Es sind diese ganz besonderen Momente, in denen wir inne halten: Endlich mal wieder ein VW Corrado. Genau wie vom Golf 1 gibt es nicht mehr allzu viele gut erhaltene (und gut im Tuning-Futter stehende) Exemplare. Wenn wir von der Existenz eines interessanten Projekts erfahren, scheuen wir daher auch kaum eine noch so weite Anfahrt um Euch das Auto vorzustellen.

Der Besitzer, Dalibor Matanovic, ist tuningtechnisch kein unbeschriebenes Blatt. In seiner Vergangenheit hat er sich bereits an etlichen Tuning-Projekten versucht. Mit seiner Familie lebt und arbeitet der gebürtige Kroate in Tirol, wann immer es die Umstände zulassen verbringt er seine Freizeit in der Heimat.

Etwas neues musste her

Nachdem er sich von seinem Golf 4 getrennt hatte, schmiedete Dalibor Pläne für die Zeit danach. Zusammen mit den Freunden von Watercooled-Customs.de wurde eifrig über ein Nachfolgeprojekt diskutiert. Letztendlich fiel die Wahl auf den VW Corrado. Warum? Nun, Dalibor ging es da genau wie uns: „Man sieht den Wagen kaum noch, und wenn man einem auf der Straße begegnet, wird man glatt sentimental!“

Na, wenn das kein Argument ist. Bis er sein Seelenheil aber endlich vor der heimischen Garage stehen hatte, verstrich etliche fruchtlose Zeit des Suchens. Hilfe nahte in Form und Gestalt des kroatischen Corrado-Gurus Roko Pocrnja. Das Mitglied des VW Club Croatia ist Anlaufstelle Nummer Eins südlich der Alpen, wenn es um Fragen rund ums Wolfsburger Sportcoupé geht. Roko ist Schrottplatzbesitzer und zählt etliche Corrado-Modelle (in mehr oder weniger brauchbarem Zustand) zu seinem Besitz.

DIY VR6 AAA

Roko trieb einen 90er Corrado G60 mit 100.000 Kilometern in erbärmlichem Zustand auf. Das war im Mai 2009. „Es war kein VR6 wie ursprünglich geplant und da war mehr Rost als Lack an der Karre“, erinnert sich Dalibor mit Grausen. „Aber einen VR6 Corrado in Kroatien zu finden, noch dazu in vernünftigem Zustand – eher findest Du die Nadel im Heuhaufen!“

Kurzerhand baute sich Dalibor seinen Wunschwagen selbst zusammen. Ein 2.8er VR6 (AAA) war schnell gekauft und mit 2.9er ABV-Nocken bestückt. Mit Leichtbau-Schwungrad und Sachs-Sportkupplung ausgerüstet, konnte der Sechszylinder Einzug in den Motorraum halten.

Für kerniges Ausatmen zeichnet der Edelstahl-Fächerkrümmer verantwortlich. Die Abgase werden durch einen 100-Zellen-Metallkat gedrückt, ehe sie ihren Weg durch eine Edelstahlanlage mit krönendem Abschluß in Form eines TDI-Endrohres ins Freie antreten.

Tief (f)liegen dank KW Gewinde und 17 Zoll Audi Rädern

Das eingebaute KW-Gewindefahrwerk justierte Dalibor auf die maximal mögliche Tiefe. Zusammen mit den schwarz lackierten „Parabol“-Rädern vom Audi TT sollte der Corrado so tief über den Asphalt schweben wie nur irgend möglich. Die dünnstmögliche Bereifung fiel daher auf 185/35 R17er Nankang Pneus, welche sich äußerst dezent um die 7,5J-Felgen schmeicheln.

Schwer zu sagen, welches nun die tiefste Stelle am ganzen Auto ist

Keine Chance, diese Rad-/Reifenkombination unter unbearbeitetem Blech rotieren zu lassen. Unter strikter Beibehaltung der originalen Rundungen wurden die Radläufe abgetrennt, mitsamt Distanzstücken nach außen gesetzt und aufgezinnt - macht summa sumarum gute 40, respektive 50 Millimeter mehr Platz. Trotz extremer Tiefe ergibt sich eine stimmige und unaufdringliche Optik.

Dalibor steht total auf den US-Look mit entsprechenden Leuchtmiteln. Daher organisierte er USA-Scheinwerfer und Rückleuchten nebst Seitenmarkierungsleuchten. Die Heckansicht wurde glattgebügelt und der Ausschnitt fürs Endrohr begradigt.

TT fürs InTTerieur

Audi A6 Türgriffe öffnen die Pforten anstelle der serienmäßigen „Klinken“. Die Motorhaube wurde ihrer Spritzdüsen beraubt. Im Innenraum wähnt man sich glatt in einem anderen Auto. Das komplette Armaturenbrett eines Audi TT mitsamt Instrumenten und Sitzen hielt in den Corrado Einzug. Autosattler Adrian bezog die Verkleidungen mit frischem Leder und sorgte für die geniale Kreuzsteppung mit kontrastfarbenem Garn.

Das TT-Lenkrad steckte während unserer Fotoarbeiten noch in der Mache und mußte daher kurzfristig durch ein Golf 3 Steuerrad ersetzt werden. Die Qual der Lackwahl fiel zugunsten eines feuerroten Honda-Farbtones aus. Die Idee, das Dach mattschwarz zu tünchen, kam Dalibor beim Einbau des dunkel getönten Passat Glasschiebedachs.

Die Affinität zum TT wird nicht nur bei den Rädern und dem Innenraum deutlich. Auch die Außenspiegel stammen aus Ingolstadt. „Ein Detail, das kaum auffällt und doch genau die gewünschte Wirkung erzielt“, so Dalibor. Das können wir unterschreiben. Und wie geht’s weiter? „Ich lasse mir noch mehr einfallen. Auf jeden Fall muß der Corrado noch weiter runter. Ich will die Benzinleitung am Boden schleifen sehen!“

57 Bilder Fotostrecke | Southern Comfort – VW Corrado tief im roten Bereich: Tuning, wo andere Urlaub machen: Von Kroatien bis Tirol #01 #02

VAU-MAX kompakt

Fahrzeugtyp: VW Corrado G60

Baujahr: 1990

Motor: Umbau auf 2.8 Liter VR6 (AAA), 2.9er Nockenwellen (ABV), Bosch 044 Benzinpumpe, offener Luftfilter, Leichtbau Schwungrad

Auspuff: Edelstahl Fächerkrümmer, 100 Zellen Rennkat, Edelstahlanlage mit TDI-Look Endrohr

Getriebe: original VR6, Sachs Sportkupplung

Bremse: Corrado VR6

Räder: 7,5x17 ET32 Audi TT „Parabol“, schwarz lackiert

Reifen: Nankang in 185/35 R17

Fahrwerk: KW Gewindefahrwerk Variante 2

Karosserie: Radläufe abgetrennt und mittels Distanzstücken unter Beibehaltung der Originaloptik 40/50mm weiter nach außen versetzt, Glasschiebedach, Audi A6 Türgriffe, Karosserie gecleant, Embleme, Sicken, Fugen und Löcher verschlossen, US Scheinwerfer und Rückleuchten, Auspuffaussparung verschlossen, Neulackierung in Honda Milanored (R81), Dach mattschwarz

Innenraum: Audi TT (8N) Cockpit mit Instrumenteneinsatz, Mittelkonsole und Sitzen, Verkleidungen und Sitze mit schwarzem Leder bezogen und mit rotem Garn kreuzgesteppt

Dank an: meine Frau für die Geduld, Autosattler Adrian, Lackierer Karaman, Mechaniker Goran Ilijev (Makedonac)