR6, Kennbuchstabe AAA, Zylinderkopf neu geplant und abgedichtet, offener Luftfilter, Batterie im Kofferraum, Dome gecleant, Kabelbaum teilweise umgelegt, Kühler ohne Ausgleichbehälter, G60 Abgasanlage, Fächerkrümmer

Getriebe: vom Golf 3 VR6,

Bremsen: vom G60 mit gelochten Scheiben, Stahlflexbremsleitungen

Räder: BBS RS 073, Stern hochglanzverdichtet, vorn in 7J x 15“ ET24, hinten 8 x 15“ ET 18

Reifen: Hankook EVO V12 in 195/50 R15

Fahrwerk: Vorder- und Hinterachse vom Golf 2 G60 samt Stabi, FK-Gewindefahrwerk, Domstrebe vorn, Tieferlegung ca. 90 & 70mm

Karosserie: komplett auf Retro umgebaut, Golf 1 Chromspiegel und Türgriffe, schwarze Scheinwerfer mit Fadenkreuz, schwarze Klarglasrückleuchten, Lackierung in “Nevadabeige“, Heckscheibe ohne Heizdrähte, Heckscheibenwischer entfernt, Chrom umrandete Seitenscheiben,

Innenraum: braunes Armaturenbrett und seltene braune Mittelkonsole, Golf 1 Spucknapflenkrad, brauner Teppichboden und beige Seriensitze

ICE: Kenwood Radio im Handschuhfach, Axton Front- und Hecklautsprecher, Axton Subwoofer im Picknick-Koffer, Endstufe im Reisekoffer

Dank an: Papa & Mama  , Sven Kauke, meine Freundin Denise, Schötti, Huffy, Mario, Hacki, Hoormi, Spanno, Fisch, Kramer, KUNRA Drehtechnik, MD-Gleitschleiftechnik und der Öttinger Brauerei sowie alle die ich vergessen habe

64 Bilder Fotostrecke | Neuer Glanz für Omas alten Golf 2: Retro-Look und VR6-Power im Golf 2 #01 #02